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Hamburg Flug in Region Kurdistan-Irak geplant

Hamburger Linke-Politikerin am Flughafen Düsseldorf festgehalten

Cansu Özdemir, die Vorsitzende der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft Cansu Özdemir, die Vorsitzende der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft
Cansu Özdemir, die Vorsitzende der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft
Quelle: dpa
Die Fraktionschefin der Hamburger Linken hatte in die irakische Stadt Erbil starten wollen. Doch dann wurde ihre Gruppe im Sicherheitsbereich von Bundespolizisten umstellt. Der Vorwurf: Teilnehmer der Reise hätten im Irak als „menschliche Schutzschilde der PKK“ dienen sollen.

Die Vorsitzende der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft, Cansu Özdemir, ist am Samstagmorgen auf dem Flughafen Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) von der Bundespolizei festgehalten worden.

Die kurdischstämmige Politikerin war Teil einer Art Delegation, die um kurz nach acht Uhr in die irakische Stadt Erbil fliegen wollte. Erbil ist Hauptstadt und Regierungssitz der Autonomen Region Kurdistan im Irak.

Wie die Politikerin gegenüber WELT erklärte, sei die Gruppe nach der Sicherheitskontrolle auf dem Weg zum Check-in von Bundespolizisten aufgehalten und umstellt worden. „Als ‚Begründung‘ wurden uns lediglich ‚politische Aktivitäten einzelner Delegationsmitglieder in der Vergangenheit‘ genannt“, sagte Özdemir.

„Wir sind seit mehreren Stunden in einem Raum ohne Fenster eingesperrt“, heißt es zudem in einer Mitteilung der Hamburger Linken. Die Teilnehmer der Delegation würden „derzeit auf der Flughafenwache einzeln verhört“.

„Der Anschlussflug nach Erbil ist mittlerweile ohne unsere Delegation gestartet. Das Gepäck wurde bereits ausgecheckt, was nahelegt, dass geplant war, die Delegationsreise zu verhindern“, sagte Özdemir.

„Wir haben eine Gruppe von etwa 20 Personen einer intensiven grenzpolizeilichen Ausreisekontrolle unterzogen“, sagte Christin Fußwinkel, Sprecherin der Bundespolizei am Flughafen Düsseldorf. Geprüft werden sollte, „ob von Personen aus dieser Gruppe Gefährdungen ausgehen könnten, die die Sicherheitsbelange der Bundesrepublik Deutschland im Ausland nachhaltig schädigen könnten“. Aus einsatztaktischen Gründen wollte die Sprecherin keine weiteren Angaben machen.

Gegen acht Personen sei eine Ausreiseuntersagung ausgesprochen worden. „Das waren konkrete Einzelfallentscheidungen, die auf Paragraf 10 des Passgesetzes zur Abwehr einer konkreten Gefahr beruhen“, sagte Fußwinkel. Cansu Özdemir sei davon nicht betroffen gewesen. Sie sei nur befragt worden. Die Maßnahme sei mittlerweile beendet. Özdemir könne sich wieder frei bewegen, sagte die Sprecherin am Samstagmittag.

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In einer der Ausreiseverfügungen der Bundespolizei, die WELT vorliegt, heißt es: Im Zusammenhang mit „dem derzeitigen bewaffneten Konflikt der PKK mit den türkischen Sicherheitskräften“ hätten PKK-nahe kurdische Vereine eine Aktion „menschliches Schutzschild“ gestartet. „Dazu sollen ab Anfang Juni Personen in Gruppen in die kurdischen Gebiete einreisen, um von dort aus die Krisenregion zu erreichen“, heißt es in der Verfügung der Bundespolizei.

Und weiter: Durch eine Teilnahme an Aktionen der als verbotene Terrororganisation eingestuften PKK oder passive Unterstützung der Aktionen der PKK im Krisengebiet gegen Sicherheitskräfte des Nato-Partners Türkei würden erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland berührt. Eine Teilnahme deutscher oder europäischer Staatsbürger an dem Konflikt würde die Beziehungen zur Türkei weiter negativ belasten.

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Linke-Co-Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus erklärte, nachdem sie eigenen Angaben zufolge mit der Polizei gesprochen hatte, „dass die Ingewahrsamnahme das Ziel habe, vermeintliche ‚menschliche Schutzschilde der PKK‘ zu verhindern, um die deutsch-türkischen Beziehungen nicht zu belasten“.

Özdemir sagte gegenüber WELT, nach Angriffen der türkischen Armee auf Dörfer in der Region Kurdistan-Irak habe sie sich vor Ort über die Situation informieren und dazu unter anderem auch den deutschen Generalkonsul in Erbil treffen wollen.

Freiheitsberaubung im Dienste Erdogans

„Wir sind fassungslos darüber, dass deutsche Sicherheitsbehörden eine politische Delegation mit gewählten Abgeordneten wie Schwerkriminelle behandeln und an der Ausreise hindern – ohne nachvollziehbare Rechtsgrundlage“, sagte Boeddinghaus.

„Wir fordern die sofortige Freilassung aller Beteiligten! Diese Freiheitsberaubung im Dienste Erdogans“ müsse aufgeklärt werden und Konsequenzen haben, forderte sie.

Eine offizielle Mitteilung der Bundespolizei zu den getroffenen Maßnahmen steht noch aus.

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