Mindestlohn und Thüringen

Kommentar der FAU Erfurt/Jena zum Mindestlohn

Am 16. August 2014 ist das Mindestlohngesetz (MiLoG) in Kraft getreten. Danach gilt seit dem 01. Januar 2015 ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn. Die Allgemeinheit dieses Gesetz wird durch zahlreiche Ausnahmen (in §22 des Gesetz) wie etwa für Arbeitnehmer*innen unter 18 Jahren, studentische und schulische Pflichtpraktika, Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten sowie durch Tarifverträge bis 2017 aufgeweicht. Trotz dieser zahlreichen Nicht-Anspruchsberechtigten ist in Thüringen jeder fünfte Beschäftigte vom Mindestlohngesetz betroffen – 270.000 Menschen insgesamt. Ein dramatischer Zustand und eine düstere Perspektive – denn die 8,50 Euro Mindestlohn schützen nicht vor Altersarmut. Schon 2011 ergab eine Anfrage im Bundestag, dass mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von gut 10 Euro bei 45 Beitragsjahren gerade so die Grundsicherung im Alter erreicht wird.

Auch wenn 8,50 Euro weiterhin im Niedriglohnbereich liegen, wird mit etlichen Tricks versucht, noch diesen Anspruch zu umgehen. Von unbezahlten Überstunden, Anrechnung von Zuschlägen, Scheinselbständigkeit bis hin zu Normerhöhungen reicht die Palette. Hinzu kommt das Beklagen von Arbeitgeberseite über die mit den Mindestlohngesetz verbundene Dokumentationspflicht der Arbeitsstunden der Arbeiter*innen, weil dadurch die massiven Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz vor allem in Brancen wie der Gastronomie erstmals deutlich sichtbar werden.

Unsere Lohnspiegel für Jena und Erfurt haben letztes Jahr gezeigt, dass sich etliche Arbeitgeber schon damals nicht an gesetzliche Regelungen hielten. Die in diesem Bereich fast universelle Vorenthaltung, von bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, stellen eine Umgehung des Mindestlohn dar. Gesetze bleiben zahnlose Papiertiger, sofern die dadurch gewährten Rechte nicht offensiv eingefordert werden und jene Einforderung stellt erst den Beginn einer gewerkschaftlichen Tätigkeit dar. Letztlich geht es darum sich auch mit den Lohnsätzen, welche uns der Staat gewährt nicht zufrieden zu geben - denn auch sie sind bloßer Hohn.
Kommt zu uns in die Sprechstunde und prüft mit uns was für rechtliche Ansprüche euch vorenthalten werden und wie wir gemeinsam noch mehr rausholen können.