Keine Entlastung – Beschäftigte brüskiert

Helios Amper Kliniken Dachau: verdi legt Arbeitskampf auf Eis

Es geht um mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und um eine grundlegende Wertschätzung der Kolleginnen und Kollegen. Und obwohl nichts davon bisher erreicht wurde, hat die Gewerkschaft verdi nun den Arbeitskampf vorerst auf Eis gelegt. Nach dem skandalösen Verbot eines unbefristeten Streiks Anfang Dezember, konnte verdi eine finanzielle Offerte nicht ausschlagen. Trotz nie dagewesener Geschlossenheit und Kampfeswillen der Kolleginnen und Kollegen.

Seit September befinden sich die Beschäftigten der Helios Amper Kliniken Dachau und Markt Indersdorf im Arbeitskampf. Die Gründe sind klar: Änderung der existenziellen permanenten personellen Unterbesetzung v.a. in der Pflege, welche zu massiver Überlastung, Krankheitsausfällen und vielen freiwilligen Kündigungen führt. Die Forderungen sind eindeutig: Umgehende Entlastung, klare Regelungen in Unterbesetzungen, wie etwa Ausfallkonzepte, Aufnahmestopps. Lohnerhöhung und Eingruppierung spielen eine klar untergeordnete Rolle. Statt sich weiter für die Profite des Klinikriesen Helios kaputt zu schuften, sind die Beschäftigten bereit für mehr Personal zu kämpfen. Nach zwei Warnstreiks zeigte Helios keinerlei Einlenken bezüglich der Forderungen, sie waren nicht einmal bereit, darüber zu verhandeln oder die Beschäftigten zu ihrer Belastungssituation überhaupt zu befragen. In einer Urabstimmung stimmten 97,6% der verdi Mitglieder für einen unbefristeten Erzwingungsstreik. Einen Tag davor, am 5.12., ließ Helios den Streik vor dem Arbeitsgericht per einstweiliger Verfügung verbieten. Ein Vorgang, der erneut die unerbittliche Linie von Helios verdeutlicht und ihren Ruf in der Öffentlichkeit bestätigt, alle Belange der Beschäftigten rigoros dem reinen Profit unterzuordnen.

Statt aber erneut zum Streik aufzurufen oder dagegen zu protestieren, was dem eindeutigen Willen der Beschäftigten entsprach, nahm die Tarifkommission einen Verhandlungstermin am 7.12. wahr. Hier offenbarte Helios ein gewisses Geschick. Sie erklärten die Absicht, in den Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) wechseln zu wollen, was eine Übernahme des TvöD bedeuten würde. Obwohl dort keinerlei Entlastung oder derartiges geregelt ist, sprang die Tarifkommission darauf an. Sie nahm auch ein von Helios eingefordertes Stillschweigeabkommen über das Angebot bis zum 19.12. an. Ohne zu wissen, worum es überhaupt geht, waren die Beschäftigten zum Nichtstun verdonnert. Die Unabhängige Betriebsgruppe vor Ort rief dazu auf, zur Betriebsvollversammlung am 20.12. zu kommen, wo das Angebot verkündet werden sollte. Die Betriebsgruppe bezeichnete nicht nur das Streikverbot als inakzeptabel, sie forderte auch Transparenz über Angebote und plädierte für eine Fortführung des Arbeitskampfs, solange eine klare und umfassende Entlastung nicht erreicht sei.

Und obwohl auf der Betriebsvollversammlung die Missstände erneut klar genannt wurden, ging man weder von Seiten der verdi, als auch der Geschäftsführung, darauf ein. Der Flächentarif würde für die meisten Berufsgruppen Verbesserungen des Einkommens bedeuten. Genaueres konnte nicht genannt werden, da der TvöD einfach zu komplex sei. Die Pflege als größte Berufsgruppe imBetrieb würde es betreffen. Ohne das schlecht reden zu wollen, aber darum ging es den Beschäftigten zu keinem Zeitpunkt. Was schon einiges über die Arbeitssituation aussagt. Die Geschlossenheit rührte aus dem Willen, endlich die Arbeitsbedingungen zu ändern! Das wurde stets betont, auch gegenüber der Presse. So stand es auch monatelang in jedem Artikel. Es gründete sich auch eine Bürgerinitiative, die dieses Anliegen unterstützt. Die Überlastung hat Ausmaße erreicht, die Resignation in ihr Gegenteil verkehrte. Die Beschäftigten haben erkannt, dass sie jetzt die Gelegenheit haben. Verdi sparte auch nicht an vollmundigen Ankündigungen. Umso mehr macht sich die Enttäuschung und Wut über den jetzigen Stand breit. Zwar sei die Entlastung laut verdi „nicht vom Tisch“, aber ein erneuter Streik scheint nicht allzu wahrscheinlich. Zu viele Fragezeichen bleiben über den Jahreswechsel. Wird Helios in den KAV aufgenommen, wann findet eine Urabstimmung statt, was ist Gegenstand von Übergangsverhandlungen? Wie möchte man jetzt noch eine Entlastung durchsetzen? Und v.a. wann geht es weiter? Hier wurde enorm viel Vertrauen verspielt. Man kann die Beschäftigen nicht zum Kampf blasen und ihn dann, ohne das erwünschte Ergebnis zu erzielen, einfach wieder abblasen. Hier soll auch gar nicht gegen den Flächentarifvertrag an sich argumentiert werden. Verdi hat ein kollektives Interesse in ein individuelles gerückt, wenn alle in ihren Geldbeutel blicken sollen. Wo liegen die Nutzen der beteiligten Akteure? Helios kann behaupten, dass sie einen unbefristeten Streik verhindert und eine Entlastung auf den Sanktnimmerleinstag hinaus geschoben haben. Verdi kann für sich in Anspruch nehmen, dass der größte Klinikkonzern freiwillig den Tarifvertrag des öffentlichen Dienst annehmen möchte. Aber die Tarifkommission hat gegen das klar definierte Interesse der Beschäftigen gehandelt und mit diesem Schachzug den Kolleginnen und Kollegen sogar noch den moralischen Sieg nach einem Streikverbot genommen.
Die FAU München stellt sich nach wie vor klar auf die Seite der Beschäftigen und unterstützt sämtliche Bestrebungen, die eine Änderung der eklatant schlechten Arbeitsbedingungen zum Ziel haben. Noch gibt es hier nichts zu feiern.

München, 27.12.2017

Sektion Gesundheits- und Sozialberufe
Freie Arbeiterinnen & Arbeiter Union FAU
Lokalföderation München