Aufruf zur antikapitalistischen Demonstration am 11. Juli in Freiburg

Vom 8. bis 10. Juli findet in Italien der alljährliche G8-Gipfel statt. Die führenden Wirtschaftsnationen müssen sich aufgrund der Wirtschaftskrise neu organisieren, im Mittelpunkt stehen Klima, Rohstoffe, Nahrungsmittel und Migration als sicherheitspolitische Risiken für Industrieländer. Polizei und Militär sollen im „Kampf gegen den Terrorismus“ stärker zusammenarbeiten und Rohstoffe sichern. Sich daraus entwickelnde soziale Kämpfe sollen im Keim erstickt werden.

Wir rufen für den 11. Juli zu einer antikapitalistischen Demonstration in Freiburg auf. Los gehts um 17 Uhr am Schwabentor.
Die FAU Freiburg beteiligt sich am Bündnis "Kontrollverlust" und ist mit einem
FAU-Redebeitrag
und Fahnen dabei.

Blog zur Demo

Ein Bericht über die Demo

Eine Stellungnahme zur Demo

faufr2@fau.org, kontrollverlust@riseup.net

Kapitalismus überwinden, die falsche Freiheit auf der Strecke lassen!

Das alljährliche Treffen der führenden Wirtschaftsnationen, welches zuletzt 2007 rund um Heiligendamm und 2008 in Japan Gegenstand heftiger Proteste war, findet diesmal vom 8. bis 10. Juli in Italien statt. Acht Jahre nach Genua ist und bleibt der rechtsradikale Premier Silvio Berlusconi Gastgeber des Gipfeltreffens. Damals erschoss die italienische Polizei einen Demonstranten und folterte Dutzende. Der Premier setzte sich für Freisprüche ein, Verantwortliche wurden teilweise auf EU-Ebene befördert.

Zehn Jahre nach der Blockade des Treffens der Welthandelsorganisation in Seattle 1999 zeigt sich das die führenden Industrienationen ihre ausbeuterischen und gewalttätige Wirtschaftspolitik, ungeachtet massiver Kritik weiter verfolgen. Diese Politik hat zur heutigen Krise geführt. Nur Repression bleibt zur präventiven Aufstandsbekämpfung übrig.

Militärische Einsätze gegen die Zivilbevölkerung und wachsende Polizeiaufgebote werden mittlerweile benötigt, um die Treffen führender PolitikerInnen abzuschirmen. Die seit jeher berechtigte Kritik an ihrer Politik gewinnt im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise erneut an Aktualität.

Mal eben die Krise (be-)kriegen

Die Weltwirtschaft befindet sich in der schwersten Krise seit dem Crash der Weltwirtschaft 1929. Der damalige Crash war erst das Vorbeben der großen Krise, mit massenhafter Verelendung und Millionen von Arbeitslosen. Kommt wie damals das richtig Schlimme erst auf uns zu?

Es ist fatal, für die Krise gierige ManagerInnen, BankerInnen und SpekulantInnen verantwortlich zu machen. Schuld sind auch nicht die ArbeiterInnen in den USA, die ihre Häuser und Autos mit Krediten kauften, die sie nicht zurückzahlen konnten. Es ist die kapitalistische Weltordnung, welche immer wieder eine Überproduktion an Waren erzeugt, die keine KäuferInnen mehr finden. Durch die Produktion von Waren, also die Ausbeutung unserer Arbeitskraft, wird derzeit kein „ausreichender“ Profit mehr erzielt, weshalb in Spekulationen investiert wird.

Die Gegenüberstellung eines „bösen“ neoliberalen Kapitalismus und eines „guten“, produktiven, schaffenden, gar sozial-marktwirtschaftlichen Kapitalismus, lenkt davon ab, dass es nur einen Kapitalismus gibt. Und dieser bringt seine Krisen selbst hervor. Sie treten mehr oder weniger regelmäßig auf, wenn auch nicht überall gleichzeitig.

Politik und Wirtschaft wollen nun mit Rettungs- und Konjunkturpaketen versuchen, das System wieder anzukurbeln. Doch die hunderte von Milliarden, die jetzt zur Rettung von Banken und Konzernen ausgegeben werden, sind keinesfalls Spielgeld. Wir und die Generationen nach uns sollen sie durch Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerungen, neue Abgaben, mehr Steuern, Einsparungen und Kürzung von Sozialleistungen bezahlen.

Die Institutionen der „führenden Wirtschaftsnationen“ sind gezwungen, sich mit den Folgen der Krise auseinanderzusetzen. Auf der Agenda des diesjährigen Gipfeltreffens der selbsternannten „Weltleitung“ (Italiens Außenminister Franco Frattini über die G8) stehen Klima, Rohstoffe, Nahrungsmittel und Migration als sicherheitspolitische Risiken für Industrieländer. Die beschränkten Vorräte an Rohstoffen und Lebensmittel sollen dabei, auch mit militärischen Mitteln, zum Vorteil der führenden Industrienationen, verteilt werden. Die durch die Politik der G8 Nationen verursachte Krise bekommen so zu allererst die weniger industrialisierten Länder zu spüren.

… Repression als Krisenbewältigung

Das inoffizielle Motto des G8 lautet „We produce security“. Polizei und Militär sollen im „Kampf gegen den Terrorismus“ stärker zusammenarbeiten und Rohstoffe sichern. Sich daraus entwickelnde soziale Kämpfe sollen im Keim erstickt werden. Demonstrationen werden mit enormen Polizeiaufgeboten konfrontiert und ähneln oft mehr einer Aufstandsbekämpfungs-Übung. Gleichzeitig werden Grundrechte beschnitten, der Überwachungsstaat formiert sich, es wird fleißig aufgerüstet und selbst das Militär wird wieder im Innern eingesetzt, während sich an den Außengrenzen Europas die Grenzschutzagentur „Frontex“ um die gewaltsame Verteidigung unseres „unteilbaren“ Wohlstandes kümmert. Das mit diesen Prozessen verbundene massenhafte menschliche Leid spielt für den Kapitalismus keine Rolle, solange es nicht in Aufstand, Revolte oder Revolution übergeht.

Doch wer glaubt, das alles finde nur in anderen Regionen oder Staaten statt, irrt. Auch in Süddeutschland wird derzeit versucht, mit neuen Gesetzen, immer mehr Polizei und noch mehr Kameras, alles was „anders“ ist und sich diesem System widersetzt, aus den Innenstädten zu vertreiben. Wer sich der Freiburger schwarz-grünen Vertreibungspolitik in den Weg stellt, bekommt Verbote, Platzverweise und teure Anzeigen.

Die Innenstädte waren schon immer Tempel des Konsums. Dennoch gab es in Freiburg einige wenige öffentliche Plätze, wo Menschen sich ohne jegliche kommerziellen Zwänge treffen konnten. Diese Plätze verschwinden, werden privatisiert, kameraüberwacht oder bebaut. Häuser werden geräumt, WagenbewohnerInnen vertrieben. Rings um den Stadtkern wird weiterhin billiger Wohnraum abgerissen, um Platz für Banken, Versicherungen und Luxusökohäuser zu schaffen. Im Rahmen der „Aufwertungsprozesse“ in der so genannten „Green City“ bleibt kein Platz für Andersdenkende übrig.

Die „soziale Marktwirtschaft“ – also der Kapitalismus im Normalbetrieb – bringt auch jenseits seiner Krisen genug gesellschaftliches Elend rund um den Globus hervor: stumpfsinnige Lohnarbeit, Erwerbslosigkeit, psychische Erkrankungen, Krieg, Umweltzerstörung, Hunger und Tod.

Die führenden Wirtschaftsnationen garantieren die „Freiheit“ ihrer BürgerInnen im Rahmen parlamentarischer Demokratien, die zugleich unsoziale und autoritäre Strukturen aufweisen. Der Staat setzt mit allen denkbaren Mitteln auf die Unfreiheit der Menschen. Eine auf Konkurrenz-Denken aufgebaute Gesellschaft funktioniert durch Gewalt, Konsumzwang, Furcht und Überwachung.

In der Krise eine Chance sehen...

Auf dem Weg in ein schönes Leben werden wir uns nicht auf den Staat, Regierungen und Parteien verlassen, die alles daran setzen, mit nationalistischer und rassistischer Propaganda den offensichtlichen Klassenkonflikt zu verschleiern.

…wir müssen es selber machen!

Was auch immer jetzt passieren wird, die Dinge hängen von uns ab! Wir sind es, die allen gesellschaftlichen Reichtum produzieren und durch diese Macht können wir auch dafür sorgen, dass es statt ewiger Krisen ein gutes Leben für alle auf dem Planeten gibt. Eine Gesellschaft ohne Herrschaft, ohne geist- und gesundheitstötende Lohnsklaverei. Eine Welt, in der die Produktionsmittel, die noch benötigt werden, allen gehören. Eine Welt ohne Lohnarbeit, Geld und ohne Grenzen.

Eine von jeglichen Zwängen und Herrschaft befreite Gesellschaft, in der es Wohlstand für alle gibt, werden wir aber nicht geschenkt bekommen. Wir werden sie uns Stück für Stück erkämpfen, müssen uns dazu selbst organisieren und das herrschende System – die falsche Freiheit – auf der Strecke lassen!

Bündnis "Kontrollverlust" im Juni 2009