Erster Redbeitrag der Freien ArbeiterInnen Union Süd-Thüringen (FAUST) zur Antifa Veranstaltung:

Im Rahmen einer antifaschistischen Kampagne der „Alternativen Jugend Südthüringen“ (AJSTH) fand auch eine Kundgebung in Meiningen statt. Auch die Freie ArbeiterInnen Union Süd-Thüringen konnte einen Beitrag zur sozialen Heuchelei von Nazis beisteuern.

Wegen sehr schlechtem Wetter besuchten nur ca. 30 TeilnehmerInnen. die Veranstaltung. Nebenbei wurde die ganze Kundgebung von einigen „Autonomen NationalistenInnen“ beobachtet. Dass diese Wortspinnerei (dieses lokale Grüppchen hilft gern mal beim Aufbau eines NPD-Standes) genauso wie nationaler Sozialismus, sowohl in der Praxis als auch in der Theorie, ein Paradox darstellt, soll unser Beitrag zur Kundgebung beleuchten:

National statt Global ist ein Motto der NPD-Kampagne Antikap, in der sie im autarken Staat eine Alternative zur globalen Marktwirtschaft sieht. Auch fordert die Partei den so genannten nationalen Sozialismus. Doch diesen Widerspruch soll der folgende Redebeitrag entlarven.

Wie schon in einem Beitrag [vorher von der AJSTH] zu Nationalismus angesprochen, bedeutet national immer Ausgrenzung von Menschen anderer Herkunft.
Nicht selten sind dann Flüchtlinge betroffen, die wegen schlechten Lebensbedingungen in ihren Ländern, auf ein besseres Leben hier hoffen. Dass diese Zustände wie Bürgerkriege, Ausbeutung, Umweltzerstörung und vieles mehr durch das Handeln von multinationalen Konzernen und Staaten aus der so genannten westlichen Welt, inklusive Deutschland, verschuldet sind, sollte eigentlich klar sein. Wie kann dann eine Partei, die diese Menschen am liebsten nach Hause schicken will, nur den noch so geringsten Anspruch auf eine soziale (Synonym zu hilfsbereite) Fassade erheben. Leider denkt nicht nur die NPD, dass der Fremdarbeiter Schuld an den Missständen wie Arbeitslosigkeit sei, sondern auch über die Hälfte der Thüringer und Thüringerinnen. Dies ist besonderes opportun, da Thüringen, das Land ist, aus dem die meisten Leute in anderen Bundesländern arbeiten.
Diese Sündenbockideologie hat zur Folge, dass sich sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen in mehrere Lager aufspalten wie bspw. in deutsche Arbeitslose und in Asylsuchende. Anstatt gemeinsam gegen das kapitalistische Herrschaftssystem zu kämpfen und sich zusammen für ein besseres Leben zu engagieren, behauptet so mancher, auch wenn nicht jeder, Hartz-IV-Empfänger wie etwa der Populist Heinz Roth aus Untermaßfeld entgegen aller Fakten, dass AsylbewerberInnen sozial besser gestellt werden.
Ähnliches ist auch beim Kampf um den Arbeitsplatz zu bemerken. Anstatt sich mit Lohnabhängigen in anderen Ländern zu solidarisieren und gemeinsam durch Streiks die Geschäftsführung von multinationalen Konzernen unter Druck zu setzen, sehen doch viele ArbeitnehmerInnen und auch die meisten Gewerkschaften wie der DGB nur die direkten Arbeitsplätze in Gefahr. Diese national beschränkte Standortlogik ist Grund dafür, dass nicht genug Drohpotential für soziale Verbesserungen da ist.
Wie können Organisationen wie die NPD ernsthaft glauben, dass Missstände nur aus einem Land alleine verschwinden würden?
Diese wirklichkeitsferne Vorstellung scheitert schon daran, dass die kapitalistische Globalisierung nur mit den Grenzen der Nationalstaaten funktioniert. Denn viele Großunternehmen wandern natürlich dahin ab, wo sie die höchsten Gewinne zu erwarten haben und das ist meistens dort, wo die Arbeitsbedingungen am menschenunwürdigsten sind. Also da, wo der Mindestlohn niedriger ist als das Existenzminimum oder es gar keinen Mindestlohn gibt oder Kinderarbeit zulässig ist und Menschen doppelt so lange arbeiten müssen wie in Deutschland oder Gewerkschaften verboten sind wie bspw. in China. Wenn also grenzenlos überall die gleichen Arbeits- und Lebensbedingungen bestehen würden, so wäre den meisten Abwanderungen die ökonomische Grundlage entzogen.

Abgesehen von dem internationalen Aspekt, lässt sich auch an Hand der Geschichte des Nationalsozialismus sehen, wie es um die sozialen Werte bestellt ist.
Ein historischer Blick auf die ideologische Vorgängerin der NPD zeigt, wie plump Neonazis mit ihrem antiamerikanischen Gehabe auftreten, welches schon bei einigen Linken aufgrund des verkürzten Feindbildes zu kritisieren ist. Denn sogar nach dem Kriegseintritt der USA 1941 wurde die NSDAP von dem amerikanischen Automobilkonzerngründer Henry Ford mit Material unterstützt. Auch ist bekannt, widersprüchlich zu dem pseudo-antikapitalistischen Standpunkt moderner Nazis, dass deutsche Großunternehmen wie Thyssen der NSDAP Spenden zu kommen ließen und die Industrielleneingabe von 1932, die Reichspräsident Paul von Hindenburg aufforderte, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Zwar tragen diese und weitere marktwirtschaftliche Elemente eine nicht zu unterschätzende Mitverantwortung an den Verbrechen der Nazis, doch darf nie vergessen werden, dass diese von großen Teilen der Bevölkerung akzeptiert und gewählt wurden.
Was sich viele Lohnabhängige mit dieser Wahl antaten, bekamen sie schon ab 1933 zu spüren. Denn durch die Gleichschaltung und dem damit verbunden Verbot von unabhängigen Gewerkschaften, konnte die Ausbeutung durch die ach so sozialistischen Nationalisten ihren Lauf nehmen. Wie es ist, wenn gewerkschaftliche Strukturen fehlen, können wir in China sehen, wo Menschen unter brutalsten Bedingungen teilweise über 100 Stunden in der Woche produzieren müssen. In der NS-Zeit jedenfalls sanken die Reallöhne auf den Stand der Wirtschaftskrise Ende der 20er Jahre. Gleichzeitig stiegen die Arbeitszeiten, sodass es der Masse der Bevölkerung gar nicht so gut ging. Doch viele sehen heute bei diesem Thema meist nur den Abbau von Arbeitslosigkeit, ohne dabei auf die Idee zu kommen, dass diese Statistiken damals noch mehr als heute frisiert wurden. Einmal abgesehen davon, was nützen denn viele Arbeitsplätze alleine? Sollte eine Gesellschaft nicht eher daran gemessen werden, wie gut es den Menschen geht? Also in diesem Fall weniger Arbeitszeit und höhere Reallöhne für alle anstatt einem Arbeitsethos, wie er durch den von den Nazis eingeführten „Tag der Arbeit“ symbolisiert wird.
Dieses anerzogene Pflichtbewusstsein gepaart mit einem einzigartigen Arbeitswahn kann als eine der vielen Ursachen gesehen werden, welche zur industriellen Massenvernichtung führten. In der Psyche von Rudolf Höß [nicht zu verwechseln mit Rudolf Hess] muss wohl zu seiner Zeit als Lagerkommandant in Auschwitz eine Frage die wichtigste Hauptrolle gespielt haben: „Wie bringe ich am schnellsten und saubersten möglichst viele Menschen um und erledige so meine Arbeit“?
Die Vorstellung ist für mich unbegreiflich, wie jemand, Menschen durch Vergasung so perfekt geplant vernichten kann, die Haare als Rohstoff für Matten an das restliche deutsche Volk verkaufen und die Asche nach Verbrennen als Dünger nutzen kann. Dies zeigt mir, dass sich ein Nebeneffekt des Holocaust als eine einzigartige Perversion des Kapitalismus offenbart. Somit haben die Nazis ein System erschaffen, indem Menschen auf unwürdigste Art und Weise im industriellen Still physisch verwertet wurden.

Letztendlich lässt sich ganz eindeutig sagen, dass Nationalsozialismus in sich schon ein Paradox darstellt, besser würde nationaler Staatskapitalismus passen. Genauso wie realer Sozialismus nur frei und demokratisch im Gegensatz zum so genannten real existierenden Sozialismus existieren kann, muss er für alle Menschen und nicht nur für eine kleine Gruppe von scheinbar auserwählten vorhanden sein. Ebenfalls widerspricht Sozialdarwinismus, welcher das Recht des angeblich Stärkeren statt der Fürsorge gegenüber sozial Schwächeren die nicht zu der herbei halluzinierten Volksgemeinschaft passen, jeglicher sozialistischen Gesellschaftsauffassung.
Nationalismus und Rassismus helfen den Status Quo aufrecht zu erhalten durch die Spaltung der Menschen, deswegen für internationale Solidarität, für ein interkulturelles Zusammenleben und für den Kampf zur Abschaffung nationaler Grenzen.

Mephisto von der Freien ArbeiterInnen Union Süd-Thüringen (FAUST)