Prekärbeschäftigte brauchen in der Corona-Krise Solidarität. Ein Aufruf.

Mitte Juni hat das Studierendenwerk Freiburg (SWFR) ca. hundert geringfügig Beschäftigte der Mensen entlassen. Manche von ihnen wehren sich dagegen, erfahren aber erstaunlich wenig Solidarität.

Nach Ansicht von Arbeitsrechtlern sind sowohl die Entlassungen, als auch die beim SWFR zum Einsatz kommenden „Null-Stunden-Verträge“ selbst rechtswidrig. Die FAU Freiburg hat deshalb für ein Mitglied, das nach mehreren Jahren geringfügiger Beschäftigung vom SWFR entlassen wurde, eine Abfindung erstritten. Als nächstes werden wir gegen die Null-Stunden-Verträge beim SWFR vorgehen. Dies ist für alle Leute möglich die mit solchen Verträgen beim SWFR gearbeitet haben oder arbeiten, und zwar rückwirkend für 3 Jahre. Dazu prüfst du, was du wirklich gearbeitet hast und was in deinem Arbeitsvertrag als max. Stunden festgelegt ist. Die Differenz kann eingeklagt werden. Wir helfen dabei gerne. „Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.“ so das TzBfG § 20.

Ähnlich wie den Entlassenen in Freiburg ergeht es Beschäftigten von Studierendenwerken und unzähligen weiteren Prekärbeschäftigten in ganz Deutschland. Minijobber*innen sind derzeit diejenigen, denen die ökonomischen Kosten der Corona-Krise als erstes und heftigstes aufgebürdet wird. In Deutschland sind das ca. 8 Mio. Menschen. Es geht also keineswegs um das SWFR als Einzelfall, sondern vielmehr ganz grundsätzlich darum, wer die Kosten der Corona-Krise tragen wird. Momentan sind das die Prekärbeschäftigten. Wenn wir uns dagegen nicht wehren, wird sich dieser Trend ausweiten.

Allerdings erfahren Prekärbeschäftigte in der aktuellen Situation kaum Solidarität. Stattdessen begrüßt etwa die „Badische Zeitung“ das Vorgehen des Studierendenwerks als „sozialverträglich“ und hebt hervor, dass der Arbeitgeber bis zur Entlassung die Löhne auch während der Corona-Krise fortgezahlt habe, was jedoch schlicht der Einhaltung des geltenden Rechts entspricht. Schwerer als die Rechtsunkenntnis der Lokalzeitung wiegt aber, dass sich auch die Vertretungen der Freiburger Studierendenschaft, der AStA und der Studierendenrat, nicht zu dem Fall äußern, obwohl sie mehrfach darauf aufmerksam gemacht wurden. Das vom SWFR entlassene FAU-Mitglied, selbst Student, erklärt sich „enttäuscht“ darüber, dass die Repräsentationsorgane „nicht für die Interessen der von ihnen vertretenen Studierenden eintreten“. Das wiegt besonders schwer, weil Studierende, die oft prekär beschäftigt sind, besonders stark von der gegenwärtigen Entlassungswelle betroffen sind. Laut einer Studie haben bereits 35 Prozent der Studierenden ihren Nebenjob verloren. Besonders belastend ist die Situation für Studierende aus Arbeiterhaushalten. Während hier 41 Prozent angaben, Existenzängste zu haben, waren es bei Akademikerkindern nur 19 Prozent.

Auch über diesen Fall hinaus gibt es wenig gesellschaftliches Bewusstsein darüber, dass derzeit ausgehandelt wird, wer für die Corona-Krise bezahlen wird. So fordert etwa der Vorsitzende der sogenannten „Wirtschaftsweisen“, vor allem bei Löhnen zu sparen. „Derartigen Vorstößen gilt es sich entschieden entgegenzustellen“, erklärt Simon Sontheimer von der FAU Freiburg. „Das heißt vor allem auch, Beschäftigte zu unterstützen, die sich dagegen wehren, dass die Krisenkosten auf sie abgewälzt werden.“ Das kann zum Beispiel durch öffentliche Stellungnahmen und Solidaritätsbekundungen passieren; oder durch Unterstützung der Arbeit der FAU, z.B. durch Mitgliedschaft, vor allem aber durch Selbstorganisation und politische Interventionen.

Zum Weiterlesen: Broschüre über Rechte im Minijob.

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