Staatsbankrott in Griechenland - deutsche Steuern für griechische Frührentner?

Über das Sparprogramm, Streiks und Widerstand, die anarchistische Bewegung, bewaffnete Gruppen und die politischen Entwicklungen und Perspektiven berichtet Ralf Dreis, langjähriger Griechenlandkorrespondent für diverse linke und anarchistische Zeitungen. Er arbeitet als Griechisch-Übersetzer, pendelt zwischen Deutschland und Griechenland und ist Mitglied der FAU-Frankfurt.

Montag, 10. Mai im Café Exzess, Leipziger Straße 91, ab 19.30 Uhr

Die Ermordung des 15-jährigen Schülers Aléxandros Grigorópoulos durch Polizeibeamte in Athen, hatte im Dezember 2008 zu einem beispiellosen sozialen Aufstand in Griechenland geführt. Heute, anderthalb Jahre danach, hat sich die Lage auf den verschiedensten Ebenen dramatisch zugespitzt. Klandestine Organisationen, die 2009 verstärkt die Aufnahme des bewaffneten Kampfes propagierten, sind durch Verhaftungen im März/April 2010 in der Defensive.

Der Athener Szenestadtteil Exárchia befindet sich faktisch unter Polizeibesatzung, Anschläge faschistischer/parastaatlicher Gruppen auf MigrantInnen, besetzte Häuser, anarchistische Treffpunkte haben erschreckende Dimensionen erreicht. Das Land ist politisch gespalten und befindet sich am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds.

„Die Griechen“, so das in den bürgerlichen Medien der BRD vermittelte Bild, sind korrupt und faul, haben jahrzehntelang über ihre Verhältnisse gelebt, um danach ausgeruht mit 50 in Frührente zu gehen. In Erwartung rettender deutscher Steuergelder, besitzen sie jetzt die Frechheit gegen dringend gebotene Lohnkürzungen zu streiken.

Das ressentimentgeladene Rauschen im deutschen Blätterwald ist die Begleitmusik zur knallharten Durchsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes in der Europäischen Union. In der Wirtschafts- und Finanzpolitik steht das Griechenland seit Anfang des Jahres quasi unter Zwangsverwaltung. In der EU-Kommission geht die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone um. Nicht nur die griechische Schuldenkrise gefährdet die Stabilität der Gemeinschaftswährung, sondern der als Domino-Effekt befürchtete Bankrott in weiteren Mitgliedstaaten. Nach monatelangem Gezerre beantragt die griechische Regierung Ende April offiziell milliardenschwere Finanzhilfen von EU und IWF. Nach der Zusage der Durchführung „schmerzhafter Reformen“ wird die „Hilfe“ bewilligt.

Das Schuldendefizit soll durch weiteren Sozialabbau, Lohn-, und Rentenkürzungen gedrückt werden. Nach der Verabschiedung eines radikalen Sparpakets Anfang März, sollen nun zusätzliche Einschnitte folgen.
Die Besetzungen, Streiks und Demonstrationen gehen weiter.

Veranstaltung mit Ralf Dreis