CPE in Deutschland

Was die letzten Wochen in Bezug auf den CPE in Frankreich passiert, wird im deutschsprachigen Raum von den alternativen Medien mit Aufmerksamkeit beobachtet. Was dabei allerdings nicht beachtet zu werden scheint, ist daß die deutsche Bundesregierung in Ihrem Koalitionsübereinkommen eine ähnliche Vorgangsweise fixiert hat.

Viel wird derzeit in alternativen Medien über das französische Gesetz das eine zweijährige Phase ohne jeden Kündigungsschutz ermöglicht geschrieben. Sogar die kommerziellen Medienunternehmen können sich den massiven Protesten in Frankreich nicht mehr verschließen und beginnen zu berichten – auch ein Generalstreik wird bereits angedacht.

Bisher ist in der (linken) Debatte im deutssprachigen Raum über die Ereignisse der letzten Wochen noch nicht darauf eingegangen worden, daß die deutsch Regierung im Koalitionsübereinkommen im Herbst 2005 eine ähnliche Vorgangsweise beschlossen hat.

Die Tagesschau schreibt dazu am 14.3.2006:
"Sein (Villepin) jüngster Reformvorschlag soll die drastisch über dem Durchschnitt liegende Erwerbslosigkeit bei jungen Berufseinsteigern senken. Im Gegenzug gibt es für unter 26-Jährige zwei Jahre Probezeit - wie sie auch von der großen Koalition in Deutschland geplant ist - und weniger Kündigungsschutz."

Die Zeit online berichtete bereits am 10.11.2005 über dieses Vorhaben der großen Koalition noch während der Koalitionsverhandlung: "Die Probezeit soll künftig nicht mehr sechs Monate, sondern zwei Jahre lang sein; in Betrieben mit zehn oder zwanzig Beschäftigten, da ist man sich nicht einig"

Auf der Seite des CDU Finanzministers Rainer Wiegard http://www.rainerwiegard.de, der übrigens, was bei der derzeitigen innenpolitischen Entwicklung auch nicht uninteressant sein dürfte, von 1983-2005 Geschäftsführer ver.di (DAG) GPB e.V.(Verein Gewerkschaftspolitische Bildung) war, wurde ebenfalls bereits im November ´05 die zweijährige Probezeit als einer der wichtigsten Eckpunkte des
Koalitinsvertrages genannt."Als ersten Schritt zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes verlängern wir die Probezeit für Neueinstellungen auf bis zu 2 Jahre, erleichtern die Einstellung der über 52-Jährigen durch neue Regelungen für befristete Verträge und führen Kombi-Löhne ein." heißt es dort.

Der Unterschied zu Frankreich dürfte darin bestehen, daß diese Gesetzesänderung für alle Menschen in Deutschland gelten wird, nicht nur für die unter 26-Jährigen.

Im Koalitionsübereinkommen von CDU/CSU und SPD sind die angesprochenen
Vereinbarungen unter Punkt 2.7.1 "Kündigungsschutz weiterentwickeln" zu finden. Dort lesen sie sich dann folgendermaßen: "Gleichzeitig geben wir den Arbeitgebern bei der Neueinstellung die Option an die Hand, anstelle der gesetzlichen Regelwartezeit von 6 Monaten bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses mit dem Einzustellenden eine Wartezeit von bis zu 24 Monaten zu vereinbaren."
Diese 2 Jahre "Probezeit" sollen auch bei ein und demselben Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich sein, wenn mindesten 6 Monate Zeit zwischen den Anstellungen liegen. Dies lässt besonders für die Baubranche bzw. ähnliche
Saisonbranchen nichts gutes erwarten. Der Punkt schließt im Koalitionsübereinkommen mit der Bemerkung: "Damit gestalten wir den Kündigungsschutz einfacher, leisten einen Beitrag, um die Zahl der arbeitsgerichtlichen Verfahren und das Prozessrisiko der Arbeitgeber zu verringern und schaffen zugleich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine verlässliche Vertragsgrundlage." (Mensch beachte auch die Splittung! Nur Arbeitgeber, jodoch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer)

Es ist somit davon auszugehen, daß die Proteste in Frankreich auch auf den deutschsprachigen Raum erhebliche Auswirkungen haben werden. Weiters
scheint wieder einmal bestätigt, daß soziale Kämpfe unbedingt international geführt werden müssen.


ein anarchosyndikalist aus wien

Original

labournet