Buenos Aires: Arbeitskampf bei “Gestamp”

FORA-IAA

Die “Widerstandsgesellschaft” aus Zona Norte in Gran Buenos Aires, die Mitglied der argentinischen FORA-IAA ist, berichtet über den Kampf der Arbeiter/innen beim Autoteile-Hersteller Gestamp, den sie von Anfang an unterstützt hat.

Dabei geht es um 69 Entlassungen, die von dem Unternehmen mit Hilfe der Gewerkschaft SMATA vorgenommen wurden, die mit der Regierung und dem Arbeitgeber unter einer Decke steckt. Mit diesem Bericht soll über ihre Situation informiert werden.

Der Kampf der Metallarbeiter/innen im Werk Gestamp Baires-Escobar findet schon seit April 2014 innerhalb und außerhalb der Fabrik statt. Alles begann mit der einmonatigen Freistellung von Arbeiter/innen, welche in Opposition zur Leitung der eigennützigen Gewerkschaft SMATA stehen.

Diese behaupte, dass sie nicht endgültig freigestellt würden, da es sich angeblich um eine rotierende Maßnahme handele, wodurch die Betroffenen nicht isoliert würden. Sie bekämen zwar nur 75% des Lohnes als Entschädigung, aber würden alle gleich behandelt.

Am 5. Mai gingen die Arbeiter/innen nach einem Monat Freistellung wieder zur Fabrik und aufgrund eines Fehlers in der Lohnbuchhaltung der Firma konnten sie problemlos hinein gelangen. Sie gingen an ihre Arbeitsplätze, aber der Werkschutz kam zu ihnen und forderte sie auf wieder zu gehen, da sie auch weiterhin freigestellt seien.

Die Genoss/innen folgten jedoch dieser Anweisung nicht und beschlossen, den ganzen Tag in der Fabrik zu bleiben. Die Firma rief die Arbeiter/innen der Nachmittagsschicht an und warnte sie, sie bräuchten nicht zur Arbeit zu erscheinen - offensichtlich in der Absicht, die kämpfenden Genoss/innen zu isolieren.

In der Nacht passierte Folgendes: Die freigestellten Arbeiter/innen verblieben in der Fabrik und forderten eine Rückkehr zur Arbeit. Sie blockierten die inneren Türen und ein Teil der nicht freigestellten Arbeiter/innen wandte sich an die Gewerkschaft SMATA, damit sie sich der Sache annimmt. Gleichzeitig wurde zu einer Belegschaftsversammlung aufgerufen, damit alle gemeinsam diesen Angriff auf die Freigestellten abwehren können.

Die Vertreter/innen der arbeitgeberfreundlichen Gewerkschaft SMATA in Zona Norte, in großem Maße beeinflusst von der Ideologie der peronistischen Diktatur, waren in einem der Fabrikgebäude anwesend. Nach falscher Einschätzung der Lage versuchten sie unbedarft wieder die Fabrik zu verlassen und sich damit von all den kämpfenden Arbeiter/innen abzuwenden. Doch der Versuch der Delegation das Gelände zu verlassen scheiterte, denn die Genoss/innen stellten sich spontan vor deren Autos auf und forderten zumindest weitere Gespräche ein.

Doch diese Verräter/innen flüchteten wie die Ratten zurück in die Fabrik, antworteten ausweichend und wollten nur über freien Abzug verhandeln. Da sie von denen keine konkreten Antworten bekamen, beschlossen die Arbeiter/innen weiterhin die inneren Türen des Gebäudes zu versperren und am folgenden Tag auch die Fernstraße Panamerikana zu blockieren.

Nachdem sie die Panamerikana mit Unterstützung von einigen linken Organisationen und internen Kommissionen der Fabrik blockiert hatten, konnten sie aber die Besetzung der Fabrik nicht aufrecht erhalten. Denn während sie die Straße abgesperrt hatten, war die Polizei gekommen und hatte das gesamte Gelände von Innen abgeriegelt. Seit diesem Tag und bis heute befindet sich eine Polizeieinheit in der Autoteile-Fabrik.

Als die nicht freigestellten Arbeiter/innen die Fabrik betreten wollten, mussten sie feststellen, dass viele von ihnen entlassen worden waren, weil sie an den Protesten in der Nacht zuvor teilgenommen hatten. Es wurden zwar viele der Freigestellten entlassen, aber auch solche, die krank geschrieben waren, insgesamt wurden 69 Leute gefeuert. Noch in der selben Nacht beschlossen die Arbeiter/innen vor dem Werk ein Protestcamp an einer der Ausfahrten für Lastwagen zu errichten, das nicht von der Polizei abgesperrt war.

Der Arbeitgeber passte daraufhin sein Personal den neuen Bedingungen an: Er schickte Arbeiter/innen aus einem anderen Werk, um die Entlassenen zu ersetzen, während die Polizei alles beobachtete, um jede Versammlung zu verhindern. Die Benutzung von Handys oder ein Treffen von mehr als drei Leuten wurde verboten, ebenso jede Aktivität, die nicht direkt mit der Produktion zu tun hat.

Damit wurde versucht zwischen den weiterhin Arbeitenden Angst zu verbreiten. Gleichzeitig wurde klargemacht, dass alle, die sich dem Protestcamp nähern, sofort gekündigt werden. Im Laufe der Tage konnten aber einige Arbeiter/innen ihre Angst überwinden und kamen zum Camp, um die Entlassenen zu grüßen und ihnen Spenden für das Protestcamp zu bringen.

Das Camp blieb dort für drei Wochen und es konnten noch mehrmals Straßenblockaden durchgeführt werden. Dabei wurde gegenüber den Massenmedien und dem Arbeitsministerium deutlich gemacht, dass sie die Entlassungen, die Freistellungen und die Militarisierung der Fabrik ablehnen. Die Massenmedien berichteten, wie sie es gewohnt sind, nur von dem Verkehrschaos und den Staus, die die Straßenblockaden verursacht haben, ohne auf die Forderungen der Belegschaft einzugehen.

Es wurde dabei auch klar, dass das Arbeitsministerium der Provinz Buenos Aires mit dem Arbeitgeber und der rechts-peronistischen Gewerkschaft SMATA gemeinsame Sache macht. Denn nur mit denen wurden Treffen vereinbart und es wurde der Lüge des Arbeitgebers geglaubt, dass es sich nur um Einzelfälle handele. SMATA hingegen verbreitete durch die Delegierten der unter ihrer Kontrolle befindlichen Fabriken die Lüge, dass der Konflikt von Linken provoziert gewesen sei. Und dass hinter den Protesten zwar Parteimitglieder stehen würden, aber keine entlassenen Arbeiter/innen.

Als die Entlassenen den Arbeitskampf ausbreiten wollten und vor dem Tor eines benachbarten Volkswagen-Werkes eine Solidaritätsaktion starteten, kam eine bewaffnete Bande von etwa 70 Schlägern von der Metallgewerkschaft, die die Entlassenen bedrohten und verprügeln wollten, obwohl diese sich mit ihnen solidarisieren wollten. Das alles geschah vor den Augen der Arbeiter/innen, die das Volkswagenwerk verließen und die Zeugen der Gewalt von SMATA wurden, welche Zurückweisung und Ablehnung hervorrief.

Doch die Zeit verging und es machte den Protestierenden zunehmend zu schaffen, dass keine Zusage auf Wiedereinstellung in Sicht war. Also beschlossen sie den Arbeitskampf zurück in die Fabrik zu tragen. Diese direkte Aktion wurde auf der Versammlung beschlossen und sie wurde geheim gehalten, damit es keine Gegenmaßnahmen oder Eingriffe der Polizei gebe.

Neun der Entlassenen gingen also wieder in die Fabrik und besetzten einen Brückenkran für die Dauer von 106 Stunden, um mit diesem Protest ihre Wiedereinstellung durchzusetzen. Die Maßnahme zeigte Wirkung, denn sie beschäftigte die höchsten Vorgesetzten des Unternehmens, sowie das Arbeitsministerium und das Innenministerium des Landes.

Die Genoss/innen haben mit Klauen und Zähnen gegen die Kälte in der Fabrik angekämpft, ebenso wie gegen die Drohungen der Polizei. Währenddessen hatten soziale und politische Organisationen das Werk umstellt, um die Arbeiter/innen zu verteidigen und zu unterstützen. Doch schließlich wurde ihnen eine verpflichtende Güteverhandlung aufgezwungen, weshalb die Genoss/innen dann den Brückenkran verließen.

Von Anfang an war die FORA-IAA auf der Seite der Genoss/innen und die “Widerstandsgesellschaften verschiedener Berufe” (SROV) aus Zona Norte und San Martin haben aktiv teilgenommen, um zu zeigen, dass kein partielles Interesse sie antreibt, sondern die Solidarität zwischen Arbeiter/innen.

Momentan geht der Arbeitskampf weiter und die Lage hat sich verschlimmert seitdem die Firma mit Genehmigung der Gewerkschaft SMATA an den ersten zwei Tagen der verpflichtenden Güteverhandlung unter Ausreden nicht teilgenommen hat. Diese werden nun rechtlich nicht anerkannt. Am dritten Verhandlungstag wollten dann verschiedene linke Parteien dem Arbeitskampf ihren Stempel aufdrücken, indem sie die Versammlungen in den Dreck zogen, auf denen beschlossen worden war, dass die Parteien nicht mit ihren Fahnen erscheinen sollen. Das führte dazu, dass weniger Leute an den Mobilisierungen und Treffen teilgenommen haben.

Gestamp und SMATA haben kein Interesse an Arbeiter/innen, die beabsichtigen einen Wandel in der Gewerkschaft zu bewirken. Daher wurden sie aufgefordert, Solidaritätsaktionen für die Entlassenen der Firma Gestamp durchzuführen, wie Briefe, Faxe, E-Mails oder Aktionen, die ihre Ablehnung der Vorgänge ausdrücken. Außerdem wurde SMATA aufgefordert, sich mit den Arbeiter/innen dieses spanischen Konzerns in anderen Teilen der Welt in Verbindung setzen.

Denn es ist bekannt, dass es im September letzten Jahres ein Genosse der Gewerkschaft CNT-IAA im spanischen Aranjuez bei derselben Firma entlassen wurde. Außerdem wurde berichtet, dass es in der brasilianischen Stadt Gravatai ebenfalls Genoss/innen gibt, die wegen dieses Unternehmens und seiner Gewerkschaft SMATA unter einer sehr ähnlichen Situation leiden. Doch prompte und positive Reaktion lassen bisher auf sich warten.


Sociedad de Resistencia Oficios Varios Zona Norte
http://oficiosvarios-zonanorte.blogspot.de

Federación Obrera Regional Argentina (FORA-IAA)
http://fora-ait.com.ar

Internationale Arbeiter/innen-Assoziation (IAA)
http://www.iwa-ait.org


Übersetzung:
Allgemeines Syndikat Köln (FAU-IAA), http://allgemeinessyndiktkoeln.blogsport.de