Arbeitskampf bei 'Pizza Hut' in Athen

Die Angestellten beim "Pizza-Riesen" streikten im Januar über mehrere Tage. Der Streik wurde für illegal erklärt

Großer Hunger, keine Zeit, von der Arbeit ausgelaugt. Der Griff zum Hörer; der Pizzadienst soll uns erlösen (wenn wir es uns denn leisten können) und unseren Kohldampf schnell und kalorienreich stillen. Die freundliche Stimme am anderen Ende bedankt sich und versichert uns, daß der "belegte Teig" ofenfrisch in spätestens einer halben Stunde bei uns sein wird. Wir lehnen uns erwartungsvoll zurück...

Die Zeit, die wir dann endlich zuhause genießen dürfen, läutet für die Malocher in der Pizzeria einen Wettlauf mit der Zeit ein. Küchenpersonal, TelefonistInnen, AuslieferInnen arbeiten unter enormen Zeitdruck und miesen Arbeitsverhältnisse für einen Hungerlohn, um uns unseren "Luxus" zu ermöglichen. Das ist die beklagenswerte Realität der "Pizzawelt".

Ich arbeite, um zu essen - ich esse, um zu arbeiten, oder verarschen Sie mich,
indem ich arbeite und Sie essen?

(Text von "Sinbad")

Die Schnauze gestrichen voll von diesem Zustand haben viele der betroffenen
Angestellten in der Fast Food Industrie, aber wie so oft fällt der Schritt zur
Reaktion bzw. Organisation schwer. Hohe Arbeitslosigkeit, Misstrauen gegenüber
den Gewerkschaften und der alltägliche Wahnsinn dämpfen den Widerstandsdrang.
Den bleiernen Schritt gewagt haben die Angestellten der "Pizza Hut" Filialen
in Athen. Bereits im Sommer hatte man sich zusammengefunden und die Gewerkschaftsgruppe
"Sinbad" gegründet. "Sinbad" ist die Antwort auf unser gemeinsames Bedürfnis,
das Leben in unsere Hände zu nehmen, ohne zu warten, ohne zu betteln und ohne
vor jemandem Angst zu haben....

Eines der grundlegenden Ziele unseres Syndikats (vielleicht auch die grundlegende
Differenz gegenüber allen anderen in Griechenland) ist, daß wir hoffen, daß
es fern bleibt von den Parteien und den übrigen professionellen Arbeitervertretern.
Es ist also ein unabhängiges Syndikat, daß sich nur von den Bedürfnissen
und Wünschen der Arbeiter leiten lässt, daß zunächst nach menschenwürdigeren
Verhältnissen am Arbeitsplatz sucht." (Auszug aus einem "Sinbad" Text).

Die Manager und Geschäftsführer konnten sich bis dahin sicher fühlen, ungestört
ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen; dem Schikanieren und Ausbeuten ihrer
Mitarbeiter. In einer Gesellschaft mit einer offiziellen Arbeitslosigkeit von
über 11%, in der ein solcher Teilzeitjob als Segen gilt und oft die Haupteinnahmequelle
darstellt und die reformistischen Gewerkschaften dem "Flexibilisierungs- und
Produktivitätsgeist" verfallen sind, ist das nicht schwer zu verstehen. Tödliche
und schwere Arbeitsunfälle (4 Tote und über 300 verletzte Mitarbeiter in den
letzten 5 Jahren, ein Nettostundenlohn von 2,93 €, unbezahlte Überstunden,
enormer Arbeitsdruck und ständige Kontrolle, das ist die Welt von "Pizza Hut".

Gleich nach seiner Gründung segelte "Sinbad" ins offene Meer der Forderungen
ohne Rücksicht auf den bevorstehenden Sturm. Die untragbare Tatsache, daß die
ZustellerInnen ohne Helm und Schutzkleidung auf alte unzureichende Roller, die
seit Jahren keine Werkstatt mehr von innen gesehen hatten, durch die überlasteten
Straßen Athens fahren mussten, wurde als erste angeprangert.

Die Chefs zeigten sich gnädig, fühlten sich aber gleichzeitig von der "Angriffslust"
ihrer Angestellten bedrängt. Ihre "Rache" ließ nicht lange auf sich warten.
Vier Personen, zwei Mitglieder und zwei Symphatisanten von Sinbad, wurden kurzerhand
ohne jegliche Rechtfertigung gekündigt. Auf der folgenden Vollversammlung von
"Sinbad" entschied man sich, die Arbeit zunächst für einige Stunden niederzulegen.

Von da an übertrafen sich die Ereignisse. Ein Streik wurde ausgerufen, Demos
organisiert.

Die linksradikale und anarchistische Szene Athens und Thessalonikis erklärten
sich solidarisch. Demos, Flyer, Poster und eine Blockadeaktion der Telefonzentrale
und Internetseite von Pizza Hut zeugen von der gelebten Solidarität. Es folgten
weitere Vollversammlungen, die wiederholt einen Streik entschieden, und die
Kollegen in allen Filialen dazu aufriefen, sich an dem Streik zu beteiligen.
Der Streik führte zur vollständigen bzw.vorübergehenden Schließung dreier Filialen.
Es kam aber trotz der wiederholten Aufrufe zu keiner Ausbreitung des Streiks.
Entlassungsangst und Druck von oben schüchterten die Leute ein und ein satter
Prämienlohn der Geschäftsführung tat das Übrige.

Der Streik endete am 24.Januar, ohne die gewünschte Verbesserungen oder die
Wiedereinstellung der Vier zu erzielen.

Damit aber nicht genug der schlechten Nachrichten.

Die Chefs suchten und fanden, bei ihrem Vorhaben "Sinbad" und den Arbeitskampf
zu untergraben, Hilfe bei ihren "Verbündeten" in den Gerichtssälen.

Der Streik wurde, wie mir ein Genosse aus Griechenland berichtete, vor Gericht
als illegal erklärt, da nicht alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden.
Dem Wunschziel der Arbeitgeberseite, den Streik als "wilden" Streik zu erklären,
kam die Justiz dann letztlich doch nicht nach (die "übergangenen" Paragraphen
waren wohl doch zu unwesentlich).

Erwähnt sei noch der Angriff der Rechtsanwälte von Pizza Hut auf Indymedia
und die verdeckten Anspielungen, daß es sich bei "Sindbad" um eine terroristische
Vereinigung aus der anarchistischen Szene handele. "Die Angeklagten haben die
ganze Umgebung mit Postern vollgeklebt. Woher haben sie das Geld für die teuere
Herstellung?...aus einem (Poster-)Auszug "Wir haben einfach das Wort ergriffen,
und fordern was ihre Gesetze vorschreiben. Das Gesetz scheint den Angeklagten
fremd zu sein. Die Erklärung, daß die Gesetze nicht alle betreffen, nur
die anderen, aber nicht die Angeklagten, in Kombination mit der schwarzen Farbe
der Poster, sagt viel aus...".

(Kiriakatiki Eleferotipia 02/02/03).

Des weiteren fragen sie sich, wem wohl Indymedia gehört, auf dessen Seiten
der Streik eines der Haupthemen war zusammen mit einer Reihe von Artikeln, die
offen ihre Symphathie gegenüber den Gefangen des 17N (Revolutionäre Organisation
17. November) verkünden.

"Sinbad" wird weiter um die Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen
sowie für die Wiedereinstellung der Kollegen kämpfen. Ein erster schwieriger
Schritt ist getan, um die Sklavenarbeit in der Fast Food Industrie in Griechenland
aufzudecken.

Wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir kommunizieren, wir lassen uns nicht
vorschreiben, wie wir um unsere Rechte kämpfen.

Solidarität den Arbeitern bei Pizza Hut.

Laßt den Laden unsere Solidarität spüren!

Für "freundliche" Mails (www.pizzahut.gr) und einen netten Besuch wäre man uns
bestimmt dankbar, Kundenbetreuung geht über alles, oder nicht?

D.M