Rojava Calling

Vortrag & Diskussion mit dem

Am Donnerstag, 22. Februar 2018, 18.30 Uhr im BUND, Olvenstedter Str. 10, 3. Etage

Eine Veranstalung des AK Antira MD.

Am 20. Januar 2018 eröffnete die Türkei eine neue Kriegsfront gegen zahlreiche Orte in Efrîn/Rojava-Nordsyrien. Der Angriff, der gegen das Völkerrecht verstößt, kam jedoch nicht überraschend. Die ersten Militäroperationen hatte es schon nach 2012 gegeben. Denn damals übernahm die sozialistische Kurdenpartei PYD mit ihren Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ die Amtsgeschäfte in Efrîn. Das funktionierte, weil sich viele Kurd*innen weder mit der Zentralregierung in Damaskus noch mit den Aufständischen gemein machen wollen und die Forderung nach einem Autonomiegebiet kollektiv unterstützen. Rund 1,2 Millionen Menschen leben in Efrîn. Die Gesellschaft für bedrohte Völker warnt, dass hunderttausende Kurd*innen, Araber*innen und Christ*innen vertrieben werden – viele von ihnen kamen einst aus dem umkämpften Aleppo. Der Syrienkrieg als tragischer und tödlicher Schauplatz für imperiale Stellvertretungspolitik hat mit dem türkischen Einmarsch eine neue Dimension erreicht. Während Erdogan islamistische sowie turkmenisch-nationalistische Milizen aufrüsten ließ, vertrieben die Kurd*innen in der Schlacht um Kobanê den ‘Islamischen Staat’ (IS). Zuletzt stellten sie die Bodentruppen gegen den IS in Rakka und wurden dabei von den USA militärisch unterstützt. Das Koalitionsgefüge hat sich jedoch seit dem 20. Januar dramatisch verändert. Um ebenfalls eine Besatzungszone zu bekommen, nähert sich Ankara jetzt Moskau an. Das von Russland unterstützte syrische Regime rückt wiederum von Süden durch Gebiete vor, in denen bislang von der Türkei unterstützte Rebellen gekämpft hatten. Dafür scheint Damaskus den Einmarsch der Türkei von Norden her zu dulden. Die Kurd*innen sind auf sich allein gestellt – und brauchen dringender denn je internationale Unterstützung.

Weltweit reißen die Proteste gegen den Einmarsch der Armee des türkischen Erdogan-Regimes in Efrîn nicht ab. Fast 50.000 demonstrierten am 27. Januar in Köln dagegen. Während die deutsche Regierung Erdogan Rückendeckung gibt und seinen Krieg unter anderem mit Leopard-II-Panzern unterstützt, lässt sich eine breite gesellschaftliche Empörung darüber jedoch vermissen. Jetzt wäre ein Zeitpunkt, um die Wiederentdeckung eines kämpferischen Internationalismus zu diskutieren und zu unterstützen.

Spätestens seit der Schlacht um Kobanê ist die demokratische Selbstverwaltung in den kurdischen Gebieten Nordsyriens ein wichtiger Bezugspunkt internationaler Solidarität für die hiesige Linke. Das auf einem weit verzweigten System von Kommunen, Räten und Kooperativen errichtete demokratische System führt auch hierzulande zu einer Rückbesinnung auf rätedemokratische Traditionen der Arbeiter*innenbewegung. Die Entschlossenheit der Volksverteidigungseinheiten YPG und ihrer Fraueneinheiten YPJ im Kampf gegen die Angriffe der türkischen Armee und des IS gab vielen Linken neuen Mut. Hier konnte man vielleicht lernen, wie auch in den kapitalistischen Metropolen ein erneuter Aufbruch möglich wäre. Mit dieser Perspektive reisten im Februar 2017 mehrere Redakteure der linksradikalen Online-Zeitschrift Lower Class Magazine nach Syrien. Sie blieben viele Monate und arbeiteten in der Kommune der lnternationalist*innen, in den lokalen Jugendstrukturen und in den militärischen Formationen zur Verteidigung der Revolution. Die Erfahrungen, die sie dort machen konnten, die unfassbar schönen wie die widersprüchlichen und schweren, wollen sie mit euch teilen, diskutieren, über sie streiten.