Dumping-Haustarifvertrag im Berliner Kino Babylon Mitte abgeschlossen

Wir dokumentieren an dieser Stelle die Pressemitteilung des Babylon-Betriebsrats:

Am 16. 12. 09 hat Ver.di mit den Geschäftsführern des Kinos Babylon Mitte Timothy Grossman und Tobias Hackel einen Haustarifvertrag abgeschlossen, der in vielen Fällen um gut 30% unter der Vergütungstabelle des entsprechenden Verdi-Bundestarifvertrages liegt, oft fällt der Verzicht aber weit deutlicher aus:

Einem erfahrenen Filmvorführer, der nach 23 Uhr zwei Projektionen betreut, stünden nach Verdi-Bundestarifvertrag ab Juli nächsten Jahres rund 18 Euro zu. Es sei denn er arbeitet im Babylon Mitte. Hier, im einzigen vom Berliner rot-roten Senat mitfinanzierten Kino, ist dieselbe Arbeit laut Verdi-Haustarifvertrag nur die Hälfte, gut 9 Euro, wert.
Monatlich verdient ein Filmvorführer mit mehr als 5 Jahren Berufserfahrung laut regulärem Verdi-Bundestarif ab Januar 1900 Euro. Hinzu kommen üppige Zuschläge. Nicht so im Babylon. Hier hat er sich mit 1490 Euro zu begnügen, die Zuschläge wurden hier gestrichen oder deutlich gekürzt.

Wodurch dieser weitgehende Verzicht zu rechtfertigen ist, konnte Verdi-Verhandlungsführer Andreas Köhn nicht erklären, denn den Tarifvertrag ließ Verdi von der Babylon-Geschäftsführung präsentieren. Auch kein anderer Verdi-Vertreter wollte offenbar an der heutigen Betriebsversammlung Verantwortung übernehmen. Bei der letzten Betriebsversammlung vor drei Monaten hatte Andreas Köhn dagegen noch versichert, es sei ihm nicht möglich überhaupt einen Tarifvertrag unter dem Niveau des Flächentarifs abzuschließen. Schon lange vor Köhns überraschender Intervention hatte die Freie ArbeiterInnen Union (FAU) Berlin mit großen Teilen der Belegschaft einen Tarifvertragsentwurf ausgearbeitet und versucht Verhandlungen herbeizuführen.

„Trotz des unangemessen niedrigen Verdi-Tarifabschlusses gibt es für manche Beschäftigte, die bisher nur 5,50 Euro verdienten, deutliche Lohnsteigerungen. Zu verdanken ist das dem langwierigen Arbeitskampf der FAU Berlin im Babylon, der Verdi und Geschäftsführung letztendlich zu einem Tarifabschluss zwang.“ so der Betriebsratsvorsitzende.

Finanziell gehe es dem Babylon gut, ließ die Geschäftsführung verlauten. Jahr für Jahr steigen demnach die Besucherzahlen und Vermietungen, hinzu komme der einträgliche Getränkeverkauf. Dennoch wird der Tarifvertrag fest an eine Erhöhung des Senats-Zuschusses um 30.000 Euro auf 350.000 Euro pro Jahr gekoppelt. Sinkt der Zuschuss des Senats, verliert der Tarifvertrag jede Gültigkeit.
In langwieriger Kleinarbeit wird der Betriebsrat nun versuchen, mit Betriebsvereinbarungen das Beste für die Belegschaft herauszuholen, wo dies der Dumping-Tarifvertrag Verdis noch erlaubt.

Betriebsrat Babylon

Weitere Informationen:

Siehe auch:
o Chronologie des Konflikts im Blog zum Arbeitskampf
o De-facto-Gewerkschaftsverbot auf Antrag der Babylon-Geschäftsführung

Pressekontakt der FAU Berlin: Lars Röhm | faub5@fau.org | 01577 8491072