Arbeitslose als Erntehelfer? Bauernverband winkt ab. Arbeitslose zu oft krank und zu schlampig.

Die rechts-bürgerliche Kampfpresse (Focus, Bild, Welt) beginnt, sich warm zu schießen. Ein Vierteljahr nach der Einführung von Hartz IV wird zunächst Munition aus der Mottenkiste verfeuert: Arbeitseinsätze bei der Spargelernte gab es schon unter Kohl. Wer noch ältere Rezepte zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sucht, wird irgendwann bei Autobahnbau und Flak-Helfern landen.

Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA), Heinrich Alt, sagte gegenüber dem Focus am Samstag: «Wir haben im letzten Jahr 870.000 Arbeitsgenehmigungen erteilt für Beschäftigungen in Deutschland, bei denen wir gesagt haben: Dafür finden wir keinen inländischen Arbeitslosen, der bereit ist, das zu machen». Das seien in erster Linie Jobs in der Landwirtschaft oder der Gastronomie. Es wäre schon ein »Riesenerfolg«, wenn es gelingen würde, «vielleicht die Hälfte dieser Arbeitsgenehmigungen nicht mehr erteilen zu müssen, sondern dort inländische Langzeitarbeitslose unterzubringen», sagte Alt.

Prompt kam eine Ablehung der deutschen Bauernschaft. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, sagte der «Bild»-Zeitung, die Erfahrung habe gezeigt, dass die Mehrheit der einheimischen Erntehelfer unzuverlässig sei. Seit der Einführung der Arbeitsmarktreform «Hartz IV» gebe es zwar eine verstärkte Nachfrage, aber die meisten Bewerber seien nicht in der Lage, die schwere Arbeit durchzuhalten, und meldeten sich schnell krank, so Sonnleitner weiter. Mit ausländischen Erntehelfern hätten die deutschen Bauern dagegen immer gute Erfahrungen gemacht.

Bereits die früheren Versuche, Arbeitslose zu Zwangsarbeit auf Spargelfeldern zu ziehen waren kläglich gescheitert. Denn sowohl der Spargel als auch die Arbeitslosen sind sensible Gewächse, die eine sach- und fachgerechte Behandlung verlangen. Die Erntehelfer aus dem Osten (Polen, Rumänien) arbeiten routiniert und vor allem mehr oder weniger freiwillig. (Immerhin können sie den Niedriglohn zuhause als echtes Geld verbuchen. Sie müssen nicht in Deutschland horrende Mieten bezahlen und Einkaufen gehen.)

Die richtige Zwangsarbeit ist im Kapitalismus erst möglich, wenn gegenüber den Arbeitslosen andere Droh- und Druckkulissen möglich sind, als bloß Leistungskürzungen nach Hartz IV. Wie wäre es mit der Kasernierung in Arbeitshäusern oder Fronteinsätzen in Afghanistan, Sudan und dem befreiten Irak... Als humanitäre Helfer versteht sich.

`Bauern wollen keine Erntehelfer´, netzeitung vom 5. April 05