Mauern überwinden!

Am 28. August sind etwa 80 Menschen aus verschiedenen Städten und Organisationen nach Halle gereist, um sich auf der Knastkundgebung vor der JVA Halle mit Carsten und Marco solidarisch zu zeigen.
Die Stimmung war gut, Menschen von verschiedenen Organisationen hielten Redebeiträge, um sich einerseits mit den beiden Gefangenen zu solidarisieren, aber auch um die anderen Inhaftierten zu informieren, aufzuklären und unsere Standpunkte zu Themen wie Repression und Gesellschafts- bzw. Kapitalismuskritik klar und verständlich zu machen.

Dies wird nicht die letzte Solidaritätsaktion gewesen sein um Carsten, Marco und Daniel zu unterstützen und diesem politischen Prozess und dieser politischen Verfolgung ebenfalls politisch zu begegnen.

Aktuelle Infos gibt es laufend bei der Soligruppe.



Solidartität kostet Geld
Bisher wurden die Kosten für das Verfahren, Strafbefehle, die Unterstützungsarbeit und sonstige laufende Kosten (Miete, Geld für’s Knastkonto, Knastabos usw.) durch die Rote Hilfe bzw. private Gelder finanziert. Durch die Verlängerung des Verfahrens sind diese Quellen z.T. erschöpft. Wir rufen euch daher dazu auf, eure Spenden auf das Konto der

FAU
Kto-Nr. 961 522 01
BLZ 200 100 20
Postbank Hamburg
Kennwort: „Beugehaft“

zu überweisen.

Über Post freuen sich:
Carsten Schulze bzw. Marco Hinrichs
JVA Halle I
Am Kirchtor 20
06108 Halle (Saale)

Die nächsten Prozesstermine: 13.9., 4.10., 1.11. (Justizzentrum Halle)


Redebeitrag der FAU Magdeburg am 28. August

Mit der Einführung der Agenda 2010 und der Hartz-Gesetze werden nun auch in der BRD die Folgen der Entwicklungen der globalen Marktwirtschaft deutlicher spürbar. Soziale Errungenschaften wie Arbeitslosenversicherungen oder Krankenversicherungen, die über Jahrzehnte durch die Arbeiterinnen erkämpft wurden und als Zugeständnisse von Politik und Wirtschaft zur Befriedung breiter Teile der Bevölkerung fungierten, stehen einer globalen und radikal Marktorientierten Wirtschaft zunehmend im Weg. Schlicht und ergreifend wird der Sozialstaat den Wirtschafteliten aus Staat und Politik zu kostspielig. Waren sozialstaatliche Leistungen bis zum Zusammenbruch der Ostblockstaaten noch wichtiger Bestandteil der Systemkonkurrenz des Westens zum Osten, so sind sie nach dessen Zusammenbruch überflüssig geworden und stehen der entfesselten Konkurrenz um den günstigsten Wirtschaftsstandort im Wege. Eine Aufrecherhaltung des Sozialstaates im System der globalen Konkurrenz wäre gleichbedeutend mit einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland.
Der Abbau sozialer Rechte und Standards ist somit ein Prozess, der nicht nur in der BRD sondern weltweit stattfindet und in anderen Ländern schon früher begonnen hat. Seit der Wende 89 hat ein Wettlauf nach unten begonnen, der die jeweiligen Staaten dazu zwingt, sozialstaatliche Leistungen abzubauen und die Bedingungen für die Unternehmen so profitabel wie möglich zu gestalten. Soziale Leistungen werden nur noch als unprofitabler Ballast des jeweiligen Staates angesehen. Dabei ist es nicht so, dass Staat und Politik ihre Macht verloren hätten. Diese Apparate werden selbst maßgeblich durch die Wirtschaftseliten bestimmt und verfolgen deren Interessen.
Diese Entwicklung hat aber auch eine Kehrseite. Mit dem Abbau sozialer Standards könnte sich auch in der BRD das Protestpotential verbreitern und Unzufriedenheit frei setzen. Da der Sozialstaat als Befriedungs- und Kontrollinstanz wegfällt, suchen Regierungen nach anderen Wegen, um die Gesellschaften und ihr zunehmendes Aufbegehren gegen die sich verschärfenden und verschlechternden Verhältnisse, in Schach zu halten. An die Stelle sozialer Befriedung tritt immer offenere Repression, um die Eigentumsverhältnisse und den Reichtum der Mächtigen zu schützen, die weiter horrende Profite einfahren, während immer größere Teile der Bevölkerungen in die Armut gedrängt werden.

Mit der Verschlechterung der Lebensrealitäten breiter Teile der Bevölkerung werden immer mehr Menschen nicht nur in die Armut gezwungen, sondern zunehmend auch in die (Beschaffungs-) Kriminalität. Sei es, dass Menschen öffentliche Transportmittel nicht mehr bezahlen können und schwarzfahren, dass Menschen Nahrungsmittel stehlen müssen und sich die fehlenden Mittel für den Lebensunterhalt aneignen. Dieser Kriminalität wird mit zunehmender Repression durch Staat und Justiz begegnet, die die bestehenden Eigentumsverhältnisse zu schützen versuchen. Es ist in der BRD daher keine Seltenheit mehr das Menschen für Eigentumsdelikte wie Schwarzfahren oder Diebstahl langjährige Haftstrafen absitzen und Teile der Bevölkerung, die für die Produktion überflüssig geworden sind und aus der sozialen Not in die Kriminalität gedrängt werden, in den Gefängnissen landen. Ebenso ergeht es denjenigen, die sich politisch gegen diese Verhältnisse zur Wehr setzten und für Alternativen außerhalb des Kapitalismus eintreten. Paragraphen wie der §129a/b, der zu Zeiten der RAF erfunden wurde, werden auch heutzutage gern eingesetzt, um unliebsame, offen arbeitende linke oder migrantische Strukturen zu kriminalisieren. 129a-Verfahren, wie das in Passau oder gegen die Autonome Antifa M in Göttingen, als auch das gegen Linke aus dem Autonomen Zusammenschluss Magdeburg und die derzeitigen Ermittlungen nach §129 gegen Linke in Hamburg sind nur einige Bespiele und die Höhepunkte staatlicher Repression, die sich gegen linke Strukturen richtet. So sitzen derzeit Marco und Carsten in Beugehaft, weil sie die Aussage in der Revisionsverhandlung von Daniel - des ursprünglichen §129a Verfahren gegen Daniel, Marco und Carsten - verweigerten. In der ganzen Bundesrepublik sitzen Menschen für ihre Ideen, die den herrschenden Verhältnissen widerstreben, in den Knästen. Aber noch viel mehr, die aus der sozialen Not in die Kriminalität gezwungen werden.
„Schwarze Schafe“ unter den Kapitaleignern kommen jedoch mit Bagatellstrafen davon. Ein weiterer Anstieg der Repression zeichnet sich ab: Sicherheitsverwahrung, Isolationshaft und hohe Haftstrafen für Eigentumsdelikte, Berufsverbote, Kameraüberwachung, Überwachung durch RFID-Technologie etc. Es wird offensichtlich, woher der Wind weht. Ein System sucht sich zu schützen vor den immer größer werdenden Widersprüchen in sich, oder vor denen, die sich einfach nehmen, was sie brauchen oder die rebellieren. Gegen diese Repression können wir uns schützen, wenn wir uns organisieren und das über Ländergrenzen hinweg mit den Lohnabhängigen und Unterdrückten, die gegen diese Verhältnisse gemeinsam aufbegehren und sich nicht durch künstlich geschaffene Feindbilder von den eigentlichen Ursachen unserer Probleme abbringen lassen.

In diesem Sinne:

Action – Rebellion – Emanzipation!