Bald ein Jahr ohne Bezahlung!

Spanische Einwanderer kämpfen um ihr Recht bei Messeshop

Im Mai 2012 wandten sich zwei Kollegen der FAU Berlin an ihre Sektion Bau und Technik. Sie baten um Hilfe, da sie seit mehreren Monaten auf die Bezahlung für geleistete Arbeit warteten.

Was war geschehen?
Die Kollegen arbeiteten im Februar und März 2012 für die in Eimersleben (nahe Magdeburg) ansässige Messebaufirma „Messeshop“. Sie wurden als Selbstständige auf den in Berlin stattfindenden Messen „Fruit-Logistica“ und „ITB“ eingesetzt. Nach der Rechnungsstellung warteten sie vergeblich auf ihre Bezahlung.
Obwohl die Rechtslage eindeutig ist, weigerte sich die Inhaberin der Firma überhaupt mit der nun aktivierten Gewerkschaft zu verhandeln. Auch die eingeschaltete anwaltliche Vertretung bemühte sich bisher vergebens.
Der Fall offenbart sich jedoch nicht allein als Konflikt um die Bezahlung von erbrachter Leistung. Vielmehr geht es um einen beispielhaften Fall, wie prekäre Lebenssituationen von EU-AusländerInnen auf dem deutschen Arbeitsmarkt ausgenutzt werden.

Prekarität 1: Arbeitsmigration
Über 173.000 Menschen aus EU-Mitgliedsstaaten leben derzeit in Berlin. Vor allem die Gruppe der SpanierInnen, GriechInnen und ItalienerInnen wuchs im vergangenen Jahr stärker als andere aus dem EU-Ausland. Es ist einfach, den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Krise in diesen Ländern und der Suche nach bezahlter Arbeit in einem der scheinbar wirtschaftlich stabilsten Länder Europas zu erkennen. Angezogen von der Attraktivität Berlins und der Chance eine Arbeit zu finden, begaben sich die beiden Spanier nach Berlin. Obwohl gut ausgebildet stellte sich die Suche nach einem Beschäftigungsverhältnis als nicht ganz unproblematisch heraus.
Diese Situation machte sich die sachsen-anhaltinische Firma Messeshop zu nutze. Die Geschäftsführerin, selbst Spanierin, spricht gezielt spanische Arbeitssuchende an. Mit dem europäischen Freizügikeitsrecht wurde eine Anstellung in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhälnis vereinfacht, hier wurde allerdings ein anderes Angebot gemacht.

Prekarität 2: keine Sozialversicherung
Die beiden Männer sollten als Subunternehmer für Messeshop tätig werden. Die Kehrseite einer Selbstständigkeit: für Sozialversicherungen muss privat vorgesorgt werden. Ob frisch gebackene Selbstständige sich privat versichern können, hängt vor allem von der Höhe der Bezahlung ihrer Leistungen ab. Diese ist in der Regel bei wirtschaftlich Prekarisierten nicht sonderlich hoch.
Der Auftraggeber spart aber nicht nur den Arbeitgeberanteil der Sozialversicherungsbeiträge, sondern spart sich auch die Rücksicht auf ArbeitnehmerInnenschutzregelungen wie Kündigungsschutz.
2010 wurde die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung 15.200 mal damit beauftragt ein verschleiertes ArbeitnehmerInnenverhältnis aufzudecken. In einem Drittel der Fälle wurde eine abhängige Beschäftigung festgestellt. Dies zeigt, dass die beiden Mitglieder der FAU Berlin nicht alleine da stehen.

Sie stehen vielmehr exemplarisch für eine Prekarisierung auf dem Arbeitsmarkt. Vor allen in Zeiten in denen die kapitalistische Krise deutlicher zu Tage tritt, werden immer mehr Menschen von diesem Strudel erfasst. Die erste Pflicht einer Gewerkschaft ist es, diesen Strudel zu stoppen.
In diesem Sinne wird die FAU Berlin verstärkt zu Aktionen aufrufen und fordert zur Unterstützung der beiden Kollegen auf.

Die FAU Berlin fordert:

  • sofortige Bezahlung ihrer beiden Mitglieder

  • Überführung der Scheinselbstständigen in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse

Unterschriftensammlung

Auf change.org besteht die Möglichkeit unsere beiden Mitglieder zu unterstützen. Im Februar 2013 werden die gesammelten Unterschriften bei einer Aktion der Firma vorgelegt.