Microsoft kann in München nicht 'fensterln'

Als erste deutsche Großstadt stellt München die rund 14.000 städtischen
Computer von Windows auf Linux um.


Mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste, FDP, ÖDP, REP und PDS folgte die Vollversammlung des Stadtrats einem entsprechenden Antrag von Oberbürgermeister Christian Ude. Die Kosten der mehrere Jahre dauernden Umstellung werden einschließlich Personal- und Schulungskosten auf knapp 30 Millionen Euro taxiert.

Der Stadtrat begründete seinen Beschluss unter anderem mit einer größeren Unabhängigkeit von einzelnen Herstellern. Man sei künftig nicht mehr gebunden, wenn ein Hersteller sage, dass man auf eine neue Variante seiner Software umstellen müsse, hieß es. Die Entscheidung der Stadt war nötig geworden, weil Microsoft die technische Unterstützung für das bisherige Münchener System Windows NT auslaufen lässt. Microsoft warb stattdessen heftig für seine Produkte Windows XP und Microsoft Office.

Oberbürgermeister Ude zu dem Beschluss: "Mit diesem richtungsweisenden Grundsatzbeschluss sichert sich München nicht nur als erste deutsche Großstadt eine größere Herstellerunabhängigkeit ihrer IT-Infrastruktur, sondern setzt auch ein klares Zeichen für mehr Wettbewerb im Software-Markt. Die Vorgeschichte dieser Entscheidung hat ja bereits gezeigt, dass eine Konkurrenzsituation bei der Preisbildung offensichtlich gut tut." Zum Verfahren stellte Ude klar, dass damit keine Vergabeentscheidung getroffen worden sei, sondern eine strategische Weichenstellung, der eine rechtlich unverbindliche Marktsondierung vorausgegangen war.

Nach dem Stadtratsbeschluss soll die Verwaltung bis zum kommenden Frühjahr ein Feinkonzept für die Umstellung auf Linux sowie die Nutzung eines Office-Pakets aus dem Open-Source-Bereich erarbeiten. Erst danach werde es zur Auftragsvergabe kommen, hieß es. Das Konkurrenzangebot zu Microsoft stammt von den Unternehmen IBM und SuSE Linux AG.

Trotz weit reichender Rabattangebote des Computerriesen Microsoft hatten sich
die Fraktionen des rot-grünen Rathausbündnisses bereits am Montag für die Umstellung
ausgesprochen und damit entscheidende Weichen gestellt. Die Verwaltung der Millionenstadt
schlage damit eine Bresche in die monopolartige Stellung des Marktführers Microsoft,
hatte Vizechef Boris Schwartz von der Grünen-Stadtratsfraktion erklärt.

In Kreisen der Computerbranche wird darauf hingewiesen, dass derzeit viele
Kommunen vor der Entscheidung stehen, welche Software als Ersatz für ältere
Windows-Systeme in Frage kommt. Offenbar in Sorge um das Milliardengeschäft
mit der Software für die öffentliche Verwaltung hatte Microsoft-Chef Steve Ballmer
im Frühjahr eigens seinen Ski-Urlaub in der Schweiz unterbrochen und war nach
München zu einem Gespräch mit Oberbürgermeister Christian Ude gereist.

(www.heise.de)