WIR KRIEGEN NUR, WAS WIR UNS NEHMEN!

Aufruf zum anarcho-syndikalistischen Block auf der Demo gegen Sozialabbau am
3. 4. in Berlin. Wir sehen uns bei den schwarz-roten Fahnen, um 10.00 Uhr, am Alexanderplatz.

Da demonstriert man hin und her, und es scheint niemanden zu jucken. Trotz
der 100 000 Menschen, die am 1. 11. letzten Jahres gegen die "Agenda 2010" auf
die Straße gegangen sind, ist diese nun weitgehend in Gesetze gegossen. Sie
beginnt, sich in unserem Alltag schmerzlich bemerkbar zu machen. Ob im Job,
auf dem Arbeitsamt oder beim Zahnarzt: Wir haben mehr Druck auf den Schultern
und weniger Geld in den Taschen. Für die Interessen "unserer Firma" und des
"Standorts Deutschland" sollen wir uns gegenseitig niederkonkurrieren, sollen
wir auf Zeit und Geld und Würde verzichten. Im übrigen: äMaul halten und wenn
es ihnen nicht passt - bitte!"

ALLES EGAL?

Warum also Aufrufe zum Demonstrieren lesen, warum auf die Straße gehen?
Warum noch mit FreundInnen und KollegInnen darüber reden? Warum all die Wut, wenn die Gesetze trotzdem gemacht werden, die Sozialhilfe trotzdem gekürzt wird, Studiengebühren trotz massiver Proteste immer weiter ausgeweitet werden, der öffentliche Nahverkehr trotzdem teurer wird und Gesundheit immer mehr zum Luxus wird.
Warum? Weil es sie trotzdem juckt! - Dann, wenn die soziale Bewegung, die sich am 1. November erstmals massiv auf der Straße gezeigt hat, kein Strohfeuer
bleibt.

UNSERE AGENDA HEISST WIDERSTAND

Die den in Europa stattfindenden sozialen Angiffen entsprechende Antwort
wäre der unbefristete Generalstreik. Doch die Kräfteverhältnisse in Deutschland
sind andere als in Italien, Frankreich oder Spanien, wo dies stattfindet,
wenn auch nur auf einzelne Tage beschränkt. Hierzulande versuchen "Arbeitgeber",
Parteien und Regierung auszuprobieren, wie weit sie noch gehen können und es
ist kein Ende in Sicht. Abschaffung der Ausbildungsvergütung, unbezahlte
Mehrarbeit nach Bedarf und Aushebelung des Kündigungsschutzes sind nur einige
Stichworte.
Aber wir sind nicht ohnmächtig, auch wenn wir am Anfang stehen. Und das ist
der Punkt, warum wir mehr Demonstrationen wie die am 1. 11. brauchen. Sicher: Demonstrationen allein interessieren niemanden ernsthaft. Sie sind nur Ausdruck unserer Wut, die im Alltag ensteht und die wir auf die Straße tragen.
Aber wir nehmen auch etwas in unseren Alltag zurück: Selbstbewußtsein! - das
Wissen, dass wir nicht alleine sind, dass da viele sind, die sich nicht alles gefallen lassen, die Hoffnung, dass die "Reformen" der Regierung und den "Arbeitgebern" ganz gewaltig auf die Füße fallen werden. Dieses Selbstbewußtsein strahlt auch auf die aus, die sich die Demonstration nur im Fernsehen anschauen. Es wird uns helfen, im alltäglichen Klassenkampf wieder öfter zu gewinnen. Und das ist verdammt nötig, wenn wir bestimmte Lohn- und Arbeitszeitstandards wenigstens halten wollen.

JOIN THE UNION

Die DGB-Gewerkschaften fahren währenddessen ihr altes Programm. Sie klammern verzweifelt am Burgfrieden zwischen Arbeit und Kapital, der von
"Arbeitgebern" und Regierung längst aufgekündigt würde. Viele, die am ersten November auch ohne Erlaubnis ihrer Gewerschaftsvorstände den Weg nach Berlin fanden, freuen sich heute über das scheinbare Umdenken in den höheren Etagen. Aber dort ging es schon immer darum, die Eigeninitiative der Basis zu kontrollieren und zu ersticken. Auf den nun DGB-dominierten Kundgebungen werden RednerInnen sprechen, die selbst am "Hartz-Papier" mitgeschrieben haben oder zumindest Lobhymnen auf die "notwendigen Reformen" sangen, bevor der 1. 11. kam. Das gleiche Bild bei den letzten Tarifauseinandersetzungen im Metallbereich. Statt Klassenkampf ein fauler Kompromiss zu lasten der ArbeiterInnen.

Wir denken, dass eine Gewerkschaft anders sein sollte. Gewerkschaftliche
Organisierung sollte Eigeninitiative möglich machen und sie nicht ersticken.
Eine Gewerkschaft sollte den Rahmen für soziale Kämpfe bieten. Sie sollte die
herrschenden Macht- und Eigentumsverhältnisse in Frage stellen, anstatt sie zu
zementieren.

Nur eine solche Gewerkschaft wird in der Lage sein, dem Klassenkampf von
oben die entprechende Antwort zu liefern. Die FAU ist ein Versuch, so etwas aufzubauen.

FAU Berlin

PS: Die FAU Frankfurt mobilisiert regional zu einer Demo am 2. April [18.00 h, Hauptwache] nach Frankfurt, um am 3. April den Rücken frei zu haben, den geplanten Naziaufmarsch in Frankfurt zu verhindern.