Wir wollen mehr! - Arbeitskonflikt beim „Jena Experiment“

Erneut Klage gegen die Universität Jena eingereicht

Bereits im Mai 2015 hatte die FAU Erfurt/Jena eine Klage im Namen eines Studenten der Politikwissenschaft eingereicht, der im Sommer 2014 für das Unkrautjäten auf den Testfeldern der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät als studentische Hilfskraft (SHK) angestellt wurde. Trotz seines Bachelor-Abschlusses und der nicht-wissenschaftlichen Tätigkeit erhielt er den Stundenlohn von 7,45 €. Dieser Trick ist bei der Universität – nicht nur in der Biologie – beliebt, da studentische Hilfskräfte aus dem Tarifvertrag der Länder ausgenommen sind (TV-L §1 Abs. 3 c) und somit zum Mindestlohn statt zum Tariflohn beschäftigt werden können. Sprich 8,50 € statt mindestens 9,70 €(TVL Entgelt-Stufe 1). Laut Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 08.06.2005 – 4 AZR 396/04) ist das wesentliche Merkmal einer studentischen Hilfskraft die Erbringung „wissenschaftlicher Dienstleistungen“, also wissenschaftliche inhaltliche Arbeit zu leisten oder die Lehre zu unterstützen (Tutorien halten etc.). Davon kann beim Unkrautjäten wahrlich nicht die Rede sein.

Gescheitert sind wir damals aufgrund der fehlenden Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags der Länder (TV-L), d.h. nur Mitglieder der Tarif abschließenden Gewerkschaften, sprich im Hochschulbereich wesentlich ver.di und GEW oder auch der Beamtenbund (DBB) können die Ansprüche aus dem Tarifvertrag gerichtlich durchsetzen. Obwohl es ein offenes Geheimnis ist, dass jede*r Studierende an der Uni unabhängig von der faktischen Tätigkeit pauschal als studentische bzw. wissenschaftliche Hilfskraft angestellt wird, schaffen es die großen Gewerkschaften anscheinend nicht, ihren eigenen Tarifvertrag durchzusetzen. Der in der damaligen Angelegenheit eingeschaltete Personalrat der FSU Jena blieb entgegen erster Zusagen, den Fall zu prüfen, ebenfalls untätig und ignorierte eine weitere Anfrage. Entsprechend wenden sich Mitglieder jener sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften an uns und organisieren sich auch bei uns, um gemeinsam die systematische Unterlaufung des TV-L – in der Biologie, uniweit in der EDV, den Bibliotheken, der Verwaltung und den Sekretariaten sowie an der Uni-Klinik – zu beenden.

Im Falle des Unkrautjätens haben wir jetzt für einen diesjährig angestellten Studenten erneut eine Klage eingereicht. Nach der ergebnislos verlaufenen Güteverhandlung am 16.11.2016 hat das Arbeitsgericht Gera einen Kammertermin auf den 17. Mai 2017 festgesetzt. Weitere Klage bzgl. des Unkrautjätens wie auch in anderen Fällen studntischer Hilfskräfte sind in Vorbereitung. Als kämpferische Basisgewerkschaft ruhen wir uns natürlich nicht auf dem rechtlichen Weg aus, sondern werden die Arbeitskämpfe auch in- und außerhalb des Gerichtssaals begleiten, um mehr Betroffene über ihre Rechte und Möglichkeiten der Durchsetzung – mit uns oder alleine – zu informieren.

Update: Die Verhandlung wurde auf den 18. Oktober 2017 verschoben.