Werftarbeiter in Spanien auf dem Kriegspfad

Die Werftarbeiter im spanischen Staat haben das Kriegsbeil ausgegraben.

Sie befinden sich erneut im Streik und immer wieder kommt es zu Straßenschlachten mit der Polizei und der Guardia Civil, wobei mehr als 50 Menschen verletzt wurden.

Es geht ihnen um einen neuen Tarifvertrag und sie befürchten erneut Werftenschließungen.

Mit neuen Kampfmaßnahmen machen die Werftarbeiter der Izar-Gruppe Druck. Erneut blockieren sie, vor allem an den vier Standorten des Betriebs in Andalusien, mit Barrikaden den Verkehr und liefern sich zum Teil heftige Straßenschlachten mit der Polizei und der Guardia Civil. Mit ihren sich verschärfenden Protesten antworten die Werftarbeiter, unterstützt von Kollegen aus Zuliefererbetrieben, auf die Blockade der Firmenleitung einen Tarifvertrag abzuschließen. Seit mehr als einem Jahr gibt es keinen Abschluss, was Reallohneinbußen bedeutet. Auch die Gewerkschaften und die Betriebsräte machen die Firmenleitung und die Staatliche Gesellschaft zur Beteiligung in der Industrie (Sepi) für die Lage verantwortlich.


Izar gehört der Sepi und war aus der Fusion von zwei Staatsunternehmen hervorgegangen. Eigentlich soll die Sepi die Privatisierung der Unternehmen voran treiben und die spanischen Werften erhalten. Statt dessen führe sie seit Monaten nur Scheinverhandlungen und mache sich über die Belegschaft lustig, erklärte der Betriebsratsvorsitzende Ramón Linares im Betrieb von Puerto Real bei Cadiz. Es gehe darum, einen neuen Restrukturierungsplan und damit neue Werftenschließungen durchdrücken, vermutet er.


Schon vor Weihnachten hatten die Arbeiter gestreikt und weitere "durchschlagende Proteste" angekündigt, falls sich die Lage nicht ändert. Bei Blockadeaktionen wurden schon dabei die Arbeiter von den Sicherheitskräften mit Gummigeschossen, Tränengas und Knüppeln angegriffen, ein Arbeiter verlor beinahe ein Auge.


In den letzten beiden Woche hatten die Izar-Beschäftigten den Kampf erneut aufgenommen und jeweils an zwei Tagen für jeweils zwei Stunden gestreikt und demonstriert. Wieder wurden Brücken und Straßen bei Cadiz und Sevilla mit Barrikaden blockiert. Dem Angriff der Polizei mit Gummigeschossen und Tränengas antworteten Hunderte Arbeiter mit Schraubenwürfen. Insgesamt wurden allein bei den heftigen Auseinandersetzungen über 50 Menschen verletzt.


In der vergangenen Woche wurde der Streik auf jeweils zwei Stunden von Dienstag bis Donnerstag ausgeweitet, die Auseinandersetzungen dauern an, die Polizei setzt nun auch Schützenpanzer ein, um die Barrikaden zu überwinden. Die Arbeiter verschanzen sich teilweise zu ihrem Schutz in den Werften. Zudem würden die Arbeiter ausspioniert, klagte Linares. Die Polizei habe Mikrophone und Kameras in der Nähe des Orts angebracht, wo die Betriebsversammlungen stattfänden. Sollten die Verhandlungen keinen Durchbruch bringen, werde in dieser Woche an mehreren Tagen während vier Stunden gestreikt. Als vorläufiger Höhepunkt sollen am 5. März alle Werften den ganzen Tag über in den Ausstand treten.


Angeheizt werden die Proteste durch die Ankündigung der Sepi weitere 400 Arbeiter entlassen zu wollen. Wegen dem Fehlen von Aufträgen seien im letzten Jahr schon 4000 Stellen bei Zuliefererbetrieben gestrichen worden, klagen die Gewerkschaften. Die Sepi verstoße gegen den vor zwei Jahren ausgehandelten Industrieplan, der die Beschäftigung der Werften sichern sollte. Die Belegschaft habe Bedingungen des Plans, wie termingerechte Fertigung und Verbesserung der Qualität erfüllt. Die Sepi wirft den Gewerkschaften ihrerseits die "Politisierung der Proteste" vor den Parlamentswahlen im März vor. Ihr Präsident Ignacio Ruiz-Jarabo erklärte, sie "wollen mit Gewalt ihre Position durchsetzen”. Er ruft die Arbeiter auf, ihre Positionen flexibler zu gestalten, um die Arbeit in den Werften zu sichern.


Für die Gewerkschaften ist klar, dass nach den Wahlen ein neuer Restrukturierungsplan und Werftenschließungen blühen. Viermal gab es das schon in den vergangenen zwei Jahrzehnten, 13.000 Arbeitsplätze in den Werften und mehr als drei Mal so viele bei Zuliefererbetrieben wurden seither vernichtet. Was es für Regionen bedeutet, die wie Cadiz oder im galizischen Gijon von den Werften abhingen, ist in dem Film »Montags in der Sonne«, der derzeit in deutschen Kinos läuft.


Hinter der Situation ständen politische Gründe, sagte der Betriebsratsvorsitzende der Werft in Sevilla Ignacio Sánchez. Denn die Sepi und die Firmenleitung täten nichts für die Auftragsbeschaffung. Dass die Provinzregierung im baskischen Biskaya für die Izar-Werft in Sestao erst im Januar einen Auftrag für den Bau eines Tankers an Land gezogen hat, stützt die Vorwürfe. Es handelt sich um einen Auftrag über 130 Millionen Euro, welcher der baskischen Werft und Zuliefererbetrieben zwei Jahre Arbeit bringt. Sonst hätte es hier, wie an anderen Stellen im spanischen Staat ausgesehen, wo die Auftragsbücher leer sind.


Ralf Streck

Quelle: http://de.indymedia.org/2004/02/74952.shtml