Frankreich: Sie weichen zurück - wir weichen nicht!

CPE gekippt

"Über den CPE hinaus, handelt es sich bei der Ankündigung der Rücknahme um einen ersten Sieg der sozialen Bewegung in ihrem Kräftemessen mit den herrschenden Klassen. Nach mehreren Jahren der Rückschläge, antisozialer Gesetze und verheerender Niederlagen wie 2003, können wir uns mit diesem Sieg wieder erheben, können wir die Aktion wieder forcieren und auf die sozialen Kämpfe der Zukunft hoffen."

So lautet die Einschätzung der CNT-FTE am Tag nach der Rücknahme des "Ersteinstellungsvertrags" CPE in Frankreich. Im folgenden dokumentierten wir einer Erklärung der Föderation der BildungsarbeiterInnen. In der nächsten Ausgabe der Direkten Aktion, wird es einen ausführlicheren Artikel zu dieser sozialen Bewegung geben ...

Sie weichen zurück - wir weichen nicht!
Sie weichen dem Druck der Straße, nun liegt es an uns, sie zu stürzen!

Indem sie die Rücknahme des "Ersteinstellungsvertrags" (CPE) ankündigte, hat die Regierung der seit zwei Monaten währenden Mobilisierung der SchülerInnen, Studierenden und Beschäftigten nachgegeben. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Rücknahme des Gesetzes als "Ersetzen" des alten durch ein neues Gesetz bezeichnet wird, damit die Regierung ihr Gesicht wahrt. Das neue Gesetz wird nicht über bereits bestehende Sondervertragsformen hinausgehen, die nichtsdestotrotz Geschenke an die Unternehmer darstellen.

Über den CPE hinaus, handelt es sich bei der Ankündigung der Rücknahme um einen ersten Sieg der sozialen Bewegung in ihrem Kräftemessen mit den herrschenden Klassen. Nach mehreren Jahren der Rückschläge, antisozialer Gesetze und verheerender Niederlagen wie 2003, können wir uns mit diesem Sieg wieder erheben, können wir die Aktion wieder forcieren und auf die sozialen Kämpfe der Zukunft hoffen. In den vergangenen Wochen haben wir - die soziale Bewegung, in die die CNT sich einbrachte - gezeigt, dass Streiks und direkte Aktionen auch die Starrsinnigsten (Regierung unter Premier de Villepin) zum Einlenken bewegen können. Dieser Sieg wird den Beginn einer neuen, offensiveren Phase markieren.

Klar, die Rücknahme des CPE stellt mitnichten einen vollständigen Sieg dar ... Aber wir sollten auch nicht verhehlen, dass diese Rücknahme nach dem Kräftemessen der vergangenen Monate ein Durchbruch ist; und der ist umso interessanter, als dass die Regierung zurückwich vor der Straße, der direkten Aktion, dem Streik, den Demonstrationen, Blockaden und Besetzungen. Die Bewegung der vergangenen Monate ist eine erfolgreiche Demonstration der Losung, dass allein der Kampf sich auszahlt und die Probleme sich nicht durch Beschwörung der Präsidentenwahlen 2007 erledigen.

Man kann es nur bedauern: Nachdem die Gewerkschaftsspitzen der Zentralverbände die gewerkschaftliche Einheit diesmal aufrechterhalten hatten, setzen sie nun auf Sozialpartnerschaft und halten seit letzter Woche einer reaktionären Macht das Hintertürchen auf, die gegen eine soziale Bewegung Gewalt einsetzte. Diese Haltung ist umso bedauerlicher als die Studierenden, SchülerInnen und ArbeiterInnen es verstanden haben, ein in den letzten zehn Jahren einmaliges Kräfteverhältnis (rapport de force) aufzubauen - diesen Druck bauten v.a. die zwei berufsübergreifenden Streiktage auf, an denen sich jeweils drei Millionen Menschen beteiligten. Die Gewerkschaftsspitzen entschieden sich, allein die Rücknahme des CPE zu fordern, während die SchülerInnen, Studierenden und zahlreiche ArbeiterInnen weitere Forderungen stellten: die Rücknahme des CNE (CPE für alle in Betrieben unter 20 Beschäftigten, d.h. für ein Drittel der ArbeiterInnen) und des gesamten 'Gesetzes zur Chancengleichheit' (CPE war ein Artikel dieses Gesetzes); sie wandten sich allgemeiner noch gegen die Prekarität, die in der Arbeitswelt inzwischen normal geworden ist. Wenn der CPE auch zurückgezogen ist, so bleiben CNE und das 'Gesetz zur Chancengleichheit' doch in Kraft, welches außer dem CPE noch folgendes ermöglicht: Eintritt in die Lehre ab 14 Jahren möglich, Nachtarbeit für Minderjährige ab 15 Jahren, etc. Diese Maßnahmen vervollständigen das Konzept einer "Schule mit zwei Geschwindigkeiten", jener der Reichen und jener der Armen.

Von einem Ende kann also keine Rede sein. Der Kampf muss weiter gehen, um alle Forderungen der Bewegung der letzten Wochen, aber auch Forderungen des Bildungssektors durchzusetzen. Darum setzt die CNT-FTE ihren Streik fort und ruft zur Beteiligung am Aktionstag der Studierenden-Koordination (11.4.) auf. Nicht zuletzt bekräftigen wir unsere solidarität mit allen Personen, die im Zuge dieser sozialen Bewegung arretiert wurden, und verlangen die sofortige Einstellung aller Gerichtsverfahren sowie eine Amnestie für alle Verurteilten & Inhaftierten.

Möge der Sieg über den CPE andere Kämpfe und Erfolge beflügeln, mit denen wir eine andere Zukunft bauen. Nichts ist zu Ende, alles kann beginnen!

Sekretariat der Föderation der BildungsarbeiterInnen der CNT (CNT-FTE)
In: Classes en lutte #70 (.pdf), 11.4.2006.

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