Polizei bereitet sich auf Unruhen wegen Hartz-Scheitern vor

In Sachsen-Anhalt geht man in Polizeikreisen mittlerweile davon aus, dass es nicht zu einer pünktlichen Auszahlung des ALG II ab Anfang Januar kommen wird. Während staatliche Stellen zunehmend genervter "Null Problemo" befehlen, erarbeitet das Innenministerium in Sachsen-Anhalt bereits seit drei Monaten Polizeistrategien gegen die befürchtete Wut der sozial Deklassierten.

Die Angst vor dem 'Normalteil'

Aufgedeckt wurden die Planungen von der "Mitteldeutschen Zeitung" (MZ). Diese zitiert einen Sprecher des Innenministeriums von Sachsen-Anhalt und schreibt: "Es sei erstmals nicht auszuschließen, dass 'ein Normalteil der Bevölkerung' außerhalb eines radikalen politischen Spektrums zielgerichtet auch gegen Einrichtungen der Bundesagentur vorgehe".
Im Falle der verzögerten Auszahlung des ALG II, bereitet sich die Polizei aber auf ein noch weitergehendes Szenario vor. Abgesehen von den Arbeitsagenturen sei es "nicht auszuschließen, dass noch andere Institutionen wie politische Parteien, Medienanstalten respektive politische Entscheidungsträger unmittelbares Ziel von aggressiven Akten werden". So ein internes Ministeriumspapier, aus dem die MZ zitiert.

Der Apparat zweifelt an einer pünktlichen Auszahlung

Dass die Lage bei den ALG II-Anträgen offensichtlich noch viel ernster ist, als man es bisweilen in der veröffentlichten Meinung nachlesen kann, zeigt die Lageeinschätzung, die den Polizeiplanungen für den Fall des Hartz-GAU zu Grunde liegen. So erklärte der Landesvorsitzende des Bundes der Kriminalbeamten (BDK) in Sachsen-Anhalt, Hanno Schulz, auf einer Konferenz Anfang September er "gehe aufgrund interner Informationen davon aus, dass es nicht zur pünktlichen Auszahlung von ALG II kommt". Die derzeitige Mischung aus gezielter Verschleppung des zügigen Ausfüllens der Fragebögen, aus Software-Schlampereien und "Dienst-nach-Vorschrift" vieler unzufriedener SachbearbeiterInnen und zwangsüberwiesener AntragsbearbeiterInnen zeigt also offensichtlich Wirkung. Der Sand im Getriebe bringt das Räderwerk bereits so sehr zum Knirschen, dass man im Innenministerium von Sachsen-Anhalt - und vermutlich nicht nur dort - davon ausgeht, dass "die Sicherheitslage dauerhaft für die Zeit des bevorstehenden Herbstes und Winters tangiert wird". Dass man bereits vor der Sommerpause damit begonnen hat, entsprechende Krisenszenarien und Polizeistrategien auszuarbeiten, zeigt, wie desolat die Hartz-Verwalter ihre Situation bereits seit längerem einschätzen.

Sand im Getriebe statt Schmiermittel für Kanalisierer

Es gibt also viel zu tun. Wir haben nicht den geringsten Grund, uns von den Manipulationen verschiedenster Parteien und Organisationen abschrecken zu lassen, die derzeit alle versuchen, durch altbekannte Tricks die Kontrolle über die vermeintliche "Bewegung der Montagsdemonstrationen" zu ergattern. Während sich ihre Funktionärs- und Bürokratencliquen darüber die Köpfe einschlagen, wo und an welchen Tagen irgendwelche bundesweiten Demonstrationen stattfinden sollen, an denen sie ihre von der Mehrheit der TeilnehmerInnen unerwünschten Führungsgelüste exerzieren können, wenden sich immer mehr Leute angewidert von den Demonstrationen ab. Wer schaut schon gerne den Geiern beim Leichenschmaus zu. Wir bleiben lieber im Lande, streuen vor Ort weiter Sand ins Getriebe und tragen unseren Teil dazu bei, dass das prognostizierte "gesellschaftliche Bedrohungspotentials" nicht nur eine Möglichkeit bleibt. Es gibt im Herbst und Winter eine Vielzahl von geplanten Aktionsformen rund um Arbeitsagenturen und andere Orte der Armutsverwaltung und Arbeitsabpressung. Dass diese Aktionen überschwappen, das ist es, was den Damen und Herren in den Ministerien Sorge bereitet. Und nicht etwa, dass einige zehntausend zu den Parolen irgendwelcher Parteiführer und professionellen Protestkanalisierer für ein paar Stunden durch die Straßen Berlins ziehen.

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