Don't let the system get you Down!

Überregionale Anti-Repressionsdemo zum Tag der politischen Gefangenen -
gegen die Kriminalisierung des Antifaschistischen Widerstands !


/// Potsdam
Seit dem 18. Juni 2005 ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen fünf AntifaschistInnen wegen versuchten Mordes. Damals soll es zu einem „Zusammenstoß zwischen rechten und linken Jugendlichen“ gekommen sein, bei dem ein einschlägig bekannter Neonazi eine Platzwunde davon getragen haben soll. Dies nahm die Staatsanwaltschaft Potsdam zum Anlass, fünf AntifaschistInnen wegen versuchten Mordes anzuklagen. Eine Betroffene saß fünf Monate in Untersuchungshaft. Die anderen vier Beschuldigten wurden aufgrund ihres jugendlichen Alters unter Auflagen und gegen extrem hohe Kautionen auf freien Fuß gesetzt. Die Anklage wegen versuchten Mordes beruht auf der Behauptung, die AntifaschistInnen wären an dem „Zusammenstoߓ beteiligt gewesen und hätten dabei den Tod des Nazis „billigend in Kauf genommen“. Außerdem wären AntifaschistInnen generell der Meinung, man dürfe Nazis töten, dies sei eine „sittlich tiefst stehende“ Motivation, Antifaschismus mithin eine niedere Gesinnung. Sollte die Staatsanwaltschaft mit dieser Konstruktion durchkommen, würden sich die Möglichkeiten der Repressionsorgane, gegen Antifas vorzugehen, enorm erweitern.

/// Frankfurt (Oder)
Eine selbstbewusster auftretende radikale Linke in der Stadt bereitet den Behörden wohl Kopfzerbrechen. Zur Einschüchterung überzieht das Frankfurter Staatsschutzkommissariat seit zwei Jahren Antifas mit Ermittlungsverfahren, ohne Verdachtsmomente gegen sie äußern zu können. Zur Last gelegt werden ihnen militante Aktionen, wie Angriffe auf die Ausländerbehörde, den Nachthimmel erhellende Naziautos, eine entglaste CDU-Zentrale oder omnipräsente Graffities. Begleitung finden die unhaltbaren Vorwürfe in einer dreistelligen Anzahl von Vorladungen, widerrechtlichen Hausdurchsuchungen und DNA-Entnahmen. Juristischer Druck brachte die Einstellung von ca. 30 Verfahren und ein Zurechtweisen der Ermittler durch Gerichte wegen unrechtmäßigem Vorgehen. Seit dem Brand eines Wahlkampfbusses des Brandenburger Wirtschaftsministers darf das LKA das Treiben des Staatsschutzes mit ebenso unhaltbaren Vorwürfen, aber deutlich höherem Druck durch Observationen und dem Anwerben eines/r Informanten/In, fortsetzen. Ihr Ziel ist durchsichtig: Die durch die juristische Abwehr der Maßnahmen erheblich belasteten Antifas sollen isoliert und finanziell ruiniert werden. Mit dem Versuch, bei der Bundesanwaltschaft ein §129 Verfahren gegen sie zu eröffnen, will das LKA nun in die Offensive gehen um die radikale Linke der Stadt einzuschüchtern.

/// Berlin
Im Juli letzten Jahres durchsuchten hunderte Polizisten ein Dutzend Wohnungen von Antifas, denen sie eine Schlägerei mit Nazis vorwarfen. Das brutale Vorgehen bei den Durchsuchungen und die Konstruktion des Vorwurfs aufgrund von Aussagen bekannter Nazischläger, ließ vermuten, dass Polizei und Staatsanwaltschaft eine gezielte Kampagne gegen die Antifa fuhren. Wahrscheinlich als Ausgleich zum Verbot der Kameradschaften BASO und Tor im März 2005. Ende August folgte dann der nächste Schlag, bei dem es linke Lokalitäten, Büros und Wohnungen traf, die mit einem Aufruf rechte Wahlwerbung zu entsorgen, in Verbindung gebracht wurden. Mehrere hundert Menschen wurden wegen dieses „Tatvorwurfs“ kontrolliert oder festgenommen und die „Zufallsfunde“, umfassende Informationen über die Linke Berlins waren für die Polizei durchaus von Bedeutung.

Im November begann dann der Prozess gegen den Antifaschisten Christian S. Dieser sollte nach Meinung der Polizei zusammen mit seiner Verlobten in Dresden am 13. Februar 2005 den Landfrieden durch Werfen einer Flasche in Richtung von Polizisten, die einen Naziaufmarsch schützten, gebrochen haben. Seit dem saß er in Untersuchungshaft. Die offensive Prozessführung der Angeklagten zwang das LKA Berlin zu einem immer fragwürdigeren Handeln. Die LKA-Zeugen traten „identitätsverschleiert“ mit falschem Bart, und nur durch eine Codenummer identifizierbar auf. Das LKA schuf hier ein Übungsfeld für politische Geheimprozesse, Aussagen waren abgesprochen und die Öffentlichkeit sollte aus dem Gerichtssaal ferngehalten werden. Die Offensive des LKA im Prozess wandelte sich in eine Defensive, als sich herausstellte, wie halblegal dieses Repressionsorgan arbeitet. Christian wurde ein Deal angeboten und er wurde aus der Untersuchungshaft entlassen, nur damit der Prozess schnell ein Ende fand. Seine Verurteilung orientierte sich an der bereits verbüßten Untersuchungshaft von elf Monaten, obwohl klar war, dass nie eine Flasche geworfen wurde.

/// Magdeburg
Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg fand 2005 der Revisionsprozess gegen Daniel statt. Ihm wurde vorgeworfen, mit anderen Mitgliedern des „Autonomen Zusammenschlusses Magdeburg“, Anschläge auf das LKA Sachsen-Anhalt und ein Polizeifahrzeug verübt zu haben. Bereits 2003 war die Bundesanwaltschaft mit ihrem Konstrukt der „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ nach § 129a gescheitert. Das OLG musste Carsten, einen Mitangeklagten von Daniel, freisprechen. Ein weiterer Angeklagter, Marco, wurde zu zweieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Beide saßen in Beugehaft, weil sie im Verfahren gegen Daniel die Aussagen verweigerten. Zudem wurden 14 FreundInnen und Verwandte des Angeklagten mit Beugehaft bedroht, sollten sie ihr Recht auf Aussageverweigerung wahrnehmen. Die Ermittlungen des BKA hatten mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun. Z.B. erpressten Beamte die Aussage eines Antifas, indem sie drohten, ihn in Fesseln seinem herzkranken Großvater vorzuführen und diesem von seiner Homosexualität zu berichten. Außerdem wirkten in der Revisionsverhandlung gegen Daniel zwei Richter mit, die auch in den früheren Prozessen tätig waren. Das OLG verurteilte am 22. November 2005 Daniel zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung nach § 129a. Beamte des BKA machten in dem Verfahren nur eingeschränkte Angaben, weil sie nach eigenen Aussagen noch immer in laufenden Ermittlungen integriert seien. Da nicht nur Marco, Daniel und Carsten, sondern eine Vielzahl von Menschen in Magdeburg von Ermittlungsverfahren im Zuge des ersten Verfahrens betroffen waren, droht ihnen nun eine erneute Ermittlung und unter Umständen auch eine Anklage.

/// Das allgemeine repressive Hintergrundrauschen
Neben diesen lokal oder regional spektakulären Ermittlungsverfahren sind wir mit einem gesellschaftlichen Klima konfrontiert, das immer repressiver wird. Dem von der herrschenden Norm abweichen den Verhalten wird nachdrücklicher zu Leibe gerückt, als noch vor einigen Jahren. Bestes Beispiel ist aktuell die Kriminalisierung von Graffiti. Zu diesem Zweck ist vor kurzem extra das Strafgesetzbuch geändert worden. Aber auch für „Straftaten“ auf Demonstrationen fallen die Urteile tendenziell immer schärfer aus. Nicht nur im Bereich des Strafrechtes können wir diese Beobachtung machen. Ob es sich um die Ausweitung der Videoüberwachung von Plätzen, Straßen, Einkaufscentern, handelt oder um Kontrollanrufe und – besuche bei „Hartz IV “ - EmpfängerInnen; ob vermehrt Telefongespräche mitgehört werden oder die Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten nach und nach verschwindet: staatliche Kontrollmechanismen werden derzeit massiv ausgebaut. Daneben werden Repressionsinstrumente wie Berufsverbote, die der Vergangenheit anzugehören schienen wieder ausgepackt. Die öffentliche Deba tte um Sicherheitspolitik ist während dessen längst mit den ganz großen Fragen beschäftigt. Täglich fallen in den Medien die „Tabus“. Foltern? Aber nur, wenn es auch Erfolg verspricht und rechtsstaatlich geregelt ist. Bundeswehreinsatz im Inneren zum Schutz der Fußball WM? Unklar ist eigentlich nur noch, ob auch Panzer eingesetzt werden sollen.

/// Was soll´s?
Eine in sich konsistente und umfassende Analyse des aktuellen Repressionsgeschehen s können wir hier noch nicht vorlegen. Klar ist aber, dass wir die Repression, die uns als Linke trifft, nicht losgelöst davon betrachten können, dass auch SchwarzfahrerInnen, DiebInnen, DrogenhändlerInnen etc. mit immer härteren Strafen rechnen müssen. Es ist zu beobachten, dass das Wohlverhalten bestimmter Teile der Bevölkerung, nicht mehr – wie in den letzten Jahrzehnten – durch soziale Transferleistungen erkauft wird. Das Stillhalten von sozialen oder politischen Risikogruppen soll stattdessen mit verschärfter Repression sichergestellt werden. Damit diese effektiv funktionieren kann, müssen Kontroll- und Überwachungsmechanismen ausgebaut werden. Bisher wurde die Fähigkeit der „soziale Marktwirtschaft“ zur Befriedung sozialer Konflikte durch Einbindung propagiert, was immer auch über Wohlstandschauvinismus funktionierte. An diese Stelle tritt jetzt eine pur nationalistische Mobilisierungskampagne: auch wenn Du nix hast, bist Du immer noch Deutschland. Diese Gleichzeitigkeit von massiver Ausweitung staatlicher Kontrolle und Verschärfung der Repressionsinstrumente einerseits und einer nationalistischen Mobilisierung andererseits sehen wir am deutlichsten anlässlich der in diesem Jahr in Deutschland stattfindenden Fußball-Weltmeisterschaft.

/// Was tun?
Mit dieser Situation sind wir als politisch aktive Menschen konfrontiert. Wenn wir uns als „die Linke“ bezeichnen, vertuschen wir einen Teil des Problems. Es gibt derzeit keine Bewegung, die nach dem Motto „Getroffen sind einige – gemeint sind wir alle“ gemeinsam aufsteht und sich gegen Repression zur Wehr setzt, wenn in Hinterposemuckel oder Berlin das nächste krasse Verfahren läuft. Die Realität sieht eher so aus, dass die Betroffenen allzu oft von einem viel zu kleinen Kreis von FreundInnen, GenossInnen und Angehörigen unterstützt werden, die damit eine immense Last zu schultern haben. Unter diesen Bedingungen muss die politische Prozessführung oft hinter juristischer und sozialer Schadensbegrenzung zurücktreten. Der Repression können wir so viel zu selten etwas offensiv entgegensetzen.

Diese Situation bietet genug Anlass zum Verzweifeln. Allerdings auch genug Motivation zu sagen: Es reicht! Die beschriebenen Verhältnisse zu bedauern, die Welt zu verfluchen und seine eigene Paranoia zu pflegen ist das eine. Das andere ist es, sich dem entgegen zustellen. An unserer Kritik an Staat und Gesellschaft zu feilen, dabei die Grenzen der eigenen Gruppe, des eigenen Szenebiotops und der eigenen Stadt zu überschreiten wäre dabei schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Die Parole „Solidarität“ wird praktisch wirksam, wenn die Vereinzelung vor Staatsanwalt und Richter nicht mehr funktioniert, wenn diejenigen, die von Repression betroffen sind, sich darauf verlassen können, dass sie diesen Kampf nicht alleine führen müssen. Damit das der Fall wird, haben wir - dass heißt Soligruppen zu den oben beschriebenen Verfahren in Potsdam, Frankfurt/Oder, Berlin und Magdeburg - in den letzten Monaten einen gemeinsamen Diskussions- und Vernetzungsprozess begonnen. Gegenseitig versuchen wir, uns bei politischen Aktionen zu unterstützen, Erfahrungen, Wissen und Analysen auszutauschen und gemeinsam zu diskutieren. Mit einer gemeinsamen Demo wollen wir diesen Prozesses vertiefen und intensivieren.
Und letztlich halten wir es immer noch für das Beste, die Frage, wem die Straße und die Welt gehören, immer mal wieder laut und vernehmlich zu stellen. Deswegen rufen wir Euch auf, mit uns am „Tag der politischen Gefangenen“ in Potsdam zu demonstrieren. Ganz unmittelbar wollen wir damit die in Potsdam und Frankfurt/Oder von Repression Betroffenen in ihren Verfahren unterstützen. Wir wollen unsere Solidarität mit Christian in Berlin und den Magdeburgern zeigen und auch mit all jenen, die nicht in prominenten Verfahren vor Gericht stehen, sondern mit der ganz normalen, alltäglichen politischen Repression konfrontiert sind.

Demonstration - 18. März 2006 - Potsdam Hauptbahnhof - 14 Uhr

Antirepressionsdemo - Internetseite für die Demo

Redebeitrag der FAU-Magdeburg zum § 129 a Verfahren in MD

Das § 129 a Verfahren in Magdeburg

Seit 2002 ermitteln die Staatsschutzbehörden, u.a. das BKA, nach Paragraphen 129a "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" wegen verschiedenen Brandanschlägen u.a. auf ein Dienstfahrzeug vom BGS, auf ein Gebäude des LKA´s, auf eine Niederlassung von Daimler Chrysler in Magdeburg. Im November 2002 folgten die ersten Festnahmen von Marco und Daniel und in den kommenden Monaten mehrere Hausdurchsuchungen, Anquatschversuche und Verhöre. Im April 2003 wurde Carsten verhaftet und in Untersuchungshaft gesteckt. Unter dem Vorwand der strafrechtlichen Verfolgung mehrerer verübter bzw. versuchter Brandanschläge geriet die politische Linke und vor Allem die offen arbeitende linke Gruppe, der "Autonome Zusammenschlusz" in das Visier der Ermittlungsbehörden. Immer wieder wurde versucht den "Autonomen Zusammenschluss" mit Brandanschlägen und vermeintlichen "Terrorgruppen" in Verbindung zu bringen, die Gruppe wurde diffamiert und wie schon in zahlreichen Fällen wurde versucht linke, offen arbeitende Gruppen zu kriminalisieren. Zwar kam es nie zu einer Anklage gegen den "Autonomen Zusammenschluss", doch wird dieser selbst in den Urteilen als angebliche "Keimzelle" herangezogen und weiteren Defamierung und Kriminalisierung ausgesetzt

ein kurzer Rückblick

Im September 2003 kommt es zur Anklage und Eröffnung des Verfahren nach §129a ( Bildung und Mitgliedschaft in einer "terroristischen Vereinigung") gegen Marco, Daniel und Carsten, vor dem Oberlandesgericht Naumburg. Die drei haben mittlerweile je 1 Jahr bzw. 7 Monate in Untersuchungshaft verbracht. Kurze Zeit nach Beginn der Hauptverhandlung wurde der Paragraph 129a fallen gelassen. Bislang gab es keine Beweise die eine "terroristische Vereinigung" belegen konnten, geschweige denn einen Zusammenhang zu den Angeklagten selbst, oder zu den weiteren Beschuldigten. Die Haftbefehle gegen die drei Angeklagten wurden im November 2003 aufgehoben und die Angeklagten freigelassen.

Am 16. Dezember 2003 wird das Urteil gesprochen. Marco und Daniel werden wegen vierfacher gemeinschaftlicher schwerer Brandstiftung für schuldig befunden werden. Den Angeklagten konnte keine bestimmten Straftaten nachgewiesen werden, sondern es erfolgte eine Verurteilung lediglich auf Grund von Indizien. Marco und Daniel wurden zu je 2 1/2 Jahren und 2 Jahren Haft verurteilt. Carsten wurde aufgrund fehlender Beweise und Indizien frei gesprochen. Obwohl nicht nach §129a verurteilt wurde, wird der Paragraph als Klammer für die vier Brandanschläge verwendet um die Urteile zu rechtfertigen - bemerkt: ohne jegliche Grundlage für den § 129a, noch für explizite Straftaten.

Marco und Daniel legten Revision gegen die Urteile ein.

Am 22. Februar 2005 wird die Revision gegen Marco an einem einzigen Verhandlungstag abgewickelt. Der nun zuständige Richter Braun spricht erneut das Urteil von 2 1/2 Jahren wegen den Brandstiftungen und lässt sich auch persönliche Schikanen gegen Marco nicht nehmen. Der Revision ging ein Angebot des Richter Braun voraus, wonach Marco und Daniel mildere Strafen angeboten wurden wenn sie sich gegenseitig belasten würden - beide lehnten dieses Angebot ab.

Im April 2005 begann dann das Revisionsverfahren gegen Daniel. Anders als bei Marco wurde dieses Verfahren aufgrund eines Verfahrensfehlers in der Hauptverhandlung, komplett neu aufgerollt. Auf Veranlassung des vorsitzenden Richters Braun werden erneut sämtliche ZeugInnen vorgeladen, um sie zu Aussagen gegen den Angeklagten zu bewegen. Diesmal erklären jedoch 11 Zeugen bereits im Vorfeld durch eine gemeinsamme Erklärung, dass sie die Aussage verweigern werden - zum ersten Mal - soweit uns bekannt, dass so viele Zeugen versuchen sich gemeinsam gegen eine politische Verfolgung zu wehren und politisch Stellung zu beziehen. Damit versuchten die ZeugInnen dem Verfahren offensiv und kollektiv entgegenzutreten. Auch Marco und Carsten verweigerten die Aussage und wurden dafür in Beugehaft gesteckt, um sie zu Aussagen gegen den Angeklagten Daniel zu erpressen. Dennoch hatte die Erklärung der 11 Zeugen eine gewisse Schutzfunktion und sorgte selbst bei der Bundsanwaltschaft für Wirbel. Das, anfangs bis Juli/ August datierte, Verfahren wurde im Verlauf durch den Richter Braun verzögert und verschleppt. Verhandlungstage von wenigen Minuten und nur ein Verhandlungstag pro Monat waren keine Seltenheit. Selbst der anwesende Prozessbeobachter und Bundestagsabgeordnete H. C. Ströbele prangerte den Verstoß gegen die Genfer Menschrechtskonvention durch das Gericht an. Es gab zahleiche Solidaritätsaktionen gegen die Beugehaft, z.B. eine Erklärung die die Freilassung der beiden Beugehäftlinge forderte, welche von ca 350 politschen Gruppen und Einzelpersonen unterschrieben wurde. Marco und Carsten verbrachten je 6 und 5 Monate in Beugehaft.

Am 22. November fällte das Gericht sein Urteil und folgte wieder dem Plädoyer der Bundesstaatsanwaltschaft nach 2 Jahren Haft. Nur das diesmal nach dem Paragraphen §129a verurteilt wurde. Dies sorgte erneut für Brisanz, da das Gericht rechtliches Neuland betrat. Nun genügt eine einzelne Person um nach § 129a verurteilen zu können. Und dieser einen Person muss weder eine Mitgliedschaft in einer "Terroristischen Vereinigung", noch explizite Straftaten nachgewiesen werden. Das würde eine Anklage jeder Gruppe oder Antifa XY absolut erleichtern, da ihnen gar keine konkreten Straftaten nachgewiesen werden müssen, sondern die Aussage genügt "da gibt es eine politische Gruppe und irgendwelche Anschläge - wir vermuten einen Zusammenhang und müssen gar nicht weiter beweisen". Daniel legte auch gegen dieses Urteil Revision ein. Die Verurteilung und erneute Einbringung des Paragraphen 129a könnte weitere Ermittlungen, Verfolgungen und Anklagen in Magdeburg ermöglichen und für die Staatsschutzbehörden legitimieren. So wurde die Sonderermittlungsgruppe des BKA in Magdeburg nie aufgelöst und besteht bis heute, wie ein BKA-Beamter im Verfahren zugab.

der aktuelle Stand

Marco musste im Februar 2006 seine Reststrafe von 1 1/2 Jahren antreten und befindet sich derzeit in Haft. Daniel´s Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da noch nicht über seinen Revisionsantrag entschieden wurde. Die massive Repression in Magdeburg, im Zuge des Ermittlungsverfahrens (Abhören der Telefonate, Observierung, Hausdurchsuchungen, illegale Verhörmethoden) und auch die Urteile, welche sich nur auf Indizien stützten, sollten die Angehörigen linker Strukturen möglichst einschüchtern und kriminalisieren. Dies wurde in Magdeburg nicht erreicht. Grund dafür war auch das hohe Maß an Solidarität und Unterstützung die wir als MagdeburgerInnen erhielten. Dafür möchten wir uns hier nocheinmal ausdrücklich bedanken!

Freiheit für Marco, allen politischen und sozialen Gefangenen und Freispruch für Daniel!
Der Kampf geht weiter!
Knäste zu Baulücken!