halleluja ...

... sag nicht ich, sondern sang heute "Protestführer" Ehrholdt auf der Abschlußkundgebung. "Wir fahren nach Berlin, halleluja!" schunkelte er gemeinsam mit einem seiner Mitstreiter aus dem Orgateam am Ende der heutigen Montagsdemo.

Es war einfach nur noch peinlich. Das lag aber weniger an der wieder geringer gewordenen TeilnehmerInnenzahl (ca. 2...3000), sondern an den vielen Grotesken drumherum.

Zunächst einmal lieferten sich Ehrholdt, Sozialforum und "Marxisten-Leninisten" über Mikrofon Redegefechte, bei denen letztere eindeutig den kürzeren zogen. Ehrholdt hatte als Demoauftakt wie gewohnt eine seiner ebenso kurzen wie inhaltsleeren Reden gehalten. Darin beteuerte er, daß er sich zu den "demokratischen Kräften" zähle und er jedenfalls keinen "Umschwung" - wie die Extremisten von links und rechts - beabsichtige.
Dann zogen die Massen los - nahezu lautlos und auf verkürzter Route durch die Innenstadt. Die Nazis durften wieder mitmarschieren - Ehrholdt selbst hatte sie lediglich ans Ende der Demo verbannt. Im Vorfeld war zwischen Sozialforum und zwei Vertretern aus dem Orgateam Ehrholdts vereinbart worden (nachdem die Antifa angeboten hatte, selbst wegzubleiben, wenn die Nazis nicht am Mitmarschieren durch den Veranstalter gehindert würden), daß die Nazis diesmal wirklich ausgeschlossen würden. Aber auch die Linke mobilisiert wohl ihre letzten Reserven - jedenfalls konnte man erstmals ein Transparent mit Hammer-Sichel-Gewehr von der KPD/ML sichten.

Die Krönung war jedoch die Abschlusskundgebung, wo u.a. ein offensichtlich Verwirrter aus der Ehrholdt-Riege gegen die "Milliarden von Windrädern" in Deutschland und die "30% Zinsanteil im Brot" vom Leder zog. Gefordert wurde auch ein "Präsident" mit "90% Gehalt" (wegen der "Vorbildrolle"), der gemeinsam mit genau 3 "Superministern" mit "80% Gehalt" künftig das Land regieren solle - und zwar von der "Residenzhauptstadt Magdeburg" aus. Alle anderen sind mit "70% Gehalt" in den Ruhestand zu versetzen. Die Regierenden haben sich zudem gefälligst nach Magdeburg zu bewegen, dafür wollen sie schon sorgen. Ausserdem brauche die Bewegung "Vorbilder" - wobei er allen Ernstes sich und seine drei Tribünen-Kollegen im Auge hatte.

Ehrholdt selbst distanzierte sich mit keinem Wort von dem Schwachsinn. Distanziert hat er sich allerdings vom ADBC, der ihn habe "vereinnahmen" wollen. Daraufhin sei er aber gleich wieder aus dem Verein ausgetreten - schliesslich sei zwar seine Arbeitskraft, nicht aber er selbst käuflich. Dagegen stellte er nun endlich seine Forderungen vor - offensichtlich will er sich nicht länger eine blosse "Protesthaltung" vorhalten lassen. Diese bewegten sich im üblichen Rahmen: Bürokratie abbauen, Unternehmen sollen gefälligst in Deutschland produzieren und Steuern zahlen, Kommunen sollen genauer kontrolliert werden, wofür sie ihre Gelder verbraten - schliesslich würden ständig Feldwege als Autobahnen abgerechnet - und gleiche Verhältnisse in ganz Europa. Letzteres verwunderte schon ein wenig - er klärte das Missverständnis aber gleich auf. Deutschland solle "Mindestlöhne" einführen, damit "wir Deutschen" nicht gezwungen werden können, als Wanderarbeiter von Polen bis Spanien zu tingeln.

Gespannt darf man sein, was die Forschungsgruppe "Soziale Bewegungen"
der FH, die mit zahlreichen InterviewerInnen auf der Demo unterwegs war, über
den Zustand dieses "Volkes" herausbekommt. Zur Entlastung desselbigen
sei aber angemerkt, daß die Meinungen zu den Reden auf der Abschlußkundgebung durchaus geteilt waren und nicht wenige den Platz kopfschüttelnd verliessen (und vermutlich nicht so schnell wiederkommen werden).