Rassistische Spaltung oder sozialer Widerstand?

Für den 10.7. hatten Nazis zu einer Demonstration gegen die Agenda 2010 in Magdeburg aufgerufen. Um den rechten Demagogen nicht die Strasse zu überlassen, hat in Magdeburg ein Bündnis von AntifaschistInnen verschiedene Gegenaktivitäten geplant.

Jedoch schienen die Nazis Mobilisierungsprobleme zu haben - die Demo fand jedenfalls nicht statt. Eine Kundgebung unter dem Motto "Unsere Agenda heisst Widerstand" fand am geplanten Termin dennoch statt. Am Alten Markt im Zentrum Magdeburgs versammelten sich gut 50 Leute um ein Transparent und ein Infozelt, um ihrem Protest "Gegen Nazis, Staat und Kapital" Ausdruck zu verleihen. Zudem gab's lecker Essen aus der Vokü des USK.


Gemeinsamer Kundgebungsaufruf

Für den 10. Juli 04 hatte das sogenannte "nationale und soziale Aktionsbündnis Mitteldeutschland" (NSAM) zusammen mit der NPD und dem "märkischen Heimatschutz"(MHS) zu einer Demonstration nach Magdeburg mobilisiert. Im NSAM organisieren sich Neonazis aus Berlin-Brandenburg, wie auch der Neonazi Oliver Schweigert, der bisher Anmelder mehrerer Nazidemos war.
Anläßlich der sich häufenden Proteste gegen die Agenda 2010 versuchen nun auch der NSAM, die NPD und der MHS, durch Aufgreifen dieses Themas, an gesellschaftlichem Einfluß zu gewinnen. Aufgrund dessen ist dieses Jahr eine Demonstrationskampagne durch 6 Städte geplant, die nun am 10. Juli auch Magdeburg erreichen sollte. Bereits am 3.4.04 in Neubrandenburg und am 5.6.04 in Schwedt marschierten einige hundert Neonazis gegen Sozialabbau und gegen "das Ausbluten des deutschen Volkes". Ihre Alternative gegen den sozialen Abstieg und "zum Wohle" aller nennt sich "nationaler Sozialismus" - wohlgemerkt nur für diejenigen, durch deren Adern "deutsches" Blut fließt.
Wer sich jetzt denkt "mmh..., kenne ich doch irgendwo her", liegt da wahrscheinlich richtig. Die eigentliche Absicht, die dahinter steckt ist, nämlich weder "sozial" noch "sozialistisch", sondern orientiert sich zum Teil stark am schon mal da gewesenen Nationalsozialismus. Auch ihre Ablehnung gegenüber der Globalisierung scheint auf den ersten Blick nicht weiter problematisch, doch wenn Begriffe wie "Spekulantentum" oder "Globalisierung" von den Nazis unmittelbar mit "jüdisch" verbunden werden, nimmt das erschreckende Ausmaße an. Die vermeintliche Kritik an der kapitalistischen Wirtschaftsordnung und deren
systematisch betriebener Internationalisierung besteht ebenfalls lediglich darin, dass sie ihre nationale, "deutsche" Kultur gefährdet sehen. Es geht ihnen nicht um das generelle Infragestellen des bestehenden Systems, sondern es werden einzelne Teilaspekte kritisiert, wie beispielsweise "international agierendes Kapital". Allerdings gegen "nationales" Kapital bleibt weiterhin nichts einzuwenden. In Zeiten wachsender Unzufriedenheit ist jedoch die Gefahr größer, dass sich durch die Berufung auf "nationale" Tugenden und die Überlegenheit der eigenen Nation die immer noch tiefsitzenden Überzeugungen mancher Deutscher zu nutzte gemacht werden.
Wir sehen es als unsere Aufgabe an, dies zu verhindern, nicht nur indem wir versuchen, ihren Aufmarsch so gut es geht zu behindern, sondern auch, indem wir die sozialen und politischen Themen mit unseren Inhalten füllen und klare Alternativen schaffen. Dabei ist es uns wichtig, dass, wenn wir einen Widerstand gegen den Sozialabbau entwickeln wollen, dieser ohne rassistische und nationalistische Spaltung, auf globaler Ebene geführt werden muss. Denn der Sozialabbau ist kein Phänomen, das sich auf Deutschland beschränkt, sondern hängt unmittelbar mit der weltweiten Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von "unten" nach "oben" zusammen. Weltweit gibt es Menschen, die für ein menschenwürdiges Leben kämpfen, fernab von Profitgier und Leistungszwang. All diese Bewegungen haben, solange sie emanzipatorisch bleiben, unsere praktische Solidarität verdient. Wir müssen uns als Teil dieser Proteste verstehen, aber gleichzeitig anfangen, regional Lebensalternativen aufzubauen. Damit ist gemeint, sich in Netzwerken, Interessensverbänden, Kooperativen etc. zusammen zu schließen, um gemeinsam das Leben, was für die meisten immer schwieriger werden wird, zu organisieren. Aber auch um praktischen Widerstand zu leisten ist es notwendig, aus dieser Individualisierung, die viele einsam gemacht hat, auszubrechen und gemeinsame Ziele festzustecken. Ansatzpunkt dafür sind beispielsweise, die bereits in vielen Städten gegründeten Sozialforen. Dabei reicht es nicht einzelne Auswirkungen dieser Wirtschaftsordnung zu kritisieren, es muss um die generelle Infragestellung der kapitalistischen Verwertungslogik gehen.

FAU-MD; AntifaJugend; autonome antifaschistInnen; USK