Anarcho-Syndikalismus im Baskenland

Die politische Lage verschlechtert sich in ganz Spanien, besonders im Baskenland, wo die konservative Regierung José María Aznar die baskische Kultur und Autonomie angreift, um die Unabhängigkeitsbewegung zu zerschlagen.

Die Kriminalisierung von Parteien, die Annulierung von kommunalen Listen, das Verbot von Zeitungen und Radiosendern, polizeiliche Repression und Folter gehören zu den Taktiken des spanischen Staates. Aber wie sieht es für die Anarcho-SyndikalistInnen im Baskenland aus, die nicht nach einem unabhängigen Staat streben, sondern nach der Abschaffung des Staates, ob spanisch oder baskisch. Hier folgt ein Interview mit der CNT Bilbao über die Lage aus der Sicht der Anarcho-SyndikalistInnen.

F: Wie groß ist die CNT im Baskenland?

A: Es gibt sechs Gruppen: in Bilbao, Barakaldo, Basauri, Vitoria, San Sebastian und Pamplona, mit zwischen 700 und 800 zahlenden Mitgliedern. Es gibt auch eine beträchtliche Zahl von SympathisantInnen, die keine Mitglieder der CNT sind, deshalb können wir die genaue Zahl nicht schätzen. In den Provinzen sind viele anarchistische Gruppen, die die CNT unterstützen und an unseren Aktionen und Demonstrationen teilnehmen.

F: Arbeitet Ihr zusammen mit anderen linken Gruppen?

A: Es ist nicht einfach für eine anarchistische Gruppe wie die CNT politische Arbeit im Baskenland zu leisten, wo es so viele nationalistische bürgerliche Parteien (z.B. PNV- Partido Nacionalista Vasco) und radikale linksnationalistische Parteien (z.B: Batasuna) gibt. Wir haben sehr wenig mit ihnen zu tun außer bei ganz bestimmten Themen, wie, zum Beispiel, das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht von Gefangenen ihre Freiheitsstrafe in Knästen im Baskenland in der Nähe ihrer Familien abzusitzen und nicht im Süden Spaniens, wo sie (absichtlich) isoliert sind. Die Schließung von Zeitungen und Radiosendern ist für uns ein erheblicher Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung.

F: Wo steht die CNT im Baskenland bezüglich baskischer Autonomie und Unabhängigkeit?

A: Die CNT sind per Definition für eine freie Föderation aller Menschengruppen, deshalb sind wir für Unabhängigkeit und Autonomie. Das Problem im Baskenland ist, dass Unabhängigkeit hier meistens in Zusammenhang mit einem neuen baskischen Staat gesehen wird. Wir sind genauso gegen einen baskischen Staat wie gegen den spanischen Staat.

F: Leidet die CNT im Baskenland unter denselben Repressionen wie die linke Unabhängigkeitsbewegung?

A: Bisher haben wir keine ernsthaften Probleme. Oft, wenn wir vor Geschäften stehen, um die Rechte der ArbeiterInnen zu verteidigen, kommt die Polizei an und stellt die Personalien der Anwesenden fest, aber nichts mehr als das. Manchmal werden wir wegen Plakatieren mit einer Geldstrafe belegt, aber normalerweise zahlen wir nicht. In der Mehrheit der Streitigkeiten zwischen ArbeiterInnen und ArbeitgeberInnen, in die wir uns einmischen, endet es zugunsten der ArbeiterInnen.

F: Was meint Ihr zum Verbot der linksradikalen Unabhängigkeitspartei Batasuna?

A: Die CNT ist gegen das Verbot von Batasuna und wir haben auch dagegen protestiert. Die CNT im Baskenland hat eine Verlautbarung veröffentlicht, in der wir unsere Meinung gegen das Verbot von Batasuna äußern. Wir betrachten es als einen Versuch, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken, obwohl wir nicht mit der nationalistischen Politik der Partei einverstanden sind. Als Folge der Kriminalisierung von Batasuna wurden fast allen KandidatInnen der linken Unabhängigkeitsbewegung das Recht, in den Kommunalwahlen zu kandidieren, verweigert. Dieses Vorgehen wurde damit begründet, dass 98% der KandidatInnen für eine Fortsetzung von Batasuna waren.

F: Was könnt Ihr uns erzählen über das Verbot der baskischsprachigen Zeitung Egunkaria?

A: Egunkaria war eine Zeitung, die in der baskischen Sprache veröffentlicht wurde und die vor Kurzem von den spanischen Behörden geschlossen wurde. Eine neue Zeitung namens Berria wird jetzt der spanischen Regierung zum Trotz als Ersatz veröffentlicht. Die CNT hat Solidarität mit den entlassenen MitarbeiterInnen von Egunkaria gezeigt und das Vorgehen der Regierung öffentlich kritisiert. Wir haben auch die Kampagne finanziell, obgleich bescheiden, unterstützt. Diese Zeitungen sind keine linksradikalen Publikationen, sondern sprechen ein breiteres baskischsprachiges Publikum an. Die Tatsache, dass diese Zeitungen in baskisch geschrieben sind ist ein Problem für die rechte Regierung José María Aznars.

F: Wie steht die CNT im Baskenland der ETA gegenüber?

A: Die CNT glaubt nicht an politische Vorreiter oder Retter, die durch ihre Aktionen nicht erreichen, der Arbeiterbewegung zu helfen.

F: Wie sieht es für die besetzen Häuser im Baskenland aus?

A: Die Hausbesetzerbewegung wird immer mehr polizeilicher Repression ausgesetzt. Diese alternative Bewegung bereitet der Regierung Sorgen, weil sie das existiernde System in Frage stellt. Hier wie in dem Rest von Spanien werden immer mehr besetzte Häuser angegriffen oder geräumt, HausbesetzerInnen werden inhaftiert und beschuldigt, TerroristInnen zu sein. Der Staat versucht mit Absicht eine Verbindung zwischen ETA/Batasuna zu schaffen, damit er die Repression rechtfertigen kann.

F: Sind viele Frauen Mitglieder der CNT Baskenland?

A: Der Prozentsatz von Frauen in der CNT im Baskenland liegt um die 20% und in der anarchistischen Bewegung allgemein beträchtlich höher. Die niedrige Anzahl kann verschiedenen Gründen zugeschrieben werden. Der erste ist, dass es weniger politisch aktive Frauen als Männer gibt. Ein anderer Grund ist, dass es viele feministische Gruppen im Baskenland gibt, und dass die Frauen sich wahrscheinlich dort am wohlsten fühlen. Es könnte auch sein, dass viele Frauen nicht an die Vorgehensweise der CNT gewöhnt sind.

F: Gibt es andere Bereiche außer dem Kampf am Arbeitsplatz, mit denen Ihr etwas zu tun habt?

A: Außer unserer Arbeit, um die ArbeiterInnen zu verteidigen, haben wir einen Ausschuß, der sich mit politischen Gefangenen beschäftigt. Dieser Ausschuß unterstützt Mitglieder der CNT und andere libertäre Gefangene.

F: Glaubt Ihr, dass die anarchosyndikalistische Bewegung im Baskenland gerade wächst?

A: Im Baskenland ist es schwierig für eine anarchosyndikalistische Organisation schnell zu wachsen. Es gibt viele Gewerkschaften wie z.B. ELA , LAB , ESK , CC.OO , UGT und die CNT. Hier herrscht auch ein starkes nationalistisches Gefühl und die CNT ist keine nationalistische Organisation. Unsere Mitgliedschaft wächst langsam und wir sind optimistisch, dass sie durch unsere gewerkschaftliche und kulturelle Arbeit weiter wächst.

F: Wollt Ihr noch etwas zum Schluß sagen?

A: Es wird nie Frieden auf der Welt ohne soziale Gerechtigkeit geben. Alles was sie uns erzählen, sei es die PolitikerInnen, Ökonome, Geschäftsleute oder wer auch immer ist alles reine Demagogie.

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