Redebeitrag der FAU Berlin zum 1. Mai 2007.

Als Mp3.

2002 Sevilla/Spanien : prekarisierte Reinigungskräfte der anarchosyndikalistischen CNT setzen in einem 22 tägigen Streik eine Beschäftigungsgarantie und eine Verdopplung des Lohnes von 500 auf 1000 Euro durch.

2004 Stockton/USA : Die revolutionär-syndikalistische IWW organisiert über 200 selbständige Trucker und setzt in einem zweiwöchigen Streik bezahlte Wartezeiten beim Be- und Entladen der Trucks durch.

2005 New York/USA: In der IWW organisieren sich die Baristas bei Starbucks und kämpfen für geregelte Arbeitszeiten und Lohnerhöhungen. Seitdem wächst die Starbucksworkersunion trotz harter Attacken des Unternehmens.

2005 Paris: Die Betriebsgruppe der CNT setzt bei der Cinemateque Française die Festeinstellung sämtlicher prekär Beschftigten durch.

2006 Frankfurt/Main: Die FAU setzt nach einen Streik bei einer Leiharbeitsfirma die Bezahlung der verleifreien Zeiten durch.

2006 Mailand/Italien: Die italienische Schwestergewerkschft der FAU wendet sich in einem landesweiten Generalstreik der Basisgewerkschaften gegen die zunehmende Prekarisierung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse.

2007 Barcelona/Spanien: Die CNT streikt seit über einem Jahr bei der Supemarktkette Mercadona um bessere Arbeitsbedingungen und gewerkschaftliche Rechte für die größtenteils migrantischen Beschäftigten durchzusetzten.

Wir kriegen nur wofür wir kämpfen!

Auch so erfreuliche Aktionen wie der heutige Mayday können nicht darüber hinwegtäuschen: wir sind schwach und müssen wieder bei Null anfangen.

Während der DGB und Konsorten ihre Sonntagsreden schwingen und den alten Zeiten des sozialpartnerschaftlichen Miteinanders nachtrauern, sind wir gezwungen andere Formen des Widerstands zu suchen - und wieder zu entdecken.

Wir sollten dies als Chance sehen, anstatt dem sozialdemokratischen Traum vom richtigen Leben im falschen nachzutrauern.

In der FAU organisieren wir uns als Scheinselbständige, Jobber, Hilfsarbeiter, Studierende, Leiharbeiter, Arbeitslose, die ständig von Kündigungen, Flexibilisierungen und Kürzungen bedroht sind.

Die schöne neue Arbeitswelt ist für uns nichts neues. Und unsere Erfahrung ist: Widerstand ist möglich. Gerade unter miesen und prekären Arbeitsbedingungen sind kleine Erfolge oft schon von großer Bedeutung, und geben Lust auf mehr.

Sei es der Kellner, der seine unbezahlten Probeschichten doch noch bezahlt bekommt, weil die Gäste ihr Bier doch lieber in Ruhe trinken möchten. Sei es die Theaterarbeiterin, die ihr Recht auf Lohnfortzahlung und Urlaub durchdrückt, weil der Chef Angst um seine Premierenveranstaltung hat, oder die Honorarkraft, die ihre Telefonrechnug doch noch zahlen kann, weil der Auftraggeber nach einigen freundlichen Besuchen doch noch sein Checkheft zieht.

Wir müssen nicht mal sonderlich kreativ oder erfinderisch sein. Wir müssen nur die wunden Punkte finden, wo wir angreifen können – und dies gemeinsam tun. Selbstorganisiert – kämpferisch – solidarisch!

Die fortschreitende Flexibilisierung unserer Lebens- und Arbeitsverhältnisse erfordert zwar Kampf- und Aktionsformen jenseits von Bürokratie und Funktionären, aber trotzdem immer noch eines: gemeinsame Organisierung.

Die äusseren Umstände sind es nicht, die unsere Würde zu Grabe tragen, sondern wir selbst, wenn wir uns zurückziehen und auf bessere Zeiten hoffen. Denn eins hat sich seit 100 Jahren nicht geändert: Wer nicht kämpft, hat schon verloren...