Auslandspraktika und Jobs als Kostenfalle

Arbeitsagenturen werben mit Broschüre für die freiwillige Ausbeutung von AbsolventInnen bei gleichzeitiger Eigenfinanzierung von Praktika und Jobs.
Artikel aus der DA Nr. 170.

Großspurig wirbt die Agentur für Arbeit mit einer Broschüre unter dem Titel „Jobs und Praktika im Ausland seit geraumer Zeit in vielen Hochglanzstudierenden- und Jugendmagazinen. Angebote für Nachwuchskräfte“, die sich an SchulabgängerInnen, AbsolventInnen und Studierende wendet. Die Verlockung ins Ausland zu gehen ist bei der Wirtschaftslage in der Bananenrepublik Deutschland für viele Menschen groß und der Duft der großen, weiten Welt lockt. Zu dem tönen die Arbeitgeber gerne von den Softskills, die sie von jungen ArbeitnehmerInnen erwarten wie Flexibilität und Auslandserfahrung - eine globalisierte Welt verlangt global-versierte ArbeitnehmerInnen / JobnomadInnen. Diesem Trend scheint die Agentur für Arbeit Rechnung zu tragen. Auf 65 Seiten finden sich in der besagten Broschüre Praktika und Jobangeboten – eine gute Auswahl auf den ersten Blick von Jobs sowohl aus dem europäischen Ausland als auch von anderen Kontinenten. Bei genauerem Hinsehen schwindet dann der Enthusiasmus sehr schnell. Weniger als ein Drittel der darin aufgeführten Jobs / Praktika werden überhaupt bezahlt – zumeist schlecht bezahlte (400 bis 600 Euro Gehalt pro Monat) und unqualifizierte Jobs werden beworben. Ein großer Teil der Angebote hingegen ist mit immensen Eigenkosten verbunden – Flug, Unterkunft und Verpflegung im Gastland, Vermittlungsgebühr (bis zu 1.900 Euro (!) für ein Praktikum oder Job), Sprachkurs, Versicherungen (ca. 40 Euro / Monat) und Visagebühren (z.B. für ein Jahresvisum in Kanada: kan. $ 170). Neben einer verschwindend geringen Anzahl von Fachpraktika finden sich bei der Vermittlung vor allem Jobs als Animateure (z.T. mit dem Flair von sexistischen GoGo-Table-Dance-Jobs), Hilfsjobs in der Gastronomie, Hotellerie und Touristikbranche sowie ein paar Öko- und Sozialjobs - als PC-Einsprengsel. In Hinblick auf die Arbeitsstandards wird von den Anbietern kein Blatt vor den Mund genommen. Ein griechisches Hotelunternehmen fordert ungeniert von den interessierten PraktikantInnen / JobberInnen eine sechs Tage Woche ein – bei miserabler Bezahlung. Lehrjahre sind bekanntlich keine Herrenjahre... Zuschüsse von der Arbeitsagentur sind natürlich für die Vermittlung in solche Jobs nicht vorgesehen und so bleibt der ironische Beigeschmack, daß das sich das Ausbeuten lassen im Ausland ein Privileg von jungen Menschen aus der Oberschicht ist und bleibt – zumindest was die Vermittlung solcher Tätigkeiten durch die Agentur für Arbeit angeht. Das Vermittlungsangebot stellt sich daher nur als öffentlich wirksame Kosmetik dar.

Maurice Schuhmann