PolitikerInnen – bleibt zu Hause und kehrt nie mehr zurück!

In der aktuellen Ausgabe der Direkten Aktion erschien ein Artikel über den Konflikt zwischen MieterInnen in Warschau, der ZSP und der herrschenden Klasse mit dem Titel Gentryfikacji. Der hier nun folgende Artikel dokumentiert die aktuellen Entwicklungen in diesem Konflikt.

In einer beispiellosen Verletzung demokratischer Vorgehensweisen, weigerten sich die herrschende Partei und die Linke auf einer Stadtratssitzung zu erscheinen. Aktivisten der MieterInnenbewegung und der ZSP übernahmen daraufhin den Gemeindesaal und die ZSP verkündete, dass sie glücklich darüber wären, wenn die PolitikerInnen nie mehr zur Arbeit erscheinen. Beide Gruppen kündigten an, ordentlich Krach zu schlagen und Verfahren für die Abberufung der PolitikerInnen einzuleiten. Außerdem wird die ZSP versuchen eine soziale Bewegung gegen diese PolitikerInnen zu initiieren.

In einige Ortsbeiräte, die nicht von den Neoliberalen der herrschenden Partei regiert werden, gab es Versuche demokratische Prozesse zu sabotieren um mehr Kontrolle zu erlangen. In Praga, einem Stadtteil von Warschau, wo sich das Büro der ZSP befindet und in dem viele Aktionen ablaufen, bedeutet die Kontrolle des Ortsbeirats zugleich die Kontrolle über die Wohnungen dort und damit über den Gentrifikationsprozess.

Der Machtkampf streckt sich über Jahre hinweg. Durch einen völlig absurden Trick haben die herrschende PolitikerInnen dort, die ebenso Einfluss auf die Justiz besitzen, es geschafft, sämtliche Aktivitäten des Stadtrats seit 2006 für illegal erklären zu lassen. Damals unterbrach die Vorsitzende des Ortsbeirates die offizielle Sitzung um auf die Toilette zu gehen. Da sie es danach versäumte, die Sitzung erneut zu eröffnen, entschied ein Gericht, dass sämtliche Sitzungen von 2007 bis 2009 ungültig waren. Daraufhin mussten im Dezember 2009 sämtliche Entscheidungen der vergangenen Jahre erneut abgestimmt werden. Die ZSP und verschiedene MieterInnen mobilisierten damals zu Protesten um gegen diese Farce zu demonstrieren und Manipulationen bei den Neuabstimmungen zu verhindern.

Nach den Wahlen im November 2010 dachte sich die herrschende Partei, dass dieser Trick ja eigentlich recht praktisch sei und man ihn nochmal versuchen sollte. Während einer Versammlung bei der es um Postenzuweisungen ging, brach die neoliberale Ortsbeiratsvorsitzende die Versammlung ab, ohne sie danach offiziell wieder zu eröffnen. Da nun die Verteilung verschiedener Posten und Sitze in Kommissionen nicht innerhalb der von den Statuten vorgeschriebenen Frist erledigt worden war, hatte die Präsidenten das Recht, sämtliche Posten selbstständig zu verteilen. Das tat sie dann auch.

Am 14 Januar, erschienen die neuen Posteninhaber dann bei der Ortsbeiratssitzung. Verschiedene MieterInnen des Stadtteils und Angehörige der ZSP tauchten ebenfalls auf. Sie hatten eine Schubkarre dabei, um die PolitikerInnen rauszukarren und Unruhe zu stiften, da entschieden worden war Kommission für öffentliche Wohnungen einzurichten. Da für die Verteilung öffentlichen Wohnraums eine solche Kommission jedoch notwendig ist, kann niemand eine öffentliche Wohnung beziehen! Kurz gesagt, da die herrschende Partei sämtlichen öffentlichen Wohnraum privatisieren will, benutzten sie genannte Vorgehensweise, damit kein Mensch mehr in eine solche Wohnung einziehen kann.

Die ZSP wies darauf hin, dass diese Kommission sowieso immer korrupt gewesen sind und stellte die Forderung auf, dass die Menschen selbst über ihren Wohnraum entscheiden und nicht irgendwelche PolitikerInnen oder Bürokraten. Sie erklärte außerdem, dass es ja eigentlich ganz schön sei, dass es keine Kommission gibt, denn die ZSP ist in der Lage den Menschen die freien Wohnungen zu zeigen.

Mit dieser Situation konfrontiert, organisierte die PolitikerInnen dann doch eine Kommission.

Es stellte sich dann die Frage, wer und wann diese Kommission von der Präsidentin einberufen wird. Nicht, dass die ZSP Geschmack an PolitikerInnen gefunden hätte, es war nur, dass diese Vorgehensweise schlichtweg ungeheuerlich ist. Es gab eine offizielle Petition an die Stadt und der Ortsbeirat sollte diese Frage am 20.01. lösen.
Durch die Einsetzung einer Kommission würden die PolitikerInnen abberufen, die bislang für den öffentlichen Wohnraum zuständig waren. Da weder die herrschende Partei noch die Partei der Linken daran ein Interesse hatte, entschieden sie die Sitzung zu boykottieren, wodurch die Versammlung nicht beschlussfähig war.

Also versammelte sich eine Gruppe Aktivisten im Gemeindesaal. Einige der Anwesenden hatten schon geahnt, dass so etwas passieren würde, andere hofften ein kleines Tohuwabohu wegen den autoritären Manipulationen und der von den Neoliberalen gelenkten Farce zu veranstalten. Sie brachten eine Puppe in Gestalt der Präsidentin mit, die diesen miesen Trick im Ortsbeirat zu verantworten hatte. Als dann klar wurde, dass es keine Versammlung zur Einberufung der Kommission geben würde, brach die Hölle los. Die Aktivisten übernahmen den Gemeindesaal und klagten die miesen Tricks der PolitikerInnen an. Sie verteilten Flugblätter und Poster auf denen stand, dass die Verantwortlichen sowieso nichts arbeiten würden und dass sie nur eine Gruppe unnützer Parasiten sei. Die ZSP gab Interviews für das Fernsehen, in denen sie die sofortige Abberufung der PolitikerInnen forderten und sie darum baten doch bitte Zuhause zu bleiben, da sie sowieso niemand braucht.

Hier die offizielle Erklärung der ZSP:

Heute verschworen sich die neoliberalen Vampire der PO und ihre Kettenhunde von der SLD, um eine Versammlung des Ortsbeirates zu boykottieren. In den leeren Hallen der Stadt fanden wir Grund zum feiern: die sehnsüchtig erwartete Abwesenheit unserer Herren. Wir unterstützen die Idee, dass die Stadt ein viel besserer Ort sein würde, wenn die PolitikerInnen zu Hause bleiben und NIE mehr zurückkommen. Statt durch ihre asozialen Entscheidungen versklavt zu werden, ziehen wir es vor, die Stadt selbst zu verwalten.

Da die PolitikerInnen um die Kontrolle des gemeinsamen Gutes und Vermögens kämpfen, erklären wir sie zu Dieben – zu einer parasitären Klasse, die wir loswerden müssen. Während die meisten Menschen durch die repräsentative Demokratie in Passivität verfallen, gibt es doch einige, die genau verstehen was passiert. Und wir wehren uns gegen die Manipulationen.

Statt ihrer, entscheiden wir uns für die direkte Demokratie, zusammen mit unseren Nachbarn, offen und transparent, zum Wohle aller und nicht nur zum Wohle derer mit Macht und Beziehungen.

PolitikerInnen! Heute seid ihr zu Hause geblieben – kommt nie mehr zurück!

Lang lebe die soziale Bewegung – lang lebe der Widerstand!