Bewegung, Revolte, Underground in Westberlin
Das legendäre Zeitungsprojekt Agit 883 (19691972). Diavortrag mit Markus Mohr (Hamburg) und Hartmut Rübner (Berlin)
Die West-Berliner Zeitung Agit 883 spielte für die dortige Linke als Medium der Gegenöffentlichkeit in den Jahren 1969 bis 1972 eine wesentliche Rolle. Sie war das auflagenstärkste Organ des parteiunabhängigen Linksradikalismus jener Tage, ihr Ruf strahlte auch weit in die Bundesrepublik aus. Die Redaktionsräume der Zeitung waren der Ort von Begegnungen und lautstark wie zum Teil handgreiflich ausgetragenen Konfrontationen innerhalb des linken Spektrums: Anarchisten trafen hier auf Maoisten, Antiimperialisten waren mit engagierten Mitgliedern von Basisgruppen konfrontiert, Sozialisten versuchten sich einen Reim auf Hasch- und Wermutrebellen sowie rote Bauarbeiter zu machen. Musiker verfolgten die Redaktionsdebatten genauso wie angehende Journalisten. In den öffentlichen Redaktionstreffen der 883 verdichtete sich, was die Linke jener Tage in Szenelokalitäten, Kommunen und Wohngemeinschaften geredet, nachgedacht und nächtelang diskutiert hatte.
Rund 250 politische Gruppen nutzten die Zeitung sie sprengte die zuvor überwiegend verbandsförmig bestimmte Öffentlichkeit der Studentenbewegung. Agit 883 kann als Spiegelbild eines Neuzusammensetzungs- und Suchprozesses der radikalen Linken in den Jahren 1969/70 gelten. Die Zeitung war nicht nur theoretisches Medium, sondern visualisierte das vibrierende Lebensgefühl der Linken in Berlin. Agit 883 war mit dem durcheinander gewirbelten Layout und in der Sprache in irritierender Weise anders. Es ist augenfällig: Für diese linke Generation stand die Revolution auf der Tagesordnung.
Freitag, 9.2.07, 19.00 Uhr, im BUND, Olvenstedter Str. 10, Magdeburg-Stadtfeld
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