Hartz IV: Wir fordern mehr Geld und Wohnraum!

Das Allgemeine Syndikat Köln resümiert in seinem neuen Flugblatt die drohenden Auswirkungen des Arbeitslosengeld II (ALG 2) für Arbeitslose und Sozialhilfe-Empfänger: Ein Katastrophe für 3,2 Mio. Betroffene und ihre Kinder.

Einen besonderen Augenmerk legen die GenossInnen auf den Zusammenhang zwischen Wohnungsmarkt und Arbeitsmarkt, der bislang in den Medien kaum beachtet wird. Ab 2005 sollen die Kommunen sämtliche Mietkosten der ALG 2 - EmpfängerInnen übernehmen. Schon jetzt akzeptiert das Kölner Sozialamt für Alleinstehende nur eine Miete von 297 EUR. Die Stadt verschickt Mahnungen an alle Sozi-Empfänger, die mehr Miete zahlen, sich eine neue Wohnung zu suchen. Nach der Arbeitslosigkeit droht möglicherweise die Obdachlosigkeit.

Außerdem warnt das Kölner Syndikat vor Heirat und rät zu getrennten Wohnungen. Das Flugblatt schließt mit dem Aufruf, eine Arbeitslosengewerkschaft zu gründen.

Liebe Arbeitslose und Sozi-EmpfängerInnen!

Wie nicht anders zu erwarten, haben sich Bundestag und Bundesrat Anfang Juli auf die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II (ALG2) geeinigt. Start-Termin dieser größten Verelendungsmaßnahme der letzten Jahrzehnte soll der 1. Januar 2005 sein - auch wenn noch in den Sternen steht, ob dieser Termin wirklich machbar sein wird. Einiges dürfte auch von unserem Widerstand abhängen und vom Chaos in der Bundesanstalt für Arbeit (BA). Wir haben jedenfalls den Ehrgeiz, den Herren Arbeitsmarkt-Strategen gehörig in die Suppe zu spucken. Betroffen sind immerhin geschätzte 3,2 Millionen LeistungsempfängerInnen und deren Kinder.

Was Hartz IV konkret bedeutet:

Der ALG2-Satz soll in Zukunft pauschal 345,- EUR für Alleinerziehende betragen, egal wie viel Du vorher gekriegt hast, egal wie viel Du brauchst.

Die Möglichkeit "Hilfe in besonderen Lebenslagen zu beantragen", soll wegfallen: Also Sachleistungen zur Haushaltseinrichtung, wie Herd, Waschmaschine, etc. oder Umzugskosten, eine Kaution etc. Bei Licht betrachtet ist das eine absolute Schweinerei. Jetzt gilt für alle Sozi-Empfänger: Gelder beantragen, solange es noch geht! Checkt eure Haushaltseinrichtungen. Deckt die Sozialämter oder JobCenter-Fallmanager mit Anträgen ein! Die Möglichkeiten für besondere Leistungen sind vielfältig und werden in den seltensten Fällen voll ausgeschöpft.

Sucht euch Single-Appartements!

Was keine Zeitung offen und deutlich schreibt: Ehepaare und Partnerschaften sind in den Arsch gekniffen. Wenn einer arbeitet, kann der Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin kein ALG 2 mehr beantragen. Das Einkommen des arbeitenden Partners wird voll angerechnet. Im Klartext: Dein Ehemann, Mitbewohner etc. soll dich durchfüttern. Hier lautet der Tipp: Zieht auseinander, sucht euch rechtzeitig Single-Appartements, heiratet nicht! Zusammenwohnen lohnt sich nur noch wenn beide dauerarbeitslos sind, beide arbeiten oder eine klassische Rollenaufteilung zwischen Lohnarbeit und unbezahlter Hausarbeit herrscht.

Die zweite Front: der Wohnungsmarkt

Zusätzlich zu den 345,- EUR soll die Stadt Köln in Zukunft die gesamten Mietkosten der Leistungsempfänger tragen. Und hier tut sich eine zweite Front auf, die bislang niemand richtig beachtet. Die Wohnungsfrage. Das Sozialamt erlaubt für eine alleinstehende Person derzeit eine Miete von 297 EUR. Was ein Witz ist. Derzeit verschickt die Stadt Tausende von Briefen an Sozi-EmpfängerInen mit der Aufforderung, die Miete sei zu hoch, man solle sich neuen Wohnraum suchen.
Die Stadt Köln ist in Zukunft für die kompletten Mietkosten der ALG 2 - Empfänger zuständig - wir reden von bis zu 90.000 Leuten. Da die Stadt aber aufgrund ihrer korrupten Haushaltspolitik chronisch pleite ist, wird sie was tun? Sie wird uns für die hohen Mieten verantwortlich machen, genauso wie man uns für unsere Arbeitslosigkeit verantwortlich macht. Sie wird uns mit Obdachlosigkeit drohen. Schon jetzt stehen täglich Hunderte von Wohnungssuchenden in den Wohnungsämtern.

Wir sagen dagegen an die Adresse der Stadt: Gebt uns die volle Miete oder gebt uns billigen Wohnraum! Und zwar keine Löcher an den vergessenen Rändern der Stadt.

Wir sagen an die Adresse aller Arbeitslosen: Die Zeit des Wartens ist vorbei! Bislang haben wir uns allein, oder mit der Hilfe von Freunden und Bekannten durchs Leben gekämpft. Als Arbeitslose haben wir uns nicht aus der Deckung getraut. Aber wir sind über 62.000 Arbeitslose in Köln und über 60.000 Sozi-EmpfängerInnen! Wir müssen uns zusammenschließen und für unsere Rechte kämpfen.

Eine Gewerkschaft der Arbeitslosen aufbauen!

Wir schlagen daher vor, eine schlagkräftige Arbeitslosen-Gewerkschaft aufzubauen. Wir haben nichts mit den bürokratischen DGB-Bremsern zu tun. Wir meinen eine Gewerkschaft im ursprünglichen Sinn: als Selbsthilfe- und Kampf-Organisation der Betroffenen ohne Funktionäre und völlig unabhängig von Parteien und Institutionen. Gegründet zu folgendem Zweck:

- Verbesserung unserer Lebensverhältnisse
- Verteidigung gegen Ämter, Behörden und Vermieter
- Gegenseitige Hilfe, Beratung, Erfahrungsaustausch
- Öffentliches Auftreten und direkte Aktionen

Ein Angriff auf eine(n) ist ein Angriff auf alle!

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