Aufruf zum europaweiten Aktionstag am Samstag den 31. März 2012

Athen - Mailand - Madrid - Paris - Frankfurt... Die Krise heißt Kapitalismus!

Griechenland steht vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch und weitere Länder werden folgen. Die sogenannten Finanzhilfen durch die Regierungschefs, EU, EZB und IWF ändern nichts daran, sie dienen nur dazu, die Kredite der europäischen Banken und die Absatzmärkte der Konzerne abzusichern.

Griechenland, Spanien, Italien und Portugal werden, nachdem sie u.a. wegen der deutschen Niedriglohnpolitik kaputt konkurriert wurden, nun von der EU-Kommission, sowie den führenden EU-Staaten Deutschland und Frankreich, immer brutalere Sparpakete zur Bedingung weiterer Kredite gemacht. "Gerettet" werden damit aber nicht die Menschen in diesen Ländern, sie sind im Kapitalismus sowieso nicht "systemrelevant". Gerettet werden sollen die Absatzmärkte der Industrien, die Investitionen deutscher und französischer Banken und die Position der jeweiligen Eliten. Denn die kapitalistische Form der Reichtumsproduktion soll nicht angetastet werden.

Die unterentwickelten Klassenkämpfe in Deutschland sind dabei eine wesentliche Ursache für den Produktionsvorteil des deutschen Kapitals und dessen Exportüberschüsse - nicht nur europaweit. Innerhalb der kapitalistischen Staatenkonkurrenz ist die unterschiedliche Produktivität das entscheidende Kriterium, um sich behaupten zu können. Der "nationale Burgfrieden" zwischen großen Teilen der etablierten Gewerkschaften und dem Kapital hier verstärkt so die Europa-Krise und fällt den sozialen Bewegungen und den kämpferischen Basisgewerkschaften in den übrigen Ländern in den Rücken. Die aktuelle Krise ist insofern die logische Konsequenz des von europäischen PolitikerInnen seit Jahren verfolgten Zieles, die "EU zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen" (Lissabon Strategie).

Die nicht zuletzt von Deutschland durchgesetzte Krisenpolitik, versucht in diesem Sinne mit aufgezwungenen Spardiktaten, durch die breite Bevölkerungsschichten ins Elend gestoßen werden, ein Scheitern des Euro abzuwenden. Die propagandistisch bemühte "Konsolidierung des Haushalts" in Athen (und anderswo), durch diese Art des Klassenkampfes von oben zu erreichen, ist jedoch illusionär. Auch wenn den griechischen Staatsbediensteten über Jahrzehnte die Hälfte des Lohns gestrichen würde, könnte das Land unter den gegebenen Bedingungen weder seine Schulden, noch die dafür fälligen Zinsen jemals abtragen. Für eine weitere Spaltung der Lohnabhängigen in Europa sind die Spardiktate allerdings hilfreich.

Obwohl in mehreren EU-Ländern brutale Sparpakete beschlossen oder angekündigt wurden, regte sich Widerstand bisher vor allem in Griechenland. Doch nicht nur dort begehren inzwischen breite Teile der Gesellschaft gegen Lohn- und Rentenkürzungen, Steuererhöhungen, Privatisierungen und die Zerschlagung erkämpfter sozialer Standards auf. Die Menschen wissen, dass die nationalen und internationalen Eliten vor haben, die Rechnung der Krise von den abhängig Beschäftigten und den schon jetzt gesellschaftlich Deklassierten bezahlen zu lassen.

In dieser Situation sprang im Frühling 2011 ziemlich überraschend der Ruf nach "Demokratie" von Nordafrika auf Europa über. Wenngleich die Einschätzungen über den politischen Gehalt der Bewegungen z.B. in Spanien und Griechenland weit auseinander gehen, ist doch klar, dass die bestehende Gesellschaftsordnung sich in einer zunehmenden Legitimationskrise befindet.

"(...) Die spontanen Platzbesetzungen der Bevölkerung machten die Krise noch intensiver. Sie verwandelte die Wirtschaftskrise innerhalb kürzester Zeit in eine politische und letztendlich in eine Staatskrise. Dem repräsentativen System als der Gesamtheit gesellschaftlicher Organisation, die alles durchdringt - den Bildungsbereich, den Öffentlichen Dienst, politische und gewerkschaftliche Aktivitäten usw. - wurde ein tödlicher Stoß versetzt. Die Menschen auf den besetzten Plätzen forderten direkte Demokratie, Gleichberechtigung, Solidarität und Würde. (...) Der Bruch ist vollzogen."
(Aus dem Aufruf zum Kongress der Direkten Demokratie im September 2011 in Thessaloniki)

Doch selbst wenn der Bruch tatsächlich vollzogen sein sollte, dürfte klar sein, dass es den Demokratiebewegungen und den sozialen Kämpfen in Südeuropa niemals isoliert gelingen wird, sich von der Knute des Kapitalismus zu befreien. Dafür braucht es jetzt eine starke internationale Bewegung, deren verschiedene Kämpfe sich auf einander beziehen und gegenseitig unterstützen. Wichtige Schritte in diese Richtung macht die aktuelle Mobilisierung der föderalistischen Gewerkschaften CNT-AIT, CGT, Coordinadora Sindical de Clase, SO, CO.BAS Confederacio´n Intersindical und breiter sozialer Bewegungen in Spanien. Dort wird versucht auf der gemeinsamen Grundlage von "Klasse und Aktion" Generalstreiks gegen die Kürzungen, gegen die von der Regierung und der EU verordneten Verluste sozialer Rechte vorzubereiten und der Politik der Sozialpartnerschaft, des Standortmanagements und der Demobilisierung durch die etablierten Gewerkschaften eine Absage erteilen.

Klasse gegen Klasse.

In diesem Sinn rufen wir zu einem europäischen Aktionstag am Samstag den 31. März 2012 auf.

7. Oktober 2011

FAU-Frankfurt
Gewerkschaft für alle Berufe
Mühlgasse 13
60486 Frankfurt a.M.