der Sozialismus ist eine Frage der Kultur

Deshalb hier ein paar Gedichte zum Thema ARBEIT, anlässlich des 03.01.2005
"Agenturschluss"

Der Fluch der Arbeit - von John Henry Mackay; aus "Sturm - Gedichte"

Der Segen der Arbeit?... Er heißt uns Vergessen,
Und unsere verkauften Tage durchmessn
Von seinem Joche wir wund gedrückt.
Und naht dann der Abend, dann sind wir zufrieden:
Wir verdienten uns Freude, die uns nicht beschieden,
Bevor wir den Nacken nicht tief gebückt.

Armseliger Wahnsinn verblendeter Toren!
Zur Freude bist du und bin ich erkoren
Durch ein Leben allein hast du sie verdient.
Nur um leere, um kleinliche Tage zu kürzen,
Mit dem Trugbild von Pflicht sein Denken zu würzen,
Hat sich mit Phrasen dein Geist umschient.

Und unermessen ballt sich zusammen
Ein Chaos von Arbeit und droht zu verrammen
Für immer, für immer der Freude Tor!
Der Segen der Arbeit? - Ja, in ihrem Segen
Als Schatten liegt er auf all unsern Wegen
- Fast der Schimmer der Freude sich schon verlor!

Gbückte Nacken gilt es zu beben,
In tote Adern zu gießen ein Leben,
Das Freude, freude, Freude nur kennt;
Den Staub zu waschen von grauen Stirnen,
Den Staub zu wehn aus vertrockneten Hirnen,
Ein Licht zu entzünden, dass heiter brennt.

Das Licht der vernunft, das - vorbei an den Worten
Des, Wahnes züngelnd - die ehernen Pforten
Der Zukunft mitleidlos offen stößt;
Wir wallen hinein in die leuchtenden Hallen,
Ein Taumel der Freude hat uns befallen,
Und vom Bann der Vergangenheit sind wir erlöst!

O Fluch der Arbeit: die opfern vergebens
Wir Glück und Genuss und Freude des Lebens,
Zu tief sind in Wahnsinn und Nacht wir' getaucht!
Wann kommen nach Arbeit, nach Leid und nach Klage,
Nach Pflicht und nach Kümmernissen die Tage,
Wo die Menscheiht Nichts mehr zu vergessen braucht?!


Produktion - von Erich Mühsam; aus "Sammlung"

Denk ich zurück an meine frühsten Wochen:
Ich sog an hochgeblähten Ammenbrüsten,
von guten Tanten liebevoll berochen,
die zahnlos schnalzend den Popo mir küßten.
Doch waas ich dann in stiller Reflexion
in meiner Wiege Windeltuch verrichtet,
mich mühsam reckend mit gestrafften Beinen,
das ward - des Kindes ganze Produktion -
in Seifenzubern und an Wäscheleinen
hinweggespült, getrocknet und vernichtet...

Das Kind ward groß. - Das Unglück wollt's: es dichtet:
Nun stehn um mich die Hinzen und die Kunzen
und fühlen zum Bewundern sich verpflichtet, -
und warten: wird der Pegasus nicht brunzen?
Doch was sich dann in stiller Reflexion
herausgequält und aufs Papier ergossen,
das lassen sie in hohlen Schädelfässern
verschmalzen, dann vertrocknen und verwässern, -
und meinen dabei: So wird Kunst genossen. - -
Mensch, hüte dich vor jeder Produktion!


Was auch geschieht! - von Erich Kästner; aus "Kennst du das Land wo die
Kanonen Blühn?"

Was auch immer geschieht:
Nie dürft ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht,
auch noch zu trinken!


Gegenwartsmusik - von Erich Fried; aus "Am Rande unserer Lebenszeit"

Also weiterhin: Grenzschutz
für die schweigende Mehrheit

Chemische Keule
für störende Minderheiten

Nachrüstuung der Polizei
für Ruhe und Ordnung

Abhöranlagen zum Schutz
der Informationsfreiheit

Viehwagen
füe die Ausreise von Asylanten

Salzbergwerke und Särge
für Endlagerungen

Und alle hundert Meter
ein Wachturm für das Wachstum?


Völlig veraltete Klassenkampftheorie - von Erich Fried; aus "Am Rande
unserer Lebenszeit"

Was den Armen zu wünschen wäre
für eine bessere Zukunft?
Nur daß sie alle
im Kampf gegen die Reichen
so unbeirrbar sein sollen
so findig
und so beständig
wie die Reichen im Kampf
gegen die Armen sind