FAUD wie Victory

Nachrichten aus der Provinz

Seit November 2014 bietet die FAU Düsseldorf eine kostenlose gewerkschaftliche Erstberatung, seit Sommer 2015 zusammen mit der Grupo de Acción Sindical NRW (Link zu FACEBOOK).

Die meisten spanischsprechenden Arbeiter*innen, die seitdem zu uns gekommen sind, haben den Weg über das Oficina Precaria von Marea Granate NRW genommen.

Die Probleme der Kolleg*innen sind bisher sehr ähnlich (wenn es auch einige wirkliche Ausreißer gegeben hat, die wir von Anfang an an Rechtsanwält*innen weiterleiten mussten). Fast immer geht es um Unregelmäßigkeiten mit dem Lohn, Fragen zum Urlaub, zu Arbeitszeiten und natürlich auch immer wieder um Kündigungen. Zwei Konflikte möchten wir euch etwas näher vorstellen, da sie unserer Meinung nicht nur exemplarisch sind, sondern auch über reine Abwehrkämpfe hinausweisen.

Da haben wir zum einen unsere Kollegin „Maria“*. Sie hat eine Berufsausbildung in Spanien gemacht (Tourismusbranche) und kam mit ihrem Freund nach Düsseldorf. Im März 2015 fing sie einen Job als Putzfrau in einem Hotel in der Düsseldorfer Altstadt (Wallstraße) an. Noch in der vertraglich festgehaltenen Probezeit von sechs Monaten (was dem gesetzlichen Maximum für Probezeiten entspricht!) wurde sie aufgrund eines Arbeitsunfalls von den Bossen kurzerhand entlassen. Als sie zu uns kam, hatte sie natürlich erst einmal eine ganze Reihe von Fragen, zum Beispiel, ob es in Deutschland üblich ist, dass die Arbeiter*innen ihre Arbeitsunfälle bei der Berufsgenossenschaft selbst melden müssen, dass man weniger Lohn bekommt und viele andere Fragen.

Und natürlich die wichtigste Frage: Was tun?

Wir haben ihr dann die grundsätzliche rechtlichen Rahmenbedingungen erklärt und ihr, nachdem sie sich dazu entschlossen hatte, auch geholfen ihr rein juristisches Recht beim Arbeitsgericht einzuklagen. Dieser Teil lief nach anfänglichen Schwierigkeiten sehr gut. Womit niemand von uns gerechnet hatte: Das Gericht konnte die erste Einladung zum Gütetermin nicht zustellen, da die beiden Bosse postalisch nicht über das Hotel zu erreichen sind. Wie in Detektivfilmen der 1950er Jahre gelang es „Maria“ die Privatadressen der beiden herauszubekommen und dem Gericht mitzuteilen. Trotzdem haben es die Bosse nicht für nötig befunden, zum Gütetermin zu erscheinen. Uns war es recht, bekam „Maria“ so doch ein sogenanntes Versäumnisurteil, und zwar direkt in Form eines vollstreckbaren Titels. Das bedeutet, dass sie Ihre Forderungen durch einen Gerichtsvollzieher bei den Bossen beschlagnahmen lassen kann. Am Ende war damit aber die eigentliche Frage „Was tun?“ noch lange nicht zur Gänze beantwortet. Also haben wir uns danach noch einmal getroffen und gemeinsam überlegt, was wir als Arbeiter*innen und Syndikalist*innen noch tun könnten. Das Ergebnis unseres gemeinsamen Nachdenkens war:

EINE DEMO FÜR UNSERE WÜRDE

Bei dieser Demo ging es nicht darum, vor einer juristischen Entscheidung Druck auf die Bosse auszuüben. Juristisch war der Fisch gegessen (auch wenn „Maria“ ihr Geld noch durch das Gericht bei den Bossen pfänden lassen muss) – Nein es ging „Maria“ und uns einzig und alleine darum, zu zeigen, dass wir als Arbeiter*innen uns die Frechheiten der Bosse in Düsseldorf nicht länger widerspruchslos gefallen lassen werden. Und, dass wir uns bei diesem Widerspruch weder auf die Gerichte verlassen werden noch irgendwelche „konkreten Lösungen“ anstreben. „Marias“ Aufruf, sie bei der Behauptung ihrer Würde als Arbeiterin zu unterstützen, kamen gut 20 Menschen nach. Neben Mitgliedern der FAU Düsseldorf kamen vor allem Unterstützer*innen aus den Reihen von Marea Granate NRW, GAS NRW und der FAU Duisburg (die uns von Anfang an tatkräftig unterstützt hat). Am Samstag, den 5. März versammelten wir uns direkt am Hotel. Knapp zwei Stunden riefen wir zusammen Slogans in unseren verschiedenen Muttersprachen:

Spanisch: No hay pan - para tanto CHORIZO
Französisch: Qui sème la misère, récolte la colère
Englisch: an injury to one is an injury to all

An dieser Stelle müssen wir uns auch bei den zahlreichen Menschen bedanken, die uns spontan ihr Interesse und ihre Solidarität bekundet haben. Ganz besonders müssen wir uns bei dem Bäcker bedanken, der es sich nicht nehmen ließ, seine Pause dafür zu nutzen, um uns mit einem neuen Slogan zu versorgen: „Helau! Helau! Hier arbeitet man für lau!“ Leider werden wir ihn sicher noch häufiger gebrauchen können. Direkt im Anschluss gingen wir in ein Café auf der Wallstraße, wo wir von den dort arbeitenden Kolleg*innen und von Gästen angesprochen wurden. Besonderes Erstaunen erregte die Tatsache, dass wir „den ganzen Aufriss“ (was ganz offensichtlich positiv gemeint war) für eine einzige Kollegin veranstalteten. Die Aktion zeigte noch am gleichen Abend eine unerwartete Wirkung: beide Hotelchefs meldeten sich reuig aus dem Urlaub mit der Ansage, alles schnellstens richtigstellen zu wollen (Was sie dann erwartungsgemäß natürlich nicht taten).

Zum anderen unsere Kollegin „Khadija“*. Sie ist ausgebildete Altenpflegerin. Ohne ausreichende Deutschkenntnisse bekommt sie in dem Bereich aber keine Arbeit. Also hat auch sie erst mal angefangen zu putzen. Als sie krank wurde, wurde sie entlassen. Allerdings war ihre Probezeit schon vorbei, eine Kündigung also nicht einfach so möglich. Auch sie entschloss sich, mit unserer Hilfe erst einmal zum Arbeitsgericht zu gehen. Sie hat zum einen gegen ihre Entlassung geklagt und zum anderen ausstehende Löhne eingeklagt. Obwohl der ihr Boss mitlerwiele schon zwei(!) Urteile Kassiert hat, die bescheinigen das die Kündigung nicht Wirksam ist, weigert er sich sie weiter zu beschäftigen. Auch die erfolgreiche Lohnklage konnte ihn nicht bewegen den ausstehenden Lohn zu zahlen. Neben dem juristischen Weg (also Durchsetzung der finanziellen Forderungen durch den Gerichtsvollzieher) und weiteren Klagen am Arbeitsgericht, werden wir „Khadija“ in ihrem Wunsch "mehr zu tun" mit allen Kräften unterstützen.

Und jetzt kommt ihr ins Spiel:

Wir werden in den nächsten Tagen/Wochen zu mindestens einer Kundgebung aufrufen.
Schaut auf:
unsere Homepage: FAU-Düsseldorf
unseren Blog: "V6"
oder folgt uns einfach auf Twitter

um immer auf dem laufenden zu sein und ggf. kurzentschlossen zu unserer Kundgebung zu kommen.

Nicht nur „Khadija“und „Maria“ freuen sich über alle Unterstützer*innen, die kommen.
Denn eines ist klar: This is not the end – only the beginning.

*Namen durch uns geändert