FAU-Kongress stellt Weichen für die Zukunft

40 Jahre nach ihrer Gründung befindet sich die FAU in Aufbruchstimmung

Über 90 Mitglieder und Delegierte befreundeter Organisationen kamen am Pfingstwochenende zum 41. Kongress der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union in Hannover zusammen. In Diskussionen und Arbeitsgruppen wurden neue Herausforderungen an Gewerkschaftsarbeit, aber auch neue Möglichkeiten und Perspektiven der Organisierung im Betrieb und darüber hinaus erörtert.

Nicht zuletzt schlug sich die enorme Resonanz, die die Kampagne DeliverUnion zur Organisierung von Beschäftigten der Fahrradkurierdienste wie Foodora und Deliveroo erzielten, auf dem Kongress nieder: Die so genannte Gig-Economy, wo Schichten und Aufträge kurzfristig per App oder Onlinebörse zugeteilt werden, vereinzelt Arbeiter*innen immer mehr und nötigt ihnen höchste Flexibilität und ständige Verfügbarkeit auf, um die Chance auf ein auskömmliches Einkommen zu haben. Gleichzeitig zeigt sich diese Gruppe sehr mobilisierungsfähig, und die Medien werden zunehmend auf diese Phänomene aufmerksam.

Auch international ist dies ein Thema: Fahrradkurier*innen organisieren sich aktuell beispielsweise auch in Norditalien, England und Paris. Umso wichtiger, dass die FAU ihre Kontakte zu kämpferischen Gewerkschaften in anderen Ländern ausbaut und auf neue Füße stellt. Die Initiative für eine neue Internationale, die sich im Mai in Frankfurt traf und ihren Gründungskongress für das kommende Frühjahr plant, wurde ausführlich vorgestellt und diskutiert.

Auf großes Interesse stieß eine Arbeitsgruppe zur Organisierung von Beschäftigten der Universitäten, gerade nach dem Erfolg der FAU Erfurt/Jena in der Auseinandersetzung um die tarifliche Bezahlung nicht-wissenschaftlich tätiger studentischer Hilfskräfte. Ein weiteres für viele recht neues Thema waren Organisierungs- und Unterstützungsmöglichkeiten reisender Arbeiter- und Handwerker*innen. Auch die von einer ZDF-Sendung und Labournet.de angestoßene Sammelklage gegen das neue Leiharbeitsgesetz beschäftigte den Kongress.

Anarchosyndikalistische Gewerkschaftsarbeit ist jedoch nicht auf den Kampf in den Betrieben beschränkt: Workshops zu Sozialberatung, zur Verbindung von Arbeits- und Stadtteilkämpfen sowie Anarchosyndikalismus und Feminismus lenkten den Blick über den Tellerrand und beförderten den Austausch unterschiedlicher Syndikate, die sich hiermit beschäftigen.

Neu gewählt und mit frischen Kräften versehen wurden die Redaktionen der FAU-Medien wie den Websites www.fau.org und www.direkteaktion.org, die nun grundlegend renoviert werden, sowie einer Verteilzeitung, die für das Frühjahr 2018 geplant ist. Eine Herausforderung bleibt für uns das Thema „Union Busting“ durch juristische Angriffe auf unsere Veröffentlichungen. Großes Lob erhielt die Kongressorganisations-AG, die nicht nur einen reibungslosen Verlauf sicherstellte, sondern „nebenbei“ auch noch ein Liederheft produziert hat.

40 Jahre nach ihrer Gründung ist die FAU ihrem Anspruch, eine handlungsfähige, kämpferische Gewerkschaft zu sein und zugleich Ideale der Selbstorganisation und Herrschaftsfreiheit zu leben und in die Gesellschaft zu transportieren, wieder ein Stück näher gekommen.