Berlin: Filmreihe ANARCHIE

Bereits in einem der ersten Filme taucht ein bombenwerfender Anarchist als Protagonist auf. Seitdem stapfen die Anarchos munter durch die Filmgeschichte, mal als Klischee verzerrt, bisweilen mit Sympathie portraitiert und manchmal sogar hinter der Kamera.
Diese Reihe gibt einen kleinen Einblick ins Cinema libertaire. Sie findet vom 17.-29. Juni mit Unterstützung des Kultursyndikats der FAU Berlin im Lichtblick-Kino im Prenzlauer Berg statt.

FILME

Liebe und Anarchie

Frankreich/Italien 1973, 125 min Regie und Buch: Lina Wertmüller Musik: Carlo Savina, Nino Rota
Tragikomisches Werk über die Unvereinbarkeit von Menschlichkeit und Unschuld mit den gnadenlosen Mechanismen der Politik: in den 30er Jahren kommt der Anarchist Tipolino vom Land in die Stadt Rom, um ein Attentat auf Mussolini zu verüben. Als Unterkunft dient ihm durch seine Kontaktpersonen ein Bordell, in dem er schon bald die Liebe seines Lebens trifft. Doch seine Pläne lassen sich nicht wie vorgesehen verwirklichen. Mächtige Politik, zärtliche Romanze, bitterböse Farce und melodramatische Tragödie, dazu die grandiose Musik von Rota und Savina und ausgezeichnete Darstellerleistungen: große Kinounterhaltung mit großem Hintergrund.

Die Strategie der Schnecke
Kolumbien 1993, 116 Minuten
Ein altes Mietshaus in einem Vorort der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Der Besitzer, ein aufgeblasener Emporkömmling, will das Haus "entmieten", die Bewohner auf die Strasse setzen. Doch hier leben schon seit Jahren eine Reihe von Menschen zusammen, die sich trotz der drangvollen Enge in diesem Haus heimisch fühlen: Don Jacinto, der alte Anarchist; Romero, der Anwalt, der keine Zulassung hat, doch die Gesetzestricks kennt; ein junger Revolutionär, der sich gern auf die Massen stürzt; ein Pater, der im Diesseits Befriedigung sucht; Gabriel, der sich als Gabriela verkauft; eine Alte, die mit einem Scheintoten lebt und der ein Wunder geschieht. Sie alle haben keine Chance, aber sie nutzen sie. Denn der Anarchist Jacinto entwickelt einen schlitzohrig-genialen Plan, wie man die noch verbleibende Zeit bis zum angedrohten Rauswurf nutzen kann: Die Strategie der Schnecke…

Themroc
Frankreich 1992, 110 Min., Farbe, 35mm, Regie: Claude Faraldo, Darsteller: Michel Piccoli, Beatrice Romand, Miou-Miou, Coluche, Patrick Dewaere
"Faraldo hat die vielzitierte Sprachlosigkeit des Proletariats beim Wort genommen: In THEMROC wird nur gegrölt, gebrüllt, untertänigst gehustet, von oben herab gebrabbelt, lustvoll gekeucht, charmant gewinselt. Michel Piccoli als Anarcho-Tarzan Themroc beherrscht diese Töne am perfektesten. Mit sichtlichem Spaß läßt er all die bourgeoisen Perverslinge hinter sich, auf die er bisher getrimmt war, und brüllt und grölt sich durch den Film. [. . .] Anarchie sei der Terror der Starken und die Hoffnung der Schwachen, hat James Reston mal geschrieben, die Farbe von THEMROC ist vom Schimmer dieser Hoffnung." (Wolfgang Limmer, Süddeutsche Zeitung)

Die Ritterinnen
von Barbara Teufel, 96 min., Spielfilm, BRD 2003
Barbara Teufel schaut zurück auf eine Zeit, in der vieles möglich schien. Der Film erzählt die Geschichte einer Gruppe von sieben Frauen, die 1987 ihre Frauenwohngemeinschaft gründeten, erzählt von ihrem alltäglichen Leben in der Kommune, ihrer Freundschaft und Liebe, von ihrer politischen Arbeit, ihren Diskussionen und ihren Widersprüchen. In diesen Spielfilm eingefügt sind die Erinnerungen der „echten“ Ritterinnen, die in Interviews ihre Motive erklären und ihre Ansprüche reflektieren. Archivmaterial, Bilder von Straßenkämpfen in Kreuzberg und Rest-West-Berlin, von Demonstrationen und Aktionen gegen den IWF-Gipfel 1988 rekonstruieren die Atmosphäre in einer Stadt nahe dem Ausnahmezustand.

Große Freiheit, kleine Freiheit
Deutschland 2000 · 83 min · Farbe, Regie: Kristina Konrad
Inge Viett und María Barhoum - zwei Frauen, die Ende der 60er Jahre für eine revolutionäre Veränderung der Welt kämpften: Inge Viett in der ersten Welt, María Barhoum in der dritten. 1999, zehn Jahre nachdem die zweite Welt zusammengebrochen ist, treffen sie sich auf Kuba: ein dritter fremder Ort und doch wie ein Spiegel für einige ihrer Fragen, Hoffnungen und Befürchtungen. Der Film erzählt Momente aus dem Leben des ehemaligen Mitglieds der "Bewegung 2. Juni" und der "Roten Armee Fraktion" Inge Viett in der BRD (und später in der DDR) und von María Barhoum, Mitglied der Anarchistischen Föderation, in Uruguay und sucht den Faden ihrer gemeinsamen Utopie unter den verschiedenen Bedingungen auf den zwei Kontinenten aufzuspüren. Ein Doppelportrait jenseits einer Verherrlichung oder Verdammung der Protagonistinnen und der sie begleitenden Umstände.
Am Sa 19.06. in Anwesenheit der Regisseurin Kristina Konrad

Das negative Potential (2003)
Johannes Agnoli im Gespräch, 70 min
Dokumentarfilm, D 2003. Ein Film von Markus Mischkowski, Christoph Burgmer, Siddho Varza
„Wir alle betrachten uns als Konkurrenten, im Beruf, im Alltagsleben, in der Liebe. Dagegen muß man sich wehren. Wir wollen keine Konkurrenten sein, wir wollen autonome Subjekte sein.“ Johannes Agnoli
Am Mo 21. 06. in Anwesenheit von Barbara Agnoli

Power and Terror. Noam Chomsky - Gespräche nach 9/11
Vortragsfilm, Japan, 2002/03
Noam Chomsky, Linguistik-Professor und bekennender Anarchist, gilt als einer der wichtigsten Kritiker der US-amerikanischen Außenpolitik.
"Power and Terror" ist die Chronik einer Reihe von Gesprächen, die Chomsky in Kalifornien und New York im Frühjahr 2002 führte, kombiniert mit einem Interview in seinem Büro in Cambridge. Begründet auf dem Prinzip, dass Gewaltausübung gegen Zivilbevölkerung Terror ist, ungeachtet ob die Täter muslimische Extremisten sind oder der mächtigste Staat der Welt, fordert Chomsky die USA auf, ihre Taten den moralischen Standards zu unterziehen, die sie von anderen verlangen. - Ein spannender Dokumentarfilm und wichtiges Zeitdokument.

The Wobblies
von Deborah Shaffer & Stewart Bird
Ein Film über die legendären Industrial Workers of the World, die am Anfang des letzten Jahrhunderts den Bossen das fürchten lehrten, die aber auch kulturell ihre Spuren hinterließen.
Am So 20.06. in Anwesenheit eines IWW-Mitglieds

Anarchosyndikalismus
Thema des Films ist der Anarchosyndikalismus in Deutschland, insbesondere während seiner Blütezeit in den 20er Jahren (dargestellt am Beispiel der Stadt Sömmerda in Thüringen).
Am Do 17.06 in Anwesenheit einiger FAU-Mitglieder

Wilckens
Der deutsche Anarchist Kurt Gustav Wilckens ging in die argentinische Geschichte als Held ein, der den „Schlächter von Patagonien“ zur strecke brachte. Der Film zeichnet das Leben des eigentlich pazifistischen Tolstoianer nach.

Die lange Hoffnung
Mit Clara Thalmann und Augustin Souchy in Spanien
Medienwerkstatt Freiburg, BRD 1984, 90 Min.
Der Film beginnt, wo andere über die Geschichte des spanischen Bürgerkrieges enden: an der Grenze. Die Filmemacher begleiteten sechs Wochen lang Clara Thalmann und Augustin Souchy in die Gegend Kataloniens, wo beide zwischen 1936 und 1939 aktiv an den Kämpfen gegen Franco und an der Kollektivierung der anarchistischen CNT, „der einzigen sozialen Revolution von unten“ teilgenommen haben.

A las Barricadas
Der Film begleitet den Wuppertaler Anarchosyndikalisten Helmut Kirschey auf eine Erinnerungsfahrt nach Spanien, wo er aktiv als Milizionär der Kolonne Durruti an den Kämpfen des Bürgerkriegs zwischen 1936 und 1939 teilnahm.

SONDERVERANSTALTUNGEN

Rudolf Rocker special
Rudolf Rocker gilt als der Theoretiker des Anarchosyndikalismus. In diesem Special wird in drei Filmen und in einer Dskussion mit dem Historiker Andreas Graf versucht werden sich dem Leben und Wirken Rockers zu nähern.

Inkl. Premiere: „Nicht aus der Haut“ - Fermin Rocker
von Angelika Waniek und Karin Schlicht, 29 min
„Nicht aus der Haut“ ist ein leiser Film über den 96-jährigen Maler Fermin Rocker. Der Film gibt Einblicke in sein heutiges Leben, streift Stationen seines künstlerischen Werdegangs und spannt den Bogen zu einer Zeit, die vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges liegt. Eine Zeit die Fermin Rockers Leben geprägt hat, seine Kindheit im East End von London inmitten der politischen Aktivitäten seiner anarchistischen Eltern, Milly Witkop und Rudolf Rocker.
Do 17.06. 19.00 Uhr

Podiumsdiskussion: Kino, Kunst , Anarchie
Gibt es soetwas wie eine anarchistische Ästhetik? Wie ist libertäre Kulturproduktion unter den gegeben gesellschaftlichen Umständen überhaupt möglich? Solche und ähnliche Fragen diskutieren Zoran Solomun (Filmemacher), Carola Göllner (Malerin), Danny Bruder (Musiker) und Bert Papenfuß (Schriftsteller).
Anschließend wird der Film ACH, EIN UNTERTAN von Zoran Solomun gezeigt.
Di 22.06., 22.00 Uhr

Cinema CNTistas
Auf den Putsch Francos im Juli 1936 antworteten die spanischen Arbeiterinnen und Arbeiter mit einer sozialen Revolution. Die Iindustrien wurden unter Führung der anarchosyndikalistischen CNT kollektiviert, darunter auch die Filmindustrie. Eine Reihe unterschiedlichster Filme entstanden in dieser Zeit, vom kitschigen Melodram über Reportage- und Propagandafilme bis hin zu neorealistisch anmutende Spielfilme.

Wir zeigen in einem ersten Block vier kürzere Filme: „Aguluches de la FAI“, „Barcelona trabaja para el frente“, „Reportaje de un movimiento revolucionario en Barcelona“ und „Bajo del signo libertario“
In einem zweiten Teil läuft der Spielfilm „Aurora de Esperanza“.
Mi 23.06. 18.00 + 20.00 Uhr mit einer Einführung von Wolfgang M. Hamdorf und
Di 29.06. 18.00 + 20.00 Uhr

P-Pack audiovisuell
Das P-Pack ist ein libertärer Zusammenschluß Berliner Musiker, Filmemacher und anderer Kulturguerilleros. P-Pack audiovisuell zeigt einen Einblick in ihre Umtriebe.
Do 24.06. 20.00 Uhr

Machno special
Ein Vortrag von Mattias Seiffert mit Film zur Entwicklung der Machno-Bewegung (der ukrainischen Bauernbewegung für eine anarcho-kommunistische Gesellschaft) ab 1905 und dessen Namensgeber: Nestor Machno, sowie über den Verrat und die Liquidierung der Bauernbewegung durch Lenin und Trotzki in den Jahren 1917-1921.
So 27.06., 17.00 Uhr


GESAMTPROGRAMM

Do 17.06.
18.00h Anarchosyndikalismus (mit Einführung und Gästen)
19.00h Rudolf Rocker special: u.a. Premiere “Nicht aus der Haut” –Fermin Rocker (in Anw.von Andreas G. Graf)

Sa 19.06.
17.00h Grosse Freiheit – kleine Freiheit (in Anw. von Kristina Konrad)
18.30h Power and Terror. Noam Chomsky – Gespräche nach 9/11 (OmU)
20.15h Liebe und Anarchie
22.15h Die Strategie der Schnecke OmU
24.00h Themroc!

So 20.06.
17.00h The Wobblies – die legendären Industrial Workers of the World (mit Gästen)
18.30h Power and Terror. Noam Chomsky – Gespräche nach 9/11 (OmU)

20.15h Die Ritterinnen
22.00h Die Strategie der Schnecke OmU

Mo 21.06.
18.00h Anarchosyndikalismus
18.45h Das negative Potential – Johannes Agnoli im Gespräch (in Anw. Barbara Agnoli)
20.15h Die Ritterinnen
22.00h Themroc!

Di 22.06.
18.00h Anarchosyndikalismus
18.45h Das negative Potential – Johannes Agnoli im Gespräch
20.00h Podiumsdiskussion: Kino, Kunst, Anarchie, anschließend Film: ACH, EIN UNTERTAN
22.30h Themroc!

Mi 23.06.
18.00h Cinema CNTistas: Kurzfilme der CNT aus der spanischen Revolution (OV)
(mit Einführung von Wolfgang M. Hamdorf)
20.00h Cinema CNTistas: Aurora de Esperanza (1936) (OV)
(mit Einführung von Wolfgang M. Hamdorf)
22.00h Die Strategie der Schnecke OmU

Do 24.06.
18.00h Power and Terror. Noam Chomsky – Gespräche nach 9/11 (OmU)
20.00h P-Pack Audiovisuell – Kurzfilme und Videoclips (mit Gästen)

Sa 26.06.
17.00h Wilckens – vom deutschen Anarchisten zum argentinischen Volksheld
18.30h Power and Terror. Noam Chomsky – Gespräche nach 9/11 (OmU)
20.15h Die Ritterinnen
22.00h Themroc!
24.00h Die Strategie der Schnecke OmU

So 27.06.
17.00h Machno spezial: Vortrag + Filmauschnitte zu Nestor Machno (mit Diskussion)
18.30h Power and Terror. Noam Chomsky – Gespräche nach 9/11 (OmU)
20.15h Themroc!
22.00h Die Strategie der Schnecke OmU

Mo 28.06.
18.00h Die lange Hoffnung
19.30h A las Barricadas
20.30h Themroc!
22.00h Die Strategie der Schnecke OmU

Di 29.06.
18.00h Cinema CNTistas: Kurzfilme der CNT aus der spanischen Revolution (OV)
20.00h Cinema CNTistas: Aurora de Esperanza (1936) (OV)
22.00h Die Strategie der Schnecke OmU

Lichtblick-Kino
Kastanienallee 77
Prenzlauer Berg
www.lichtblick-kino.org