Kundgebung in Berlin: Gegen Prekäre Arbeitsbedingungen in der Heinrich-Böll-Stiftung

Leiharbeit abschaffen!

Die Heinrich-Böll-Stiftung, die Parteistiftung der Grünen, beschäftigt seit Jahren Mitarbeiter_innen über Outsourcing-Firmen zu prekären Bedingungen. Nachdem sich jetzt Betroffene wehren, will die Geschäftsführung aber nicht etwa die miesen Beschäftigungsverhältnisse abschaffen, die so schlecht zu grünen Forderungen nach Partizipation und Mindestlohn passen wollen, sondern sie will sie anscheinend rechtlich absichern und die aufmüpfigen Kolleg_innen durch neue Leiharbeiter_innen ersetzen.

Wann?: 27.06.2013 von 18:30 bis 20:30
Wo?: Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8 (U6 Oranienburger Tor)

Seit Jahren wächst der prekäre Beschäftigungs­sektor in Deutschland. Durch atypische Beschäftigungs­­verhält­nisse werden dabei nicht nur Löhne gedrückt, sondern auch die Rechte von Lohn­abhängigen immer weiter einge­schränkt. Besonders augen­fällig ist dies im Bereich der Leih­arbeit: Binnen zehn Jahren hat sich die Zahl der Leih­arbei­ter_innen in Deutschland auf mittler­weile rund 900.000 verdreifacht. Leih­arbei­ter_innen erhalten im Mittel fast 50% weniger Lohn als ihre regulär ange­stellten Kolle­g_innen, sie haben oft extrem kurze Arbeits­verträge, Ansprüche auf Urlaub oder Mitsprache im Betrieb sind oft kaum durch­zusetzen. Die FAU fordert darum schon lange: Leih­arbeit abschaffen! Prekäre Arbeits­bedingungen gibt es aber nicht nur in profit­orientierten Wirtschafts­unternehmen, sondern derzeit auch bei der gemein­nützigen Partei­stiftung der Grünen: Wer bei der Heinrich-Böll-Stiftung im Bereich Technik, Empfang, Reinigung, Catering und Veranstal­tungs­umbau arbeitet, ist nämlich in der Regel über Outsourcing-Firmen zu prekären Bedingungen angestellt.

Lohndumping bei den Grünen

Die Kolleg_innen in diesem Bereich arbeiten offenbar durch­gängig zu schlechteren Bedingungen, als sie ihnen nach dem sonst bei der Stiftung üblichen Tarif­vertrag zustehen würden. Eine solche Beschäf­tigungs­praxis steht im klaren Wider­spruch zur Kritik der „grünen Ideen­agentur“ Heinrich-Böll-Stiftung an prekären Beschäf­tigungs­formen. Im aktuellen Wahl­kampf positioniert sich zudem die Partei Bündnis '90/Die Grünen deutlich gegen Lohn­dumping und fordert einen Mindest­lohn von mindestens 8,50 EUR – dieser Betrag wird jedoch seit Jahren von ihrer eigenen Partei­stiftung unter­boten. Die grüne Böll-Stiftung trägt damit zur Ausweitung des prekären Beschäf­tigungs­sektors bei, den Partei und Stiftung zur selben Zeit öffent­lich kritisieren.

Mitsprache? Fehlanzeige!

Durch die aktuelle Beschäf­tigungs­konstruktion werden den Kolle­g_innen zudem grund­legende demo­kratische Partizi­pations­rechte im Betrieb vorent­halten. So hat die Geschäfts­führung jüngst den über Outsourcing-Firmen ange­stellten Kolle­g_innen die Teil­nahme an einer Betriebs­versammlung in der Böll-Stiftung verwehrt, auf der es u. a. just um deren prekäre Arbeits­bedingungen ging. Und auch die FAU Berlin, die als einzige Gewerk­schaft der­zeit aktiv im Betrieb für bessere Bedingungen kämpft, wurde auf Druck der Geschäfts­führung nicht zu dieser Versamm­lung zugelassen. Gerade diese Einschränkungen von Grund­rechten und demokratischer Partizi­pation im Betrieb, die über das Outsourcing gerecht­fertigt werden, stehen in einem eklatanten Miss­verhältnis zur thematischen Arbeit in der Heinrich-Böll-Stiftung, wo erst in der letzten Woche etwa ein „großer Kongress zum demokratischen Aufbruch“ stattfand.

Dasselbe in Grün: Wenn die Belegschaft sich wehrt, wird sie eben ausgetauscht

Als wäre dieses Geflecht aus Widersprüch­lich­keiten und Doppel­moral nicht schon skandal­trächtig genug, so scheint die Geschäfts­führung nun noch einen drauf legen zu wollen: Nach uns vorliegenden Informa­tionen soll nach dem Aus­laufen bestehender Outsourcing-Verträge Ende Juli 2013 die derzeitige, rechtlich angreifbare Beschäftigungs­konstruktion lediglich durch rechtlich abgesicherte Leih­arbeit ersetzt werden. Anstatt ihre Haltung zu korrigieren und die Kolle­g_innen regulär zu beschäftigen, würden diese so durch andere Leih­arbei­ter_innen ersetzt. Auch ein Teil der aktiven Gewerk­schafter_innen würde damit aus dem Betrieb heraus­gedrängt. Sollte dieses Szenario Wirklich­keit werden, dann müsste sich die Heinrich-Böll-Stiftung endgültig in eine Reihe mit anderen offen gewerk­schafts­feindlichen Betrieben stellen lassen – Amazon lässt grüßen.

Es reicht: Reguläre Beschäftigung statt Prekarisierung!

Das wollen wir nicht akzeptieren! Wir rufen auf zu einer Kundgebung gegen prekäre Arbeits­bedingungen bei der Heinrich-Böll-Stiftung am Donnerstag, dem 27.06.2013, um 18.30 Uhr vor dem Hauptsitz der Stiftung in der Schuhmannstr. 8, 10117 Berlin. Wir bestehen darauf, dass die Böll-Stiftung zumindest ihren eigenen demokratischen Ansprüchen gerecht wird – keine kalten Kündigungen für Gewerkschaf­ter_innen! Wir nehmen die Grünen beim Wort, wenn sie Lohn­dumping und Prekarisierung kritisieren – für reguläre Beschäftigungs­verhältnisse für alle Kolle­g_innen im Betrieb! Wir wollen die weitere Prekarisierung in der Stiftung verhindern – keine Leih­arbeit in der Böll-Stiftung! Wir fordern hier wie überall: Leih­arbeit abschaffen!