Neue Polizeidokumentation in Gießen erschienen

Am 14.3.2005 stellten politische Gruppen in Gießen die neue „Dokumentation zu Polizei, Justiz, Politik und Presse“ vor. Untersucht wurden Angriffe auf das Demonstrationsrecht, die Verbindungen von Sozialabbau und Sicherheitswahn, mehrfache Rechtsbeugung im Amt, Beweismittelfälschungen, Polizeiübergriffe, Prozesse mit erfundenen Vorwürfen und mehr.
Ein Kapitel hatte schon als Vorabveröffentlichung für Furore gesorgt: CDU-Stadtverordnetenvorsteher Gail was der Lüge überführt worden.

Nun wird es spannend, denn Gail findet sich in der Doku in bester Gesellschaft wieder ... Lügen, Fälschungen, Unterschlagungen – alles das ist weiter Alltag in Gießens Obrigkeit gewesen.

Die Pressekonferenz war dünn besucht. Zwar saßen ca. 10 AktivistInnen aus politischen Gruppen am Tisch, um verschiedene Aspekte aus der Dokumentation vorzustellen, aber nur ein Journalist kam. Der interessierte sich vor allem für neue Informationen zum Fall „Gail“. Doch die Enthüllung der Lügen von Gießens Stadtverordnetenvorsteher Gail ( http://www.luegen-gail.de.vu) füllen gerade mal zwei der 60 Seiten einer neuen Dokumentation. Die Vorabveröffentlichung dieses Falles erwies sich aber als Glücksgriff, denn der CDU-Politiker konnte öffentlich der Lüge überführt werden – und zwar nicht nur gegenüber Parlament und Presse, sondern auch vor Gericht, was ihn jetzt selbst auf die Anklagebank bringen dürfte, wenn die Staatsanwaltschaft nicht wieder mauert. Denn auch das belegt die Doku: Im Juni 2004 war Gail genau in der Sache, die nun aufflog, schon einmal angezeigt worden, der zuständige Staatsanwalt aber stellte ohne weitere Prüfung ein. Nun musste er das nach der öffentlichen Überführung des Lügners kleinlaut korrigieren und ermittelt wieder.

Der Fall „Gail“ ist jedoch nur ein kleiner Teil der Dokumentation. Hinzu kommen viele weitere Fälschungen, Erfindungen und Hetze seitens Polizei, Justiz, Politik und Presse in und um Gießen aus den vergangenen 12 Monate.

Die Inhaltsübersicht mit den Links zum Download der jeweiligen Kapitel:

- Vorwort

- Folter und Polizeigewalt: Daschner ist kein Einzelfall!

- Rückblick und Zusammenfassung: Erste Dokumentation 2004

- Polizei-Überfall im Wald: Reaktionen auf die Doku 2004

- Weitere Entwicklungen: Die Fälle der alten Doku

- Gescheiterte Kriminalisierung: Keine Verurteilung für Demonstrationen

- Falsche Verdächtigung in 138 Fällen: Die Kriminalitätsstatistik 2004

- Einschränkungen des Demorechts: Auflagen und Gebühren

- Pleiten, Pech, CDU-RichterInnen: Berufungsprozess 1. Versuch

- Flugblätter verboten: Polizeifest und Festnahme in Lich

- Gedichtelesung zu Brandanschlägen: Polizei erfindet einen Brandsatz

- Sozialabbau und innere Sicherheit: Rentnermord und mehr

- Sozialrassist als führender Redakteur: Der Fall Guido Tamme

- "Fuck the police" meint konkrete Person: Amtsrichterin Kaufmanns Urteile

- Musterland Deutschland? Blick über den Tellerrand deutscher Justiz

- Strafe für Dienstaufsichtsbeschwerde: Kritik an Polizei ist verboten

- Eine Krähe hackt der anderen ...: Strafvereitelung und Rechtsbeugung

- Auf dem Weg zum nächsten Prozess: Juristische Trickkisten schwächen Angeklagte

- Stadtparlament und Öffentlichkeit belogen: CDU-Spitzenleute Gail und Haumann

- Wo kriminalisiert wird: Strafverfahren gegen AntifaschistInnen

- Sonderteil: Projektwerkstatt im Visier

- Terminliste

Untersucht wurde also das ganze Spektrum von Angriffen auf das Demonstrationsrecht, die Verbindungen von Sozialabbau und Sicherheitswahn, mehrfache Rechtsbeugung im Amt, Beweismittelfälschungen und mehr. Die 60 Seiten starke „2. Dokumentation zu Polizei, Justiz, Politik und Presse“ enthält Aufsätze von Betroffenen und Aktiven aus mehreren Gießener Gruppen wie dem Infoladen Gießen, FAU/Bildungssyndikat Wetzlar/Gießen, Humanistischer Union sowie der Projektwerkstatt. Es ist die zweite Veröffentlichung dieser Art. Die vorherige und erstmals erschienene Dokumentation wurde im März 2004 vorgelegt und führte bereits über 50 untersuchte Fälle erfundener Straftaten, Beweismittelfälschungen, Erfindungen, Hetze und Gewalttätigkeiten seitens Polizei, Politik, Justiz und Presse auf (Download über http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/polizeidoku.pdf ).

In der Vorstellung kündigten die Angeklagten des aktuell in Gießen laufenden politischen Prozesses an, die Enthüllungen der Doku zum Thema zu machen. „Gegen uns sagen fast nur Polizisten als Belastungszeugen aus. Das ist es wichtig, dass das Gericht die Glaubwürdigkeit dieser Institution klärt, in dem es die offengelegten Machenschaften hinterfragt und guckt, ob Fälschungen und Lügen offizielle Politik der Gießener Polizei sind“, sagte einer von ihnen. Am 21. März um 9 Uhr ist der nächste Prozesstermin vor dem Gießener Landgericht angesetzt. An diesem Tag ist auch CDU-Mann Gail als Zeuge geladen. Sein Verhör wird mit Spannung erwartet.
Mehr zum Prozess unter http://www.projektwerkstatt.de/prozess.

Die Doku kann bei der FAU/IAA Lahn bestellt werden.