Kampagne der IP: „Es lohnt sich nicht ein Streikbrecher zu sein!“

Warnstreiks in der Systemgastronomie - Starbucks sucht in Polen Personal

Unter diesem Slogan hat die „ArbeiterInnen-Initiative“ (IP), eine anarchosyndikalistische Gewerkschaft aus Polen, zur Solidarität mit den Streikenden der Gastro-Branche in Deutschland aufgerufen. Angesichts der jüngsten Warnstreiks in der deutschen Gastronomie versuchen die Starbucks-Chefs, die ArbeiterInnen polnischer Cafés zu rekrutieren. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kämpft seit Oktober 2016 um eine Lohnerhöhung.

Updates: NGG verurteilt Aufruf zum Streikbruch | Bundesverband der Systemgastronomie macht Angebot: In der untersten Tarifgruppe 3ct/Stunde über dem Mindestlohn! | Proteste gegen Starbucks in Poznan und Warschau | Starbucks-Betreiberfirma AmRest macht Rückzieher: "Wir werden keine Schritte zur Umsetzung [des Zeitarbeitsangebots] unternehmen" (Artikel auf polnisch)

Mehr als Mindestlohn
Seit Oktober letzten Jahres führt die NGG Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband der Systemgastronomie. Die Verhandlungen sind Ende Januar 2017 das dritte Mal gescheitert und haben die erste Welle von Warnstreiks ausgelöst. Die NGG fordert u.a. für die Beschäftigten von McDonald's, Burger King, Pizza Hut und Starbucks 6% Lohnerhöhung und hat für die kommenden Wochen viele weitere Warnstreiks und Aktionen geplant. Derweil suchen die Starbucks-Chefs Ersatz-Arbeitskräfte aus Polen.

„Flexible Unterstützung“ gesucht
In einem Brief an die ArbeiterInnen schreibt die Starbucks-Geschäftsleitung, sie respektiere das Demonstrationsrecht, dass aber angesichts der laufenden Proteste in Deutschland „eine Unterstützung in Deutschland gebraucht wird, um der Kundschaft eine Weltklasse Bedienung in jedem Moment und in jedem Café zu gewährleisten“. Gesucht wird für alle Positionen von Barista bis Store Manager (SM) – vor allem diejenigen, die „mit ihren Grund-Deutschkenntnissen, dem gültigen EU-Pass und Flexibilität“ andere „Cafés unterstützen möchten“. Man kann nicht sagen, wann „die Unterstützung“ gebraucht wird und wie lange diese Dienstreise voraussichtlich dauern wird (1 bis 4 Tage). Daher muss man flexibel sein und vielleicht schon am nächsten Tag bereit sein, nach Deutschland, Richtung Berlin und Ruhrgebiet (Essen, Duisburg, Oberhausen) zu fahren. Dafür sollen die flexiblen UnterstützerInnen aus Polen 8,84 € pro Stunde und Tagegeld für die Dienstreise bekommen. Die Reisekosten und Unterbringung soll von den „deutschen Partnern“ bezahlt und organisiert werden.

In der Gastro-Branche nichts Neues
„Für die ArbeiterInnen aus Polen könnte das Starbucks-Angebot – im Vergleich zu den Vergütungen in der Gastro-Branche in Polen – attraktiv klingen, wird sich aber negativ auf die Arbeitsbedingungen der ArbeiterInnen der ganzen Starbucks-Kette auswirken“ - appelliert die ArbeiterInnen-Initiative (IP), die seit 2016 ArbeiterInnen aus der Gastro-Branche in Polen organisiert. Um dies deutlicher zu machen, stellt die IP folgenden Vergleich auf: Während man für 1 Stunde Arbeit bei Starbucks in Polen 0,9 Café Latte erhält, sind es in Deutschland schon 3 Café Latte.



Aber niedrige Löhne sind nicht das einzige Problem dieser Branche in Polen. Zu den anderen Hauptproblemen zählen prekäre Beschäftigung, lange Arbeitszeiten, fehlende Zuschläge für Überstunden und kein bezahlter Urlaub. Es ist keine Überraschung, dass die deutschen Löhne und Arbeitsbedingungen im Vergleich zu den polnischen deutlich besser scheinen. Aber es geht nicht nur um Löhne, Arbeitszeiten, Gesundheits- und Sozialbedingungen, wie die IP erinnert. Ohne Solidarität unter ArbeiterInnen, auch auf internationaler Ebene, profitieren am Ende nur die Chefs.

Solidarität und gewerkschaftliche Organisierung
Deshalb appelliert die IP an alle Starbucks-ArbeiterInnen, solidarisch mit ihren deutschen KollegInnen zu bleiben und das Angebot von Starbucks nicht anzunehmen. Auf ihrer Webseite hat die IP angekündigt, mit Hilfe von Flugblättern die ArbeiterInnen der Café-Kette über die Proteste in Deutschland zu informieren, zur Solidarität mit ihren streikenden KollegInnen in Deutschland aufzurufen und sich gewerkschaftlich zu organisieren.

Gastro ist prekäre Zone - Organisierung tut not!
Eine bessere gewerkschaftliche Organisierung ist auch in der deutschen Gastronomie besonders wichtig, da gerade in den vielen Kleinbetrieben die arbeitsrechtlichen Mindeststandards oft unterlaufen, z.B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlter Urlaub oder auch ein Teil des rechtmäßigen Lohnes vorenthalten werden. In vielen Arbeitskämpfen in der Gastronomie geht es um unzulässige Kündigungen, ausstehenden Lohn und Urlaubsentgelt sowie unbezahlte Probearbeit. Da lohnt sich die Mitgliedschaft in der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU)! Gemeinsam kann man Lohnnachforderungen und auch Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in gastronomischen Betrieben durchsetzen, wie es die letzten erfolgreichen Arbeitskämpfe der FAU-Syndikate in Berlin, Dresden, Kiel und Hannover gezeigt haben.