Griechische Ärztegewerkschaft: Versuchter Mord an DemonstrantInnen

Am 11. Mai 2011 fiel in Athen eine Kommission der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ein, die überprüfen soll, ob der griechische Staat eine weitere Tranche von Hilfskrediten zur Verfügung gestellt bekommt. Voraussetzung dafür ist die Durchsetzung von Sparprogrammen, die hunderttausende von Arbeitslosen und massive Verelendung größerer Teile der Bevölkerung zur Folge haben werden. Gegen diese Programme fanden am gleichen Tag große Demonstrationen und Streiks überall im Land statt. Dabei gab es durch brutale Angriffe der Polizei Dutzende von Verletzten. Ein Demonstrant liegt in Athen auf der Intensivstation, nachdem ÄrztInnen zuvor vier Stunden lang u.a. eine schwere Schädelverletzung operiert hatten.

In der griechischen Hauptstadt griff die Polizei eine der Demonstrationen an und kesselte Teile von ihr ein. Augenzeugen berichten, dass die Polizei anschließend begann, die Eingekesselten gezielt mit Gas- und Blendschockgranaten zu beschießen und auf sie einzudreschen. In dieser Situation gab es dutzende von Verletzten, einige Quellen sprechen von bis zu 90 DemonstrantInnen, die ärtztlich behandelt werden mussten. Alleine in einem der beiden Krankenhäuser, in das verletzte DemonstrantInnen eingeliefert wurden, hatten nach Angaben von Beschäftigten von 20 PatientInnen die Hälfte Kopfverletzungen durch Schlagstöcke. Indymedia Athen berichtete, dass es u.a. deshalb so viele schwere Verletzungen gegeben habe, weil viele MAT-Polizisten ihre Schlagstöcke umgedreht hätten, um mit dem Metallknauf auf DemonstrantInnen einzuprügeln. Die griechische Zeitung «Athens News» veröffentlichte inzwischen ein Beweisfoto, das eine dieser mörderischen Attacken dokumentiert.



Zu den brutalen Angriffen auf DemonstrantInnen verfasste die Betriebsgruppe der Gewerkschaft „Assoziation der Ärzte Athens und Piräus“ (EINAP) im Nikea Hospital am 11. Mai 2011 folgende Erklärung:

„Heute wurden wir Zeugen der Barbarei der IWF-Regierung, die versucht, jeden gesunden Akt des Widerstandes gegen ihre - von griechischem und internationalenm Kapital erdachten und von deren lokalen Dienern umgesetzen - Pläne zu unterdrücken. In unser Krankenhaus wurden von Notarztwagen oder auf eigene Veranlassung dutzende verletzte DemonstrantInnen gebracht. Die meisten von ihnen hatten Knochenbrüche. Unter ihnen befand sich ein 30-jähriger Demonstrant, der in einem akut lebensbedrohlichen Zustand mit Sympthomen von Aniskorie und eines extraduralen Hämatoms eingeliefert wurde. Derzeit befindet er sich im Operationssaal und wird dort von KollegInnen operiert, die versuchen, sein Leben zu retten. Wir klagen diese Polizeibrutalität an und sind der Überzeugung, dass die griechische Regierung für diesen Mordversuch und für die Angriffe auf DemostrantInnen verantwortlich ist. Gewalt und Unterdrückung gegen die Bevölkerung werden ihnen nicht mehr lange weiterhelfen“.

Als Polizisten Verletzte auch im Krankenhaus noch drangsalierten oder zu verhören versuchten, blockierten ab dem frühen Abend mehr als 200 wütende FreundInnen und Angehörige das Krankenhaus und stellten so sicher, dass die Opfer der Polizeibrutalität wenigstens ungestört behandelt werden konnten.

Schon in den letzten Tagen hatte es viele Verletzte gegeben, nachdem Faschisten in Athen vor den Augen der untätigen Polizei gezielte Jagd auf MigrantInnen gemacht hatten und die Polizei anschließend versucht hatten, zwei besetzte Häuser anzugreifen, die sich als Schutzräume für die von den Nazis bedrohten Flüchtlinge zur Verfügung gestellt hatten. In der Vergangenheit hatte es in Griechenland wiederholt Fälle gegeben, in denen die Polizei und Nazigruppierungen Hand in Hand gearbeitet haben.

Für den heutigen und die kommenden Tage sind weitere Demonstrationen und Streiks gegen die Brutalität der Polizei, gegen die Regierung und gegen deren Verelendungsprogramme angekündigt.



Athen, 11. Mai 2011: MAT-Polizei bei der „Arbeit“