Schaut nicht weg - Greift ein! Darf keine hohle Phrase sein!

antifaschistische Demonstration am 25. Februar in Schönebeck

Am 9.1.2006 wurde der 12-jährige Kevin auf seinem Heimweg von Schönebeck nach Pömmelte (Sachsen-Anhalt) von 5 rechten Jugendlichen überfallen und misshandelt. "Unbemerkt" von Fahrgästen und Fahrer begannen die Feindseligkeiten gegen den Jungen bereits im Bus. In Pömmelte angekommen, versuchte Kevin den Angreifern aus eigener Kraft zu entkommen - leider ohne Erfolg.

Im Schutze der stillen Zustimmung der AnwohnerInnen, begannen die 5 Täter, nachdem sie Kevin eine Strecke geschliffen hatten, unbehelligt auf den Jungen einzuschlagen und einzutreten. Im Verlauf der Tortur spitzten sich die Gewalttätigkeiten gegen Kevin weiter zu. So wurde der gerade erst 12-Jährige gezwungen eine Flasche Bier zu trinken, die den Tätern danach als Schlagwaffe diente. Zudem musste er die Stiefel seiner Peiniger ablecken und küssen und ihnen auf Fragen mit Nazisprüchen antworten. Die Brutalität fand ihren Höhepunkt, als einer der Jugendlichen eine Zigarette im Auge des Jungen ausdrückte. Anschließend wurde unter Androhung des Todes eine Schusswaffe auf ihn gerichtet. Damit fanden die Quälereien nach einer Stunde ihr Ende, da den 5 die Lust daran vergangen war. Nach eigenen Aussagen wollte man erstmal eine rauchen.
Das Motiv der 14 - 19-jährigen Täter war eindeutig rassistisch - griffen sie den Jungen, dessen Vater aus Äthiopien kommt, doch wegen seiner Hautfarbe an. Kevin wurde zuvor schon einmal Opfer des beteiligten 19-jährigen Francesco L., der ebenfalls in Pömmelte wohnt.

Wenige Tage nach der Tat organisierten Nazis aus der Kameradschaft Schönebeck und des JN-Landesverbandes eine Kundgebung in Schönebeck. Auf Flugblättern distanzierte man sich von den Tätern und Gewalt im Allgemeinen. Angesichts der nachgewiesenen Kontakte des Mittäters Francesco L. zur rechten Szene in Schönebeck bzw. dem Umfeld der Kameradschaft Schönebeck, deren Mitglieder zum Teil verurteilte Gewalttäter sind, stellen diese Bestrebungen eine Farce dar. In den letzten Jahren hat die Naziszene um die Kameradschaft Schönebeck mit ihren Aktivitäten mehrmals für Aufsehen gesorgt. Neben Konzerten und Aufmärschen sind in diesem Zusammenhang insbesondere gewalttätige Übergriffe hervorzuheben. Im Februar 2003 überfielen mindestens 15 Nazis direkt vor der Polizeistation in Schönebeck 4 alternative Jugendliche. Dabei wurde gezielt auf die Köpfe der Betroffenen eingetreten (Mehrere Jahre zuvor wurde an gleicher Stelle schon einmal ein junger Mann Opfer rechter Gewalt.). In den milden Urteilen gegen 6 der beteiligten Nazis fand ein geplantes "Bordstein-Kicken" keine Berücksichtigung. Im Prozessverlauf wurde offiziell bestätigt, dass mindestens 3 der Angeklagten Mitglieder der Kameradschaft Schönebeck sind.
2003 griffen Nazis im Anschluss an eine Friedensdemo anlässlich des Irakkrieges auf dem Salzelmener Marktplatz linke DemonstrationsteilnehmerInnen an.
Im Mai 2004 waren 3 Nazis aus Schönebeck an einem bewaffneten Überfall auf eine linke Wohngemeinschaft in Genthin beteiligt.
Dieser kurze und unvollständige Abriss zeigt bereits deutlich, dass gewalttätige Übergriffe aus dem Umfeld der Kameradschaft Schönebeck keinesfalls als "Ausfälle" von "Einzeltätern" und "Problemkindern" gewertet werden dürfen, wie es Öffentlichkeit, lokale Medien, Justiz und Politik seit Jahren tun. Vielmehr erfolgen solche Angriffe geplant und bewusst im Sinne der eigenen Ideologie.

Der Landkreis Schönebeck spielt jedoch keine Ausnahmerolle in Sachsen-Anhalt, wenn es um Gewalttaten von rechts geht. Der faschistische Überfall von Pömmelte ist nur exemplarisch für eine erstarkte Nazikultur in Sachsen-Anhalt. Allein in den ersten 11 Tagen diesen Jahres registrierte die Mobile Opferberatung 8 Gewalttaten im Land, die von Neonazis ausgingen. Gerade im Raum Harz/ Vorharz hat sich unter Duldung bzw. Unterstützung der Bevölkerung ein fester Zusammenhang faschistischer Kräfte, bestehend aus NPD, Kameradschaften und einen Neuerlichen JN-Stützpunkt in Wernigerode, gebildet. Vor allem in den kleinen Städten Wernigerode, Quedlinburg und Halberstadt kommt es mittlerweile fast täglich zu immer brutaler werdenden Angriffen auf MigrantInnen und nicht-rechte Jugendliche - meist ohne Konsequenzen für die Täter.

Bisher wurde dem nicht gerade viel entgegengesetzt. Lokale Politik und Öffentlichkeit sehen sich nur angesichts unerwartet hoher Medienpräsenz "genötigt", Maßnahmen zu ergreifen, die den Imageverlust ihrer Region so klein wie möglich halten sollen. Der in Pömmelte initiierte "Runde Tisch" ist beispielhaft für die Bemühungen der Bevölkerung, ernsthaften Auseinandersetzungen mit fremdenfeindlicher Gewalt aus dem Weg zu gehen. So wurde der eigentliche Übergriff nur kurz thematisiert um anschließend ausführlich zu erörtern, wie man das angekratzte Bild nach außen aufpolieren kann. Dies zeigt einmal mehr, dass von offizieller Seite kein ernst gemeintes Engagement zu erwarten ist.
Da rechte Jugendliche gerade in Dörfern sehr oft starken Rückhalt durch große Teile der Bevölkerung erfahren, stellen sie lediglich den verlängerten Arm einer vorherrschenden fremdenfeindlichen Grundstimmung dar. Dies, und das Gewaltmonopol der Rechten unter den Jugendcliquen, erschwert es - leider nur sehr marginal vorhandenen - alternativen Jugendlichen, eine Gegenkultur zu etablieren. Unsere Demonstration allein wird diese Verhältnisse nicht verändern, sie soll aber Auftakt für eine notwendige und kontinuierliche Arbeit sein, die auf lange Sicht gesehen, linke und emanzipatorische Standpunkte im Alltag verankert.

Nazis den Boden entziehen!
Linke Strukturen aufbauen!

Demo am 25.02.06 um 11.30 Uhr Schönebeck / Hauptbahnhof

Nicht Wegschauen ! Seite vom Antifa-Buendnis Schönebeck