Langsam regt sich was

Der Widerstand der Magdeburger REGE-Belegschaft

Im März 2004 gab es in der Volksstimme eine Meldung, daß bei der Firma Rege in Magdeburg 100 Beschäftigte entlassen werden sollen und das Werk insgesamt von der Schließung bedroht sei.
Die Firma "Rege Motorenteile GmbH & Co. KG" stellt Motorenteile wie Zylinderköpfe, Getriebegehäuse, Pleuel für die Automobilindustrie her und beliefert nahezu alle namhaften Automobilkonzerne (Audi, BMW, DaimlerChrysler, Ford, GM, Prosche, Renault, VW...). In Deutschland gibt es drei Standorte mit derzeit insgesamt rund 1.600 Beschäftigten. 380 davon sind in Magdeburg beschäftigt, weitere Standorte gibt es in Witzenhausen (Hessen, rund 470 Beschäftigte) und Eisenach (rund 750 Beschäftigte), wo sich auch die Firmenzentrale befindet. Rege ist seit 2002 eine hundertprozentige Tochterfirma der INA Holding, die wiederum zur Schaeffler-Gruppe mit weltweit 54.000 Beschäftigten gehört. Schaeffler ist einer der weltweit führenden Anbieter für Wälzlager. Die INA-Gruppe hat wiederum ihren Stammsitz im mittelfränkischen Herzogenaurach, wo ca. 7.000 Menschen beschäftigt sind.

Der Magdeburger Standort entstand aus einem Überbleibsel des Schwermaschinen-kombinat Karl Liebknecht (SKL) im Stadtteil Salbke. Dort hat Rege sechs Produktionshallen übernommen. In der Vergangenheit wurde die Anzahl der Beschäftigten mehrfach heruntergefahren. Im Jahre 1999 waren noch 720 Mitarbeiter bei Rege Magdeburg angestellt, 2003 waren es nur noch 520.
Im Frühjahr 2004 wurden wieder 100 Angestellte entlassen und eine mögliche Schliessung des Standortes Magdeburg zum Jahresende angekündigt. Darauf reagierte der Betriebsrat zunächst, indem er eine Unternehmensberatung beauftragte, ein Wirtschaftlichkeits-Gutachten für Magdeburg zu erstellen. Das Ergebnis liegt nun vor. Darin wird festgestellt, daß der Standort Magdeburg keineswegs schlechter dastehe, als die anderen Unternehmensteile und nur intern die Kosten entsprechend "umgerechnet" wurden. Mit nur leichten Veränderungen könne der Standort Magdeburg aus den roten Zahlen geführt werden.

Laut Darstellungen der Rege-Geschäftsleitung hatte die Firma in Magdeburg im letzten Jahr ein "zweistelliges Minus" eingefahren. Auch die Ergebnisse der ersten Monate dieses Jahres seien schlechter als erwartet ausgefallen. Rege will daher zunächst die Produktion für Porsche in Eisenach konzentrieren, da der dortige Standort auf jeden Fall erhalten werden soll, da andernfalls Rückzahlungen von Fördergeldern in Millionenhöhe (ca. 30 Mio. Euro) fällig werden. Laut Volksstimme vom 16.3.04 wäre das allerdings auch bei einer Schließung des Magdeburger Standortes der Fall, da auch in Sachsen-Anhalt Fördergelder geflossen sind. Vermutlich werden das aber weniger als die in Eisenach sein.

Derzeit sind in Magdeburg rund 60 Mitarbeiter in der Produktion für Porsche beschäftigt. Allerdings bräuchten die sich laut Geschäftsleitung erstmal nicht um ihre Jobs sorgen, da kürzlich zusätzliche Aufträge eingegangen seien. Bis Ende August soll nach Vorstellungen der Geschäftsleitung die Porsche-Produktionsverlagerung erfolgt sein. Ein Versuch, Maschinenteile nach Eisenach abzutransportieren, wurde Ende Juni verhindert, indem im betreffenden Betriebsbereich eine Betriebsversammluing abgehalten wurde. Die Teile konnten daher nicht verladen werden, sodaß die gecharterten Lkws leer wieder zurückfahren mussten. Allerdings sind zuvor schon einige Ausrüstungsteile nach Eisenach abtransportiert worden.

Nachdem der Betriebsrat bei den Entlassungen im Frühjahr noch mit einer durchaus fragwürdigen Strategie des "Nur-kein-Aufheben-machen" versuchte, etwaige Auftraggeber nicht zu verschrecken, regt sich nun nach Monaten des Hinhaltens erster grösserer Protest. Da es bis dato noch keine Gespräche zwischen INA-Geschäftsleitung und den Vertretern der Magdeburger Belegschaft gab, hat sich letztere entschlossen, diese mit einer Aktion zu erzwingen. Am 21.6. sind 50 Rege-ArbeiterInnen nach Herzogenaurach gefahren, um mit einer von der IGM Magdeburg-Schönebeck unterstützten Kundgebung vor der INA-Konzernzentrale gegen die Schliessung zu protestieren. Seitdem halten dort rund um die Uhr etwa 10 Beschäftigte eine Mahnwache ab. Diese soll bis zu einer Entscheidung über den Weiterbestand des Werkes Magdeburg aufrecht erhalten werden. Die Mahnwache wird rotierend von MitarbeiterInnen durchgeführt, die dafür ihre Freischichten bzw. ihren Urlaub opfern. In Herzogenaurach sind die Magdeburger nach Informationen des "Magdeburger Stadtjournals" (PDS-Mitgliederzeitung) auf "eine Welle der Solidarität" gestossen. Lokale Bäcker, Fleischer etc. haben der Mahnwache Lebensmittel gebracht. Die Rege-Beschäftigten fordern u.a. eine Arbeitsplatzgarantie bis 2007 und sind bereit, dafür auch über Wochen in Bayern auszuharren.

Die INA-Geschäftsleitung warnte die Beschäftigten (laut Radio-SAW), daß sie mit ihren Aktionen potentielle Kunden abschrecken und damit ihre Lage weiter verschärfen würden. Man könne zwar keine Beschäftigungsgarantie für die nächsten 10 Jahre geben aber für 2004 sei der Bestand des Werkes gesichert und für 2005 gebe es bereits mehrere Aufträge.