Direkte Aktion im Sozialamt

Am 21. Mai wurde gegen den 31-jährigen Oberinspektor Tomas G. eine Anklage wegen "Veruntreuung" erhoben, weil er von ihm betreuten Empfängern Sozialhilfeleistungen gewährte, die ihnen nicht zustanden.

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den 31-jährigen und mittlerweile suspendierten Sachbearbeiter des Spandauer Sozialamtes in 250 Fällen aus dem Zeitraum von August 2000 bis März 2003. Der von ihm verursachte "Schaden" wird gegenwärtig auf ca. 260.000 € geschätzt.
Dabei handelt es sich um von ihm vorgenommene Aktenmanipulationen, um insgesamt vier Person Zahlungen zukommen zu lassen, die über ihren offiziellen Anspruch hinausgingen.
Während er, wie er gestand, in einem Fall zu diesen Maßnahmen griff, weil er sich durch einen ihm drohenden, äußerst agressiven Amtsgänger eingeschüchtert fühlte, so handelte er ihn anderen Fällen angeblich aus Mitleid; so z.B. im Falle einer 54-jährigen und krebskranken Wicklerin. (1)

Es sei jedoch erwähnt, dass auch Drohungen von Empfängern gegen Sachbearbeiter als durchaus nachvollziehbar gewertet werden müssen, anbetrachts der Tatsache, dass letztere in der Regel als eiskalte Vollstrecker innerhalb des zumeist nach asozialen Kriterien ausgerichteten Behördenapparates zur Durchsetzung sozialer Willkür fungieren - und damit oftmals ganze Lebensexistenzen fundamental zerstören. Symptomatisch dafür ist, dass tätliche Übergriffe auf Sachbearbeiter - bis hin zu Mord - aufgrund der Streichung von existenziell notwendigen Sozialleistungen im bundesdeutschen Alltag keine Seltenheit mehr sind. (2)

"Die Mitarbeiter der Sozialämter klagen über zunehmende Aggressivität in den Arbeitsräumen. Beleidigungen und tätliche Angriffe sind an der Tagesordnung. Der Bezirk Neukölln lässt das Sozialamt mit Videokameras überwachen, andere Bezirke wollen demnächst nachziehen." (3)

Wie dem auch sei, Tomas G. bewies, eben nicht solch ein funktionierender Befehlsempfänger zu sein, und verübte einen Akt der sozialen Solidarität. Ob er dies nun aus einem ideelen Hintergrund oder einfach nur aus "Mitleid" tat, seine Handlung muss dennoch als direkte Aktion, als Sabotageakt im behördlichen Arbeitsalltag im Kontext praktischer Solidarität interpretiert werden.
Trotz der offensichtlichen Sachlage, dass er sich nicht im geringsten selbst bereichert hat, kommen die bürgerlichen Medien nicht umhin, seinen Fall mit Korruptionsfällen, ausschließlich zur Selbsbereicherung, in Verbindung zu bringen und vom "kriminellen" Wesen dieser Tat zu berichten.
Die zuständige Bezirksstadträtin für Soziales und Gesundheit, Frau Birgit Bialkowski, äußerte sich in absolut undifferenzierter Weise gar wie folgt:

"Erneut habe ich mit großer Betroffenheit zur Kenntnis nehmen müssen, dass ein Mitarbeiter meiner Abteilung verdächtigt wird, Steuergelder in beträchtlicher Höhe veruntreut zu haben. Obwohl wir gerade aufgrund des Veruntreuungsfalles aus dem letzten Jahr durch eine Reihe von Maßnahmen dem Risiko von Veruntreuungen aktiv entgegengetreten sind, ergibt sich erneut, dass derartige strafbare Handlungen bei entsprechender krimineller Energie niemals ausgeschlossen werden können. Offensichtlich bieten die bestehenden Sicherheitsmaßnahmen keinen ausreichenden Schutz. Schon anlässlich des letzten Vorfalles dieser Art musste ich leider feststellen, dass das gegenwärtig im Lande Berlin verwendete Programm zur Berechnung und Zahlbarmachung der Sozialhilfe keinen wirklich wirksamen Schutz gegen derartige Veruntreuungen bietet. Insoweit ist es dringend erforderlich, für eine Umsetzung des sog. Vier-Augen-Prinzips innerhalb des Berechnungsverfahrens Sorge zu tragen.
Unabhängig davon werde ich prüfen, warum die bestehenden Sicherheitsvorkehrungen die mutmaßliche Veruntreuung nicht verhindert haben und ggf. die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal verstärken. In der Frage der einzuleitenden Maßnahme werde ich mich eng mit der bezirklichen ´Anti-Korruptionsarbeitsgruppe´abstimmen."(4)

Tomas G. droht nun durch das gegen ihn eingeleitete Verfahren ein Haftstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Es scheint gerade aufgrund des Wesens seiner Tat dringlich, seinen Fall, unabhängig seiner "ideologischen" Ausrichtung, publik zu machen, um damit eventuell eine Solidaritätskampagne ins Rollen zu bringen, die nicht nur ihn ermutigen, sondern generell zur Bewusstwerdung beitragen soll, dass es sich um ein von anderen Leuten nachzueiferndes und Respekt gebührendes Verhalten menschlicher Anteilnahme und ziviler Courage handelt - und nicht um einen kriminellen Akt. Wer Solidarität mit Florida Rolf übt, muss es allemal mit Tomas G.

Frau Bialkowski, eben jene Urheberin, der oben zitierten Hetzrede, ist telefonisch unter 030/3303-2240 zu erreichen (wegen evtl. Unklarheiten und Anfragen - zwinker, zwinker).
Michael Grunwald, Staatsanwalt in Sachen Tomas G., ist zu erreichen unter 030/9014 - 2280, 2332, 2470.

Anm.:

(1) Siehe die Pressemitteilung Nr. 47/2004 der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vom 21. 5. 2004, www.berlin.de
(2) Siehe Interview mit ehemaliger Sachbearbeiterin, www.lichter-der-grossstadt.de
(3) Zitiert aus: www.nd-online.de
(4) Zitiert aus: www.berlin.de