Diskothek duldet Nazis - Studentin entlassen

Am Nachmittag des 12.01.07 fand ein Gütetermin statt, zwischen dem Tanzhaus Alpenmax und einer ehemals dort beschäftigten Studentin. Sie war im September suspendiert worden, nachdem sie einem offensichtlich erkennbaren Nazi den Eintritt zur Diskothek verweigert hatte.

Was war passiert?

Besagter Nazi hatte auf dem T-Shirt den Schriftzug „White Power“, sowie die Codierung 88. Auf seiner Jacke war eine aufgenähte Lebensrune erkennbar, ebenfalls ein in der rechten Szene oft verwendetes Symbol. Die Studentin erkannte die Nazisymbole an dem Bonehead, als dieser die Disko kurz verlassen wollte. Daraufhin weigerte sie sich ihn erneut einzulassen. Anschliessend wurde sie vom Einlassbereich an die Kasse versetzt und am Ende des Abends vom Geschäftsführer verabschiedet mit den Worten, dies sei ihr letzter Arbeitstag gewesen. Die Studentin forderte danach den Geschäftsführer schriftlich auf, eine Stellungnahme zur Kündigung abzugeben, worauf er nicht reagierte. Daraufhin wurde der Vorfall von der Studentin und ihren Freunden öffentlich gemacht. Zwei Giessener Tageszeitungen und die Frankfurter Rundschau berichteten. Einige Wochen zuvor stand die Partnerdisko des Alpenmax "Agostea", ebenfalls in Giessen, in der öffentlichen Kritik, weil Menschen mit vermeintlich "ausländischer" Herkunft am Ausgang abgewiesen wurden.
(siehe auch: Gießener Anzeiger )

Die Reaktion des Inhabers der Diskothekenkette ließ deutlich erkennen, dass er wenig Interesse an dem abendlichen Vorfall zeigte, dafür umso mehr dafür, die Sache zu verharmlosen. Anfangs wurde der Vorfall geleugnet, schließlich kam es soweit, dass er der Studentin öffentlich damit drohte „sie sich vorzuknöpfen“. Schließlich wurde sogar die Kündigung damit gerechtfertigt - die Angestellte habe die Gäste nicht nach ihrer nationalen Gesinnung zu beurteilen. Damit bekennt sich der Geschäftsführer zu seiner faschistisch eingestellten Kundschaft. Auch die Geschäftsführung der betroffenen Diskothek machte Aussagen darüber, dass sich oft Nazis dort aufhalten und geduldet würden. Nachdem der Angestellten ohne Abmahnung (daher)ungerechtfertigt gekündigt wurde und diese Klage dagegen einreichte, zog die Gegenseite die Kündigung zurück. Trotz der Weigerung, die Studentin auszubezahlen, wird dies nach dem Gütetermin nun doch geschehen.

Das Tanzhaus Alpenmax gehört zu einer Kette von insgesamt 23 Diskotheken, deren Inhaber Manfred Peter ist ( Peter Gastronomie GmbH Freigericht ). Diskotheken der entsprechenden Kette gibt es deutschlandweit. Zu diesen gehören außer dem Alpenmax Tanzlokale wie Fun, Funpark, GaudiMax und Agostea. Ähnliche Vorfälle, wie das Aussortieren von Gästen mit vermeintlich "ausländischer" Herkunft, sind auch aus Göttingen (Alpenmax) bekannt. Nicht nur, dass die Fälle in den Diskotheken des gleichen Inhabers praktisch identisch sind, auch die Stellungnahme von Seiten der Betreiber ist in beiden Fällen wortwörtlich die Selbe. Diese Praxis und auch das Dulden von Nazis zeigen, dass Rassismus und Verharmlosung von Faschismus heute wieder verstärkt wichtige Themen sind. Es zeigt nicht nur, dass Rassismus in unserer Gesellschaft immer noch präsent ist, sondern auch, dass sich neofaschistische Einstellungen in unserer Mitte etablieren können.

Neben dem Rassismus und der Tolerierung offen auftretender Neofaschisten zeigt sich ein weiteres Problem in der Diskothek Alpenmax (nicht nur dort). Die Belegschaften sind sich vollkommen unklar über ihre Arbeitsrechte. Unternehmen dieser Art stellen vorwiegend Aushilfen auf 400€-Basis ein, da diese sich ihrer rechtlichen Ansprüche nicht bewusst sind. Dass auch 400€-JobberInnen das Recht auf bezahlten Urlaub, sowie Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle haben ist vielen dieser ArbeiterInnen nicht bewusst.

Der Gütetermin

Die Studentin liess sich nicht durch die oben erwähnten Drohungen einschüchtern, schaltete eine Anwältin ein und klagte gegen das Alpenmax auf die Auszahlung des ihr noch zustehenden Gehaltes und Urlaubs. Am Freitag dem 12.1.07 versammelten sich ca. 40 Menschen vor dem Arbeitsgericht, um der Studentin ihre Solidarität auszudrücken und sie bei ihrer Auseinandersetzung mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber zu unterstützen. Die Gerichtsverhandlung dauerte, wie üblich keine 20 Minuten. Der Gütetermin endete mit einem Vergleich. Der Studentin werden zwei weitere Monatsgehälter ausgezahlt und dazu noch eine Woche Urlaubsgeld. Insgesamt also weitere 630 Euro. Dass es sich also lohnt, sich zu wehren, zeigt die aktuelle Situation.

Die Situation der zur Zeit im Alpenmax Beschäftigten hat sich seit dem Vorfall leider extrem verschlechtert. Die Angestellten sind meist dringend auf den Job angewiesen, da es sich zum Teil um migrantische Studierende handelt, die dringend das Geld brauchen. Aber das zeigt auch die ganze paradoxe Situation. Vielen der Angestellten wird es nach ihrer Aussage mulmig, wenn offen auftretende Neonazis bei ihnen was zu Trinken bestellen, können aber aufgrund der Sachzwänge nicht auf ihre Arbeit verzichten, da sie sonst ihr Studium nicht fortsetzen könnten. Hier sollte es eigentlich in der Verantwortung der Vorgesetzten liegen, es nicht auf mögliche Konflikte ankommen zu lassen und Sorge dafür zu tragen, dass sich diese im Endeffekt nicht nachteilig auf Bedienstete auswirken. Viele der dort Arbeitenden mussten sich mittlerweile weitere Jobs suchen, da der mittlerweile schlechte Ruf des Alpenmax, wenn auch zur unserer Freude, sich extrem auf dessen Besucherzahlen und somit auch auf die Arbeitssituation ausgewirkt hat.

Weitere Information über die entsprechende arbeitsrechtliche Situation:
Dein Recht als JobberIn


Erstveröffentlichung auf Indymedia


Bildungssyndikat der F.A.U. Giessen