DGB will zügig das ALG II haben - wozu dann eigentlich noch demonstrieren?

Pünktliche "Reform" verlangt. DGB Gewerkschaften kritisieren drohenden Zeitverzug bei geplanter Einführung des Arbeitslosengeldes II.
Die DGB-Spitze macht sich Sorgen, daß sich die Verschlechterung der Situation von Langzeitarbeitslosen durch das sogenannte Arbeitslosengeld II (ALG II), geplant zum 1. Januar 2005, verzögert.

DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer befürchtet "neue Verschiebebahnhöfe, mehr Bürokratie und ein organisatorisches Chaos", wie sie am Montag in Berlin erklärte. Sie kritisierte die "politischen Machtspiele" zwischen Regierung und Opposition.

Beim Streit zwischen Koalition und Union ging es vor allem darum, ob Kommunen oder die Bundesagentur für Arbeit die Langzeitarbeitslosen betreuen sollen. Der Vermittlungssausschuß von Bundestag und Bundesrat hatte sich im Dezember auf das sogenannte Optionsmodell geeinigt. Danach können die Kommunen wahlweise die Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen aus Händen der Bundesagentur übernehmen.

Hinzu kommt die Frage, wie die Städte und Gemeinden finanziell entlastet werden, denn sie sollen zukünftig unter anderem die Unterkunftskosten für die ALG-II-Empfänger allein tragen. Die Kommunen rechnen dadurch mit einer Mehrbelastung in Höhe von bis zu 2,5 Milliarden Euro statt mit der vom Bund errechneten Entlastung von 2,5 Milliarden.

DGB-Vizechefin Engelen-Kefer forderte flexible Regelungen, die den kommunalen Gegebenheiten gerecht werden. Durch die organisatorischen Probleme dürfe es nicht zu einer Verzögerung bei der geplanten Auszahlung des ALG II kommen.

Was die Einführung der Software betrifft, mit der Arbeits- und Sozialämter die neuen Regelungen verwalten sollen, rechnet der Deutsche Städte- und Gemeindebund inzwischen mit einer neuen "Maut-Situation". Auch Engelen-Kefer findet, die gescheiterte LKW-Maut-Einführung sei gegen diesen "riesigen Umbauprozeß" ein "Spaziergang" gewesen. An dieser Stelle verbiete sich deshalb jeder Zeitdruck. Auch die Gewerkschaft für den kommunalen Dienst im Beamtenbund, kompa, hatte die Lage beim Arbeitslosengeld II kürzlich heftig kritisiert.

Engelen-Kefer erinnerte daran, daß sich die Situation der Langzeitarbeitslosen durch die neuen Regelungen "erheblich materiell" verschlechtern werde. 1,7 Millionen bisherige Empfänger von Arbeitslosenhilfe und fast eine Million erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger seien davon betroffen. Viele Arbeitslosenhilfeempfänger würden dann keine Leistungen mehr bekommen, im Osten mehr als ein Drittel, im Westen jeder Fünfte. Fast die Hälfte von ihnen bekämen ab 1. Januar weniger.

Der DGB finde das "unerträglich". Zwar sei man gegen das Arbeitslosengeld II gewesen, doch "gute Demokraten" müßten sich an das halten, was der Gesetzgeber beschlossen habe. Deshalb müsse der "größte Umbauprozeß in der deutschen Sozialgeschichte" nun erfolgreich gestaltet werden. Denn grundsätzlich sei es richtig, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzulegen und erwerbsfähige Sozialhilfempfänger "aktivierend einzugliedern".

Tilo Gräser

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