Alte und neue Kämpfe an der Universität

Update zu den Konflikten mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Die Auseinandersetzungen mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena werden auch im neuen Jahr weiter von uns voran getrieben. Im Fall des Unkraut-Jätens gibt es einige Entwicklungen und ein weiterer Konflikt im Methodenlabor wurde öffentlich gemacht und wird vor Gericht getragen.

Bereits im November hatten wir die Güteverhandlung bzgl. einer "Studentischen Hilfskraft" (SHK), welche auf den Feldern des Jenaer Experiment Unkraut gejätet hat und bei der mittels der Einkategorisierung als SHK der Tariflohn umgegangen wurde. Die zwei Monate, welche das Gericht der Universität gegeben hatten, um auf unsere Klage schriftlich zu reagieren laufen in dieser Woche ab und wir dürfen gespannt sein, wie die Uni das "Unkrau-jäten" als wissenschaftliche Tätigkeit argumentativ adelt, um jene Einordnung als SHK zu rechtfertigen.
Es ist allerdings nicht die einzige Methode wie die Uni den Tarifvertrag unterläuft. Im gleichen Job werden Personen, welche nicht studieren als Minijobbende eingestellt und auch ihnen pauschal der Tariflohn vorenthalten. Der Ausschluss aus dem Tarifvertrag betrifft aber nur Minijobs, welche weniger als 70 Tage im Jahr ausgeübt werden. Dies trifft beim Unkrautjäten nicht zu. Mehrmals im Jahr kommt es auf den Feldern zu mehrmonatigen Jät-Einsätzen, so dass die 70 Tage deutlich überschritten werden. Die Forderung des Tariflohns seitens eines Betroffenen wurde von uns an die Uni geschickt, so dass sich der Konflikt weiter verbreitet und schlussendlich hoffentlich alle Beschäftigten auf den Feldern einen höheren Lohn bekommen.

Im Methodenlabor des soziologischen Instituts ist der Konflikt anders gelagert, obwohl auch hier der Tariflohn umgangen wird indem die Raumaufsicht zur wissenschaftlichen Tätigkeit erklärt wird. Im Methodenlabor wurde allerdings nicht einmal der Mindestlohn gezahlt, da wesentlich mehr Stunden eingefordert wurden als vertraglich vereinbart. Dadurch kam es zu einen faktischen Stundenlohn von unter 5 € pro Stunde. Drei Betroffene, welche im ersten Halbjahr 2016 dort gearbeitet haben und durch den Konflikt im Cati-Labor auf uns aufmerksam wurden haben sich Ende letzten Jahres an uns gewandt. Gemeinsam haben wir Lohnnachforderungen von jeweils mehreren hundert Euros gestellt und durch verschiedene Flyeraktionen im institutsinternen Rahmen auf die Forderung aufmerksam gemacht – unten dokumentiert der Flyertext einer Aktion vom 18.01.2017.
Wie von uns nicht anders erwartet und inzwischen auf von den Betroffenen eingesehen hat sich weder das "linke" Institut noch die Uni um Gespräche oder gar eine Lösung des Konflikt bemüht. So dass wir den Fall nun vor das Arbeitsgericht gebracht haben. Am 1. Februar wird in Gera die Güteverhandlung stattfinden.

Weitere Konflikte sind bereits in Vorbereitung und alle Interessierten sind Eingeladen zu unserer offenen Bildungs-AG zu kommen, welche sich jeden zweiten Mittwoch im Monat (nächster Termin 25.01.) um 16 Uhr im Infoladen trifft. Mehr Informationen zur AG auf ihren Blog.

Flyer zur Verantstaltung:

Mit einem abgeschlossenen Soziologiestudium kann mensch vieles werden, vor allem aber eins: prekär Beschäftigte! Und das schon jetzt als studentische Hilfskraft, sprich als unterbezahlte studentische Arbeiterin ohne Arbeitsplatzsicherheit und Planbarkeit. Das passiert gerade denen, die die universitäre Laufbahn einschlagen wollen.

Ein Beispiel für einen Ort an dem bis vor kurzem noch prekäre Beschäftigung herrschte, ist das Methodenlabor des Instituts für Soziologie. Bis Mitte des Jahres wurde den dort angestellten "Studentischen Hilfskräften" kein Mindestlohn gezahlt – gerechnet auf die tatsächlich abgeleisteten Stunden. So arbeiteten wir von Januar bis Juli für teilweise 4,30 Euro pro Stunden als „wissenschaftliche Hilfskräfte“, obwohl die Tätigkeit gleichzeitig keinerlei wissenschaftlichen Anspruch hatte und nach Tarif bezahlt werden müsste. Die Arbeitsbedingungen haben sich inzwischen zwar verbessert, doch wir fordern weiterhin die uns jeweils zustehenden mehreren hundert Euro.

Deswegen hatten wir im Oktober eine Lohnforderung gemeinsam mit der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU) an die Universität Jena geschickt. Innerhalb der zwei Wochen, in denen die Universität auf dieses Schreiben reagieren konnte, hat sich nichts geregt. Gleichzeitig haben wir das Soziologieinstitut auf ihrer monatlich stattfindenden Institutskonferenz über die Bedingungen im Methodenlabor und unsere Forderung informiert, zum Gespräch eingeladen und zur Solidarität aufgerufen – auch von dieser Seite haben wir bis heute nichts gehört. Inzwischen haben wir Klage vor dem Arbeitsgericht eingereicht, welche für den 1. Februar einen Gütetermin angesetzt hat.

Ein Soziologie-Institut, welches dafür bekannt ist, besonders „gesellschaftskritisch“ zu sein, es aber nicht schafft, sich mit prekären Arbeitsbedingungen in der eigenen Einrichtung auseinanderzusetzten bzw. sich gar zu solidarisieren, finden wir mehr als enttäuschend. Wir fordern die Zahlung des ausstehenden Lohns! Gleichzeitig möchten wir auf die prekären Arbeitsbedingungen vieler Studentischer Hilfskräfte – nicht nur in der Soziologie (!) –, aber auch vieler anderer, teilweise outgesourcter, Universitätsmitarbeiter*innen hinweisen und dazu ermuntern, diese anzugehen.

Von daher bleibt festzuhalten, dass man mit dem Soziologiestudium zwar etwas „werden kann“ aber dennoch immer selbst dafür kämpfen muss, dass bestimmte Rechte, wie der Mindestlohn, nicht unterlaufen werden und das prekäre Arbeitsverhältnisse nicht prekär bleiben.

Solidarisiert euch! Organisiert euch!

Mehr Infos zu laufenden (Arbeits-)Kämpfe an der Uni: https://faujenabildung.blackblogs.org

[Rückseite]

Was werden mit Soziologie?

Studentische Hilfskraft im Methodenlabor der Soziologie: wegen wissenschaftlicher Arbeit aus dem Tarifvertrag ausgenommen, obwohl keine wissenschaftliche Beschäftigung - unbezahlte Überstunden und damit Studenlohn von unter 5€ (bis Sommer 2016) - kein Urlaub

Studentische Hilfskraft im CATI-Labor der Soziologie: Scheinselbstständigkeit (bis Sommer 2016) - kein Urlaub - kein Lohnfortzahlung im Krankheitsfall - Mindestlohn

Studentische Hilfskraft in der Thulb: wegen wissenschaftlicher Arbeit aus dem Tarifvertrag ausgenommen, obwohl keine wissenschaftliche Beschäftigung - kein Urlaub - Mindestlohn

Studentische Hilfskraft auf dem Experimentierfeld der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät: wegen wissenschaftlicher Arbeit aus dem Tarifvertrag ausgenommen, obwohl keine wissenschaftliche Beschäftigung - kein Urlaub - keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall - Mindestlohn

Lehrbeauftragte am Institut für Soziologie: keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall - kein Urlaub - keine Beiträge zur Rentenversicherung - ein de-facto Stundenlohn von ca. 4-5 €

An all diesen Orten haben wir uns organisiert und kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen für Alle. Macht auch ihr in der Bildungs-AG der FAU Erfurt/Jena mit!