Solidarität mit den hungerstreikenden inhaftierten Arbeiter in Butzbach

Hungerstreik für Koalitionsfreiheit in der JVA Butzbach (Hessen)

Wir erklären uns solidarische mit den Forderungen der inhaftierten Arbeiter und GG/BO Genossen in der JVA Butzbach und unterstützen ihre Forderungen nach der Gewerkschaftsfreiheit auch hinter Gittern, nach einer Bezahlung nach dem Mindestlohn, Eingliederung in die Rentenkassen und einer Abschaffung der Arbeitspflicht in den deutschen Knästen. Da ein Streik aufgrund der fehlenden rechtlichen Anerkennung als Arbeitnehmer den rund 200 Genossen nicht möglich ist haben sie sich zum Hungerstreik entschlossen, was damit einhergeht, dass sie damit von der Arbeitspflicht entbunden sind.

Auch, wenn wir nicht mit jeden einzelnen Satz der Unterstützungserklärung (siehe unter mehr) vollständig übereinstimmen, hat die Aktion der Genossen unsere vorbehaltlose Unterstützung. Unsere Aufgabe ist es nun ihre Aktion außerhalb der Mauern bekannt zu machen und damit den Druck zu erhöhen. Die Unterstützungserklärung ist nur der erste Schritt, weitere werden folgen.

Aktuelle Infos zum Hungerstreik werden zeitnah auf gefangenenstreik.noblogs.org zu finden sein.

UNTERSTÜTZUNGSERKLÄRUNG

Wir unterstützen die Forderungen der inhaftierten Arbeiter in Butzbach: Gewerkschaftsfreiheit, Mindestlohn, Rentenversicherung und ein Ende der Arbeitspflicht

Gefängnisse in Deutschland sind Sonderwirtschaftszonen: Stundenlöhne unterhalb von 2 Euro, fehlende Sozialabga- ben und keine Gewerkschaften, staatliche Subventionen und besonders flexibel einsetzbare Arbeitskraft, denn für Gefangene gilt in Hessen wie in elf anderen Bundesländern die Arbeitspflicht. Gefangene der JVA Butzbach (Hessen) wehren sich nun gegen diese Arbeitsbedingungen und dro- hen – mangels Streikrecht – ab dem 1.12.2015 in den Hun- gerstreik zu treten.
Diese Ausbeutung von Gefangenen einerseits, ist profitables Wirtschaften andererseits: In der JVA Butzbach produziert der Staat beispielsweise gewinnbringend Klettergerüste für Spielplätze und hochwertiges Büromobiliar. Es ist aber nicht nur der Staat, der qualitativ Hochwertiges für den Handel und den Eigenbedarf produzieren lässt. Auch regionale Un- ternehmen, die Auto- und Elektroindustrie lassen sich diese Möglichkeit des Lohn- und Sozialdumpings nicht entgehen. Die JVA Butzbach äußert in ihrer Selbstdarstellung unver- blümt: „Die Justizvollzugsanstalten stellen Räumlichkeiten und Gefangenenarbeitskräfte (...) zur Verfügung.“ Dabei bewirbt die JVA Butzbach auch die Qualität ihrer Pro- duktion: Sie bieten „die Durchführung von branchenüblicher und maschineller Metallverarbeitung in solider handelsüb- licher Ausführung“. Eine handelsübliche Metallverarbeitung muss aber auch Tariflöhne und Sozialabgaben beinhalten! Doch hier wird bei weitem nicht einmal der Minimalstandard des Mindestlohns gehalten. Statt Rentenansprüche und da- mit eine Perspektive nach der Haft für arbeitende Inhaftierte zu ermöglichen, hält die hessische Justiz eine flexible Reser- vearmee in Ergänzung zu den Lohnarbeitenden in Fest- und Leiharbeit außerhalb der Gefängnisse bereit.

Die Arbeitspflicht für Gefangene gehört abgeschafft und ersetzt durch menschenwürdige Arbeitsverhältnisse – auch und gerade hinter Gittern, wo sich der Staat einen Resoziali- sierungsauftrag auf die Fahnen geschrieben hat. „Resoziali- siert“ wird hier – durch Löhne knapp über dem Nullpunkt und keinerlei Möglichkeit Rentenansprüche zu erarbeiten – vor allem in Schulden und Altersarmut.
Art. 9 Absatz 3 des Grundgesetzes und Art. 11 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgen das Recht für jedermann, sich in Gewerkschaften zusammenzu- schließen. Derzeit bleibt als einzige Arbeitskampfmaßnahme im Knast der Hungerstreik, um von der Arbeitspflicht vor- übergehend „befreit“ zu werden. Gewerkschaftsinitiativen werden mit Sanktionsmaßnahmen wie täglich 23-stündigem Einschluss (Isolation), Weiterverlegungen (Verhinderung sozialer Kontakte) und wiederholten Zellendurchsuchungen (Schikane, Einschüchterung) geahndet. Gewerkschafts- materialien werden zensiert und Beitritte behindert. Diese Strafvollzugspraxis ist nicht nur verfassungs- und menschen- rechtswidrig, sondern auch politisch nicht legitimierbar.

Daher unterstützen wir den Kampf der gefangenen Arbei- ter der JVA Butzbach um ungeteilte soziale Mindeststan- dards und fordern:

Gewerkschaftsfreiheit für gefangene Beschäftigte Anerkennung der Arbeits- und Gewerkschaftsrechte von gefangenen Arbeiter_innen

Anerkennung der Gefangenengewerkschaft/ Bundesweite Organisation (GG/BO) als Gewerkschaft

Einstellungen der Sanktionen gegenüber gewerkschaftlichen Aktivitäten und Gewerkschaftsmitgliedern – innerhalb und außerhalb der Gefängnisse

Mindestlohn für gefangene Beschäftigte und ALG II-Satz für unverschuldet unbeschäftigte Gefangene

Gleichwertige Einbeziehung in die Sozialsysteme, insbeson- dere die Rentenversicherung

Ein Ende der Arbeitspflicht im Justizvollzug

Unterstützen auch sie/du mit ihrer/deiner Unterschrift die Auseinandersetzung der inhaftierten Kolleg_innen.