Der DGB Hamburg dreht vollends durch!

Während der Bundes-DGB die gnadenlose Durchsetzung von Hartz IV / ALG II fordert (Engelen-Käfer), schlägt der DGB Hamburg - "auch wenn es fast zu spät ist" - plötzlich Alarm und fordert die Rücknahme der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe. Warum dieser Sinneswandel?
Jeder kann sich ja mal vergaloppiert haben - aber so einfach ist das ja nicht. DGB-Funktionäre haben an allen Hartz-Vorschlägen mitgearbeitet und jetzt, wo das staatliche Fiasko bei der Umsetzung droht, wollen sie ihre Klientel, die anständigen deutschen ArbeitnehmerInnen vor dem Absturz in die Armut bewahren.

Welch' Verlogenheit, welch' üble Propaganda-Show! Lest genau, was der DGB-Pumm sagt: "Dabei werden typische Arbeitnehmerhaushalte aus der "Mitte der Gesellschaft" erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen müssen". Ach nee, war uns vollkommen durch die Lappen gegangen, ihr Bonzen, deshalb haben wir seit 2002 auch schon dagegen demonstriert, als FAU - gerade in Hamburg.

Diese dreiste Erklärung soll nur dem Widerstand den Wind aus den Segeln nehmen, der den Funktionären und Apparatschiks derzeit von alles Seiten umtost. Aber es bedeutet faktisch nichts anderes, als dass dem DGB Hamburg das Elend von Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängerinnen - schon immer am Rande der Gesellschaft! - vollends am Arsch vorbeigeht, Hauptsache, das die "Mitte der Gesellschaft" ihre Kohle behält und nicht verelendet ...

Diese Gewerkschafter sind die übelsten Biedermänner von allen, die allein um die Kaufkraft ihrer Mitglieder sorgen, um "die Gesellschaft", als wenn diese Ausbeutergesellschaft "unsere" wäre.

DGB – kielholen, sagen wir!

Isegrim, FAU Hamburg


Das Dokument des Grauens:

Dienstag der 1. Juni 2004 - Hartz IV - Arbeitslosengeld II

DGB Hamburg schlägt Alarm:

Über 70 Prozent der Arbeitslosenhilfe-Empfänger in Hamburg werden keine oder eine geringere Leistung erhalten

Die geplante Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II wird nach Berechnungen des DGB für 71 Prozent der derzeit 42.540 Arbeitslosenhilfe-Empfänger in Hamburg eine Kürzung oder gar Streichung ihrer Leistung bedeuten.

"30.195 Menschen in Hamburg mutet man mit dem Arbeitslosengeld II auf dem Niveau der Sozialhilfe eine deutliche Verschlechterung ihres sowieso schon geringen Lebensstandards zu", sagt sich Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg. "Mit der Einführung des ALG II verabschiedet man sich von der Lohnorientierung der bisherigen Arbeitslosenhilfe. Das ist der gewaltigste Einschnitt in das Sozialsystem seit Bestehen der Bundesrepublik; auch wenn es fast zu spät ist - er muss gestoppt werden."

War bisher die Grundlage für die ALHI-Leistung die Höhe des letzten Gehalts, gibt es künftig nur noch eine einheitliche Grundsicherung, die neben der Sicherung des existenzminimalen Lebensunterhalts (345 Euro für einen Single im Westen) nur noch angemessene Miet- und Heizkosten umfasst. Und Familienangehörige werden dabei in "Sippenhaft" genommen: Nach dem Muster des Bundessozialhilfegesetzes werden künftig alle Einkünfte der sog. Bedarfsgemeinschaften mit wenigen Ausnahmen angerechnet.

Ein ergänzender Anspruch auf Grundsicherung besteht nur, wenn das gesamte Haushaltseinkommen unter der Bedürftigkeitsgrenze des neuen Fürsorgesystems liegt.

Erhard Pumm: "Dabei werden typische Arbeitnehmerhaushalte aus der 'Mitte der Gesellschaft' erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Und sie werden auf Grund der neuen Zumutbarkeitsregeln gezwungen sein, auch Hilfsjobs anzunehmen, die bis zu einem Drittel unter dem ortsüblichen Tariflohn liegen und nicht ihrem erlernten Beruf entsprechen. Das bedeutet für viele: arm trotz Arbeit."

Anzahl der Hamburger ALHI-Empfänger im Februar 2004: 42.540

Davon beziehen nach Hartz IV ab Januar 05:

  • keine Leistung mehr: 8.500 (20 Prozent)
  • geringere Leistung: 21.695 (51 Prozent)
  • in etwa gleiche Leistung: 4.680 (11 Prozent)
  • höhere Leistung: 7.665 (18 Prozent)

    Höhere Leistungen stehen nur Arbeitslosen zu, deren bisherige Arbeitslosenhilfe unter dem Sozialhilfesatz lag. Sofern sie bisher aufstockende Sozialhilfe erhielten, bleibt ihr Leistungsniveau gleich.

    Quelle: DGB-Berechnungen auf Basis der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage im Bundestag (Drs. 15/1279) und BA-Statistik