Tariflöhne für Zeitarbeiter geringer als zunächst vorgesehen

Keine Lohnabschläge für Langzeitarbeitslose - aber:

Das Entgeltniveau sei geringer als noch im Februar in einem Eckpunktepapier
vereinbart. Ostdeutschland: Abschläge von 13,5 Prozent

von Holger Hansen

Berlin (Reuters) - In dem ersten bundesweiten Tarifvertrag für die Zeitarbeitsbranche
haben DGB-Gewerkschaften und Arbeitgeber nach Angaben aus Gewerkschaftskreisen
geringere Entgelte vereinbart als ursprünglich vorgesehen.

Im Gegenzug sei auf Lohnabschläge für Langzeitarbeitslose verzichtet
worden, erfuhr Reuters am Dienstag von Teilnehmern der Verhandlungen,
die am frühen Morgen in Frankfurt am Main abgeschlossen worden waren.
Der Tarifvertrag trete zum 1. Januar 2004 in Kraft und gelte mit
jährlichen Lohnerhöhungen um 2,4 Prozent bis Ende 2007. "Die Entgelte
liegen in der Mitte vergleichbarer Tarifregelungen", hieß es. Für den
untersten Stundenlohn für einfache Helfertätigkeiten sei ein Betrag von
6,85 Euro vereinbart worden. Darüber hinaus gebe es für alle neun
Entgeltgruppen einen "Erfahrungszuschlag", der sich nach der
Verweildauer im Entleihbetrieb richte. Offiziell wollten sich DGB und
der Bundesverband Zeitarbeit am Mittwoch äußern.


Die Tarifverhandlungen waren durch die rot-grüne Umsetzung der
Hartz-Vorschläge zur Reform des Arbeitsmarkts angestoßen worden. Die
Bundesregierung erhofft sich durch eine Ausweitung der Leiharbeit über
so genannte Personal-Service-Agenturen einen Abbau der Arbeitslosigkeit.
Auf Druck der Gewerkschaften war gesetzlich das Prinzip des "equal pay"
festgeschrieben worden. Danach müssen Leiharbeiter ab 2004 grundsätzlich
den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft im Entleihbetrieb erhalten.
Abgewichen werden darf davon nur auf Basis von Tarifverträgen.


Entgegen dem Wunsch von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD)
wurden im Tarifvertrag keine Lohnabschläge für Langzeitarbeitslose
vereinbart. "Die werden genauso behandelt wie alle anderen auch", sagten
Teilnehmer der Verhandlungen. Das Entgeltniveau sei geringer als noch im
Februar in einem Eckpunktepapier vereinbart. "Weitere Abschläge von dem
niedrigeren Niveau wären für uns nicht tragbar gewesen", hieß es bei den
Gewerkschaften. Das im Februar vereinbarte System sei der
Zeitarbeitsbranche zudem zu kompliziert erschienen.

Verhandlungen über Branchenzuschläge erst 2004


Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Zeitarbeitsbranche
verzichteten die Verhandlungspartner auf die Festlegung besonderer
Branchenzuschläge, sagten Teilnehmer. "Verhandlungen darüber werden wir
gegen Ende 2004 aufnehmen", sagte ein Gewerkschafter. "Damit wollen wir
das unterschiedliche Tarifgefälle einfangen, um ums dem
Equal-Pay-Prinzip zu nähern." Auch die jetzige Einigung sei orientiert
am "equal pay", da die Entgelte in der Mitte vergleichbarer
Tarifentgelte lägen.


Vereinbart wurde den Angaben zufolge zudem ein Zuschlag, der sich nach
der Verweildauer des Leiharbeiters im entleihenden Betrieb richtet. Der
Zuschlag betrage nach dem dritten Monat zwei Prozent und steige auf bis
zu 7,5 Prozent des Stundenlohns. "Das ist ein Anreiz für Beschäftigte,
bei der Stange zu bleiben", hieß es. Für Leiharbeit in Ostdeutschland
seien Abschläge vereinbart worden, die 2004 mit einem Minus von 13,5
Prozent einsetzten und sich bis 2006 auf 8,5 Prozent reduzierten. Im
Jahr 2006 sollten Verhandlungen über eine völlige Lohnangleichung Ost
und West beginnen.


In Gewerkschaftskreisen zeigten sich Teilnehmer der Verhandlungen
überzeugt, dass ein im Frühjahr vom dem kleinen Christlichen
Gewerkschaftsbund (CGB) mit bayerischen Zeitarbeitgebern geschlossener
Tarifvertrag kaum Bedeutung gewinnen werde. Der von den
DGB-Gewerkschaften vereinbarte Vertrag sehe höhere Entgelte vor und sei
mit dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) geschlossen worden, der nach
eigenen Angaben rund 1600 Niederlassungen von Zeitarbeitsfirmen mit rund
100.000 Beschäftigten vertritt. "Hier sind alle Großen dabei, auch die
Marktführer wie Randstad, Adecco (Virt-X: ADEZn.VX - Nachrichten) und
Manpower (NYSE: MAN - Nachrichten) ", hieß es.


Keine Einigung wurde über den Manteltarifvertrag erzielt. Die
Verhandlungen darüber würden kommende Woche fortgesetzt und sollten
rasch abgeschlossen werden. Offen seien noch Fragen etwa wie das
Urlaubsgeld und besondere Aufwandsentschädigungen.