Drei Stimmen zum internationalen Frauenkampftag: CNT, FAU und NGWF

Jedes Jahr am 8. März begehen Gewerkschafterinnen weltweit auf verschiedene Art und Weise den internationalen Frauenkampftag: Aktivistinnen von der FAU/Nürnberg beteiligten sich an verschiedenen Aktionen eines breiten emanzipatorischen Bündnisses, die CNT-IAA veröffentlichte die Broschüre La Mujer en el s.XXI: Reivindicaciones, propuestas y experiencias desde un prisma libertario und die befreundeten Genossinnen von der National Garment Workers Federation (NGWF) in Bangladesh hatten zu einer Diskussionsrunde in die Stadt Dhaka eingeladen, an der sich neben verschiedenen Gästen auch der Minister für Gesetz, Justiz und parlamentarische Angelegenheiten Shafique Ahmed beteiligte.

Noch am Morgen sah Dhaka, die Hauptstadt von Bangladesh, eine farbenfrohen Demonstration mit großen „women-workers“ Transparenten von der NGWF. Auf dem Treffen danach, forderte ihr Generalsekretär Amirul Haque Amin den anwesenden Minister zur sofortigen Gleichstellung von Frauen im öffentlichen und privaten Sektor auf. Der Minister sagte den anwesenden Frauen zu, das öffentliche Recht auf sechs Monate bezahlten Urlaub während einer Schwangerschaft, auch in der Privatwirtschaft durchzusetzen. Außerdem versprach er mehr Kindertagesstätten in der Textilindustrie, sowie bessere medizinische Versorgung und den Bau neuer Schulen in den industriellen Zentren von Bangladesh.

Zu den weiteren wichtigen Gesprächsthemen der Runde zählte die Einrichtung eines Treuhänderfonds zur Versorgung arbeitsgeschädigter Arbeiterinnen oder deren Hinterbliebene. Seit der tragischen Katastrophe vom 5. April 2005, bei dem das Gebäude der Textilfabrik Spectrum/Shahriyar völlig kollabierte und 64 Menschen tot unter sich begrub, fordern verschiedene Organisationen die Einrichtung eines solchen Fonds, der von Fabrikbesitzern, auslagernden Unternehmen und dem Staat finanziert werden soll. In der Teeindustrie existiert solch ein Treuhänderfonds bereits; der Minister willigte dem zu.

Roy Romesh, der Generalsekretär der Gewerkschaft Jatiya Sramik Federation Bangladesh (JSFB), kritisierte die fundamentalistischen Bestrebungen, einen Generalstreik für die Gleichsetzung der Frau zu verhindern. „Die Arbeiterinnen werden einen Umzug mit Besen veranstalten und die fundamentalistischen Kräfte von der Straße kehren, wenn die Rechtsradikalen ihnen nicht mit ihren Verschwörungen gegen die gleichen Rechte für bengalischen Frauen aus dem Weg gehen“, sagte er. Minister Shafique Ahmed bat die Frauen noch, weiter leidenschaftlich für ihre Rechte zu kämpfen, ihre Anliegen aber bitte in disziplinierter Art und Weise vorzutragen.

In Spanien veröffentlichte die CNT-IAA zum Anlass des Tages der Arbeteiterinnn eine Broschüre mit dem Titel
Kapitel 1. Ikonoklast (orig.: Iconoclasta) von Ana Otero. Über die Jahre, Jahrzehnte und noch längeren Zeitperioden hinweg, kämpften und kämpfen Generationen von Frauen für den emanzipativen Fortschritt ihres Geschlechts.

Kapitel 2. Frauen und Krieg
(orig.:Las Mujeres y la Guerra) Prado Esteban. Militarismus, imperialer Feminismus und Biopolitik im 21. Jahrhundert. Die so genannten „emanzipativen Errungenschaften“ der letzten Jahrzehnte sind tatsächlich biopolitische Eingeständnisse an militärische Bedürfnisse. Die Aufnahme von Frauen in den kapitalistischen Arbeitsmarkt war eine unverzichtbare Bedingung für den Wachstum dieses Staates, der dadurch seine Steuereinnahmen verdoppeln konnte. Der krasse Unterschied zwischen der radikalen Frauenbewegung und dem institutionalisierten Feminismus liegt in der Ablehnung aller Mechanismen, in denen der Staat mit seiner Sozialgesetzgebung Frauen unterwirft, um sie dann politisch zu dominieren und für das Militär nutzbar zu machen.

Kapitel 3. 8. März: Arbeiterinnen Tag (orig.: 8 Marzo: Día de la Mujer Trabajadora) von Ana Sigüenza.Nach Jahrhunderten des Kampfes müssen sich Frauen immer noch gegen die ungerechte Verteilung des Reichtums wehren.

Kapitel 4. Eine kurze Geschichte der Geschichte (orig.: La pequeña historia de la Historia) von Ellison Moorehead. „Sag ihnen nie wie du denkst“, trug mir meine Mutter auf. Entschlossene Frauen machen Männern Angst. „Traurig, aber leider wahr“, sagte sie.

Kapitel 5:Gleich in der Krise! Gleich im Kampf! (orig.: ¡Iguales en la crisis!, ¡Iguales en la lucha!) vom Sekretariat für soziale Aktionen der CNT-IAA zum Arbeiterinnen Tag, 8. März.
Die Reform des Rentensystems ist das beste Beispiel für die bestehende Ungleichheit zwischen Mann und Frau. Deshalb ist es ein Ziel, das zerstört werden muss.

Kapitel 6. 8. März: Arbeiterinnen Tag (orig.: 8 de Marzo: Día de la Mujer Trabajadora) von CNT Córdoba. Arbeiterinnen einer Textilfabrik in New York demonstrierten für die Einführung des 8 Stunden Tags.

Kapitel 7. CNT und Anarchafeminismus (orig.: La CNT y el anarcofeminismo) von CNT Villaverde. Als arbeitende Frauen, die wir um die Würde unseres persönlichen, sozialen und unserer Arbeitssituation kämpfen, müssen wir Kräfte sammeln und uns gegenseitig im Kampf gegen den von Neoliberalismus geförderten Wettbewerb helfen. Für Frauen stellt sich das Arbeits- und das soziale Leben wie folgt dar: niedrigere Löhne, zeitlich begrenzte und prekäre Arbeit, häufige Kündigungen, abhängige Verwandte und häusliche Lasten, Arbeit, sexuelle und männlich-chauvinistische Belästigungen.

Eine dritte Stimme zum 8. März kommt aus Nürnberg, wo Frauen, genau wie in Dhaka, ihre Proteste auf die Straße brachten. Ein breites Bündnis aus antifaschistischen, antikapitalistischen Gruppen und Frauenprojekten (wie das Internationale Frauencafe, die Gruppe Feliara, das Internationale Frauen- und Mädchenzentrum oder Vertreterinnen der Stadtfrauenkonferenz zur Vorbereitung der Weltfrauenkonferenz in Venezuela) und der FAU/Nürnberg, rief zu einem Aktionstag am 8. und einer kämpferischen Demonstration am 10. März auf. Das im letzten Jahr gegründete „8. März Bündnis“ hat das Ziel einen gemeinsamen Ausdruck zu schaffen, um die Notwendigkeit des Frauenkampfs wieder hervorzuheben. So konnte jede Gruppe in den einzelnen Aktionen auf ihre Art und Weise ihre inhaltliche Arbeit präsentieren, gleichzeitig gab es jedoch auch einen gemeinsamen Ausdruck.

Unter dem Motto “100 Jahre internationaler Frauenkampftag gegen Gewalt, Sexismus und Patriarchat” beteiligten sich die verschiedenen Gruppen an einem Aktionstag in Nürnbergs überfüllter Innenstadt. Auf dem zentralen Platz vor der Lorenzkirche wurde durch Infostände, Agit Prop Aktionen, Ausstellungen und massenhafte Flyerverteilungen, die Wichtigkeit des 8. März als internationalem Frauenkampftag deutlich gemacht.
Über die Demonstration am 12. März geben die Veranstalterinnen den folgenden Bericht [2]:

Während dem Auftakt am Aufseßplatz wurde neben der Forderung nach Selbstbestimmung über den eigenen Körper, Kritik an der städtischen Sparpolitik geübt. Diese bevorzugt es in den letzten Jahren, besonders Frauen und Mädchenprojekten die finanziellen Mittel zu kürzen. Auch wurde sich deutliche gegen eine Popkultur, die sich hauptsächlich über sexistische, frauenfeindliche und diskriminierende Songtexte definiert, ausgesprochen. Eine ähnliche Problematik ist auch in anderen Medien und der Werbung zu beobachten. Insgesamt konnte klar gemacht werden, dass auch in „fortschrittlichen“ Ländern noch viel getan werden muss, um eine tatsächliche Gleichstellung und Gleichbehandlung zu erreichen.

Nach einem kurzen Weg der Demonstration vom Aufseßplatz zum Hauptbahnhof wurde auf der Zwischenkundgebung darauf aufmerksam gemacht, dass Homosexualität nach wie vor in großen Teilen der Bevölkerung ein Tabuthema ist und sogar eine neue Welle der Homophobie zu verzeichnen ist. Gefordert wurde die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen und ein ausbrechen aus patriarchalen Rollenbildern.
Frauen sind besonders stark von kapitalistischer Ausbeutung betroffen, denn viele müssen sich sowohl um die Reproduktionsarbeit, also Haushalt und Kindererziehung, als auch um die Erwerbsarbeit kümmern. Deshalb gilt es die Frage der Geschlechterverhältnisse nicht losgelöst von der grundsätzlichen kapitalistischen Beschaffenheit der Gesellschaft zu denken. Des weiteren waren sich alle einig, dass sowohl Patriarchat als auch Kapitalismus auf den Müllhaufen der Geschichte gehören. Besonders die Notwendigkeit einer internationalistischen Perspektive und Solidarität im Kampf der Frauen gegen Ausbeutung und Unterdrückung war eine zentrale Aussage der Demo.

Zum Abschluss an der Lorenzkirche wurde über die Wurzeln des 8.März, der seit nunmehr 100 Jahren begangen wird, informiert. 1910 rief die Kommunistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin dazu auf, jährlich einen internationalen Frauenkampftag durchzuführen. Seitdem gehen jedes Jahr Millionen von Frauen und Lesben weltweit auf die Straßen im Kampf gegen Gewalt, Sexismus und Patriarchat.

Während des Demonstrationszugs wurden interssierte Passantinnen vom Lautsprecherwagen immer wieder über den Hintergrund der Demo informiert. Es blieben häufig Menschen am Rande stehen, lauschten und informierten sich aus den massenhaft verteilten Flyern. Erfreulicherweise ließen sich diese nicht von der anfangs übermäßigen Polizeipräsenz verschrecken.

Trotz des Ignorieren der Aktionen durch die lokale Presse wurde erfolgreich für radikale feministische Politik in Nürnberg eingetreten und ein Anknüpfungspunkt für weitere politische Aktivitäten und ein stärkeres Bewusstsein geschaffen.

Frauen wehrt euch!
International gemeinsam kämpfen!
Für eine befreite Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung!

Anmerkungen

Quellen

Jeder Tag ist ein Frauenkampftag! in: Bündnis 8. März Homepage, 14.03.2011.
Mujer en el s.XXI: Reivindicaciones, propuestas y experiencias desde un prisma libertario. La in: CNT Homepage, 07.03.2011.
Presseerklärung der NGWF zu einem Treffen in Dhaka. in: FAU-Intern, 13.03.2011.

Fußnoten

[1] Mit freundlicher Unterstützung bei der spanischen Übersetzung von Henry.
[2] zitiert nach: Jeder Tag ist Frauenkampftag.