Ausstehende Lohnzahlungen Erntehelfer protestieren erneut gegen Missstände bei Spargel Ritter

Bornheim · Erntehelfer und Gewerkschaftsmitglieder haben am Montag erneut gegen die Arbeitsbedingungen bei Spargel Ritter in Bornheim demonstriert. Der ehemalige Chef Claus Ritter hat mittlerweile Hausverbot.

 Erntehelfer und Gewerkschaftsmitglieder beteiligen sich an einem Protest gegen Arbeitsbedingungen bei Spargel Ritter.

Erntehelfer und Gewerkschaftsmitglieder beteiligen sich an einem Protest gegen Arbeitsbedingungen bei Spargel Ritter.

Foto: dpa/Thomas Banneyer

Der zweite große Protest innerhalb weniger Tage: Gewerkschafter und Erntehelfer haben am Montagmorgen gegen die Arbeitsbedingungen beim unter Insolvenzverwaltung gestellten Landwirtschaftsbetrieb Spargel Ritter demonstriert. Bereits am Freitag hatten etwa 240 der Saisonkräfte aus Rumänien an den Wohncontainern an der Kläranlage ihrem Unmut Luft gemacht.

Diesmal handelte es sich um eine offiziell von der Freien ArbeiterInnen Union (FAU) angemeldete Demo, die unweit der Container mit einer Kundgebung begann. Die Gewerkschaft FAU wurde laut Wikipedia bis 2013 in mehreren Verfassungsschutzberichten aufgeführt, im Bereich Linksextremismus und unter der Bezeichnung „Traditionelle Anarchisten“. Den Transparenten zufolge beteiligten sich an der Demo auch weitere linke Organisationen und Gewerkschaftsvertreter, etwa die Verdi-Jugend.

Nach und nach kamen auch immer mehr Erntehelfer dazu, so dass die Veranstalter von 200 Teilnehmern sprachen. Die Polizei, mit den Besatzungen mehrerer Einsatzfahrzeuge vor Ort, ging bei der Anfangskundgebung dagegen von 80 Teilnehmern aus, beim späteren Demonstrationszug zum Hof an der Brehmstraße sogar nur von 50.

Zustand der Sanitäranlagen habe sich nicht sofort verbessert

Mit ihrem Protest wollten Arbeiter und Gewerkschafter auf ausstehende Lohnzahlungen sowie auf Probleme bei Verpflegung und Unterbringung aufmerksam machen. Im Gespräch mit dem GA berichtete eine Arbeiterin etwa davon, dass sie und ihre Zimmergenossin sich selbst eine Elektro-Heizung hätten kaufen müssen. Ein Video, das dem GA vorliegt, zeigt zudem verdreckte Sanitäranlagen.

Insolvenzverwalter Andreas Schulte-Beckhausen zufolge sind die Anlagen inzwischen gesäubert worden. Dies habe das Bornheimer Ordnungsamt am Samstag auch kontrolliert. Aus dem Rathaus ist allerdings zu erfahren, dass das Ordnungsamt den Zustand der Sanitäranlagen bei der Besichtigung am Samstag erneut bemängelt habe. Daraufhin sei deren erneute Reinigung in regelmäßigen Abständen angeordnet worden.

Erntehelfer bangen um ihren Lohn

Dass die Erntehelfer bisher erst wenige hundert Euro für ihre Arbeit bekommen haben, erklärt Schulte-Beckhausen damit, dass es sich dabei nur um Vorschüsse handele. Diese erhielten sie als „Taschengeld“. Den Großteil des Lohns erhielten sie erst, wenn ihr Arbeitsvertrag ende. Einige Arbeiter sprechen jedoch davon, dass sie bisher gar kein Geld erhalten hätten – auch keinen Vorschuss. Sie haben nun Angst, dass sie ohne Geld vor die Tür gesetzt werden und wissen nicht, wie sie zurück in ihre Heimat kommen sollen. Denn nach Deutschland wurden sie eingeflogen, ein Rückflugticket könnten sie selbst wohl nicht finanzieren.

Insolvenzverwalter Schulte-Beckhausen versichert, dass die Abreise derzeit organisiert werde. Wie viele Erntehelfer sich demnächst auf den Weg Richtung Rumänien machen müssen, könne er nicht sagen. Nach dem Abbruch der Spargelernte habe er den Betroffenen angeboten, zur Ernte der Erdbeeren zu wechseln. Doch dort habe er nun Personal entlassen müssen. Ganz einstellen wolle er die Ernte der Erdbeeren aber nicht, da sie grundsätzlich gut laufe.

Ex-Chef Claus Ritter hat Hausverbot

Kritik an der Verpflegung kann Schulte-Beckhausen nicht nachvollziehen. Das Essen sei „ganz frisch“. Mit der Zubereitung habe er einen Caterer beauftragt. Die Kantine habe er mit dem ehemaligen Chef Claus Ritter selbst besucht, der sich damals begeistert gezeigt habe.

Inzwischen hat Schulte-Beckhausen Ritter jedoch Hausverbot erteilt, nachdem dieser für „Unruhe“ gesorgt habe. Die Familie Ritter wiederum kritisiert Schulte-Beckhausen in einem am Sonntag auf Facebook veröffentlichten Beitrag.

Den Ritters zufolge hat das Hausverbot nichts mit gestifteter Unruhe zu tun. Vielmehr sei man nicht mehr gebraucht worden. Die Erntehelfer habe Schulte-Beckhausen eingestellt, womit dieser auch für die Bezahlung voll zuständig sei. Es handele sich um Menschen, die zum Teil seit mehr als 25 Jahren jährlich zu Spargel Ritter gekommen seien. In all diesen Jahren habe es noch nie Probleme bei Lohnauszahlungen oder Unterkünften gegeben.

Verpflegt worden seien die Arbeiter in der Vergangenheit von der betriebseigenen Küche, welche täglich „frisch und kalorienreich kochte, um die schwer arbeitenden Erntehelfer ausreichend zu sättigen“. Ebenfalls habe für alle Arbeiter uneingeschränkt Wasser mit und ohne Kohlensäure zur Verfügung gestanden. Doch um Geld zu sparen, sei auch dieser Service eingestellt worden. Das Essen des neuen Caterers passe „eher in den Speisesaal eines Altersheimes als in die Kantine für Erntehelfer“.

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